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Alles eine Preisfrage

von Carsten Peter

Börsengänge müssen nicht zwangsläufig die Größe des Spin-offs der Siemens-Tochter Healthineers haben. Was aber auch Mittelständler beim Gang aufs Parkett berücksichtigen sollten, um eine Erfolgsgeschichte zu schreiben.

Wenn Siemens Healthineers an die Börse geht, werden einige Superlative aufgerufen. So sollen der Medizintechnik-Tochter des Münchener Konzerns rund vier Milliarden zufließen. Die Dimension dieses IPOs vermittelt allerdings einen falschen Eindruck: Börsengänge sind nicht nur etwas für große Konzerne, aufs Börsenparkett können sich auch mittelständische Unternehmen wagen – wenn sie entscheidende Faktoren berücksichtigen.

Entscheidend: die Equity Story

Die Grundlage für die Ambitionen eines KMUs, neue Investoren zu gewinnen, sollte wie auch bei den „Großen“ das geschäftliche Fundament sein. So ist es wichtig, dass ein überzeugender Investment Case vorliegt, ebenso sollte eine starke Marktposition einhergehen mit einem stimmigen Geschäftskonzept. Realistisch eingeschätzte Wachstumspotenziale bei Umsatz und Gewinn sind dabei genauso bedeutend wie der Fokus auf die Ertragsstärke.

Wesentliche Bestandteile und von großer Bedeutung für die Investoren ist das Emissionskonzept, welches von der Bank gemeinsam mit dem Emittenten erarbeitet wird. Hier wird die Struktur und Art des Angebots, Volumen, Zeitpunkt, Segment und auch das Verhältnis zwischen Mittelzufluss und Umplatzierung für den Investment Case individuell gestaltet. Ebenso wie eine sinnvolle Kommunikationsstrategie, denn auch in einem schwierigen Marktumfeld sind die Ansprüche hier besonders hoch: Die Kommunikation sollte das Unternehmen zwar verstärkt in das Licht der Öffentlichkeit rücken, aber dies vorzugsweise im Hinblick auf sein operatives Geschäft –die eigentlichen Börsenpläne sollten möglichst lang geheim gehalten werden. So verhindert das Unternehmen, dass im Falle eines Abbruchs des Börsenganges vor Prospektveröffentlichung sein Image unnötig leidet.

Ein weiterer Faktor für den Erfolg ist die Bewertung, das sogenannte Pricing. Um ein marktgerechtes Niveau für den Emissionskurs zu finden, müssen zwei Aspekte gegeneinander abgewogen werden: Der einen der beteiligten Parteien, dem Emittenten, liegt in der Regel viel an der kurzfristigen Optimierung und damit der Maximierung des Ausgabepreises. Die andere Partei, der Investor, legt bei der Beurteilung der Aussichten seines Engagements gerade in einem Käufermarkt Wert auf einen deutlichen Zeichnungsanreiz. Für die begleitenden Banken ergibt sich aus dieser Gemengelage eine vermittelnde Funktion zwischen beiden Parteien.

Der Bank empfiehlt sich daher frühzeitig mit dem Emittenten einen Konsens herzustellen: Welche Unternehmensbewertung reflektiert die Realitäten des Marktumfeldes am besten? Sinnvoll – und in einem schwierigen Marktumfeld nahezu unerlässlich – ist das so genannte Pilot-Fishing, das im Optimalfall mehrere Wochen vor der geplanten Platzierung stattfindet. Gegenstand dieser frühzeitigen Ansprache einer kleinen Anzahl potenzieller Investoren ist die Vorstellung des Investment Case des Börsenaspiranten sowie eine erste indikative Bewertung. Diese Investoren sind in der Regel Fondsmanager, deren fundiertes Feedback einen guten Indikator für die Zeichnungsbereitschaft anderer Investoren darstellt. Die Resultate aus dieser Ansprache spiegeln der Bank und dem Emittenten eine belastbare Marktmeinung wider – auf dieser Basis nehmen beide bei Bedarf noch Änderungen bei Emissionskonzept und/oder -zeitpunkt vor.

Sinnvolle Alternativen

Im Anschluss daran folgt das eigentliche Bookbuilding-Verfahren, in dessen Verlauf institutionelle wie private Investoren innerhalb einer festgelegten Frist ihre Kaufaufträge abgeben. Zu den Aufgaben einer Bank gehört es allerdings nicht nur, solche Abläufe zu organisieren und zu begleiten. Sie muss den Emittenten auch auf potenzielle Unwägbarkeiten hinweisen. So gibt es bekanntlich gerade in einem schwierigen Marktumfeld keine Garantie für den Erfolg eines Börsengangs. Das hat die Bank dem Unternehmen ebenso offen zu kommunizieren wie Platzierungschancen und Preisvorstellungen der Investoren. Dafür kann die Bank dem Emittenten durchaus Alternativen zum Börsengang anbieten. Da wäre etwa – bei Verzicht auf einen Kapitalzufluss – eine Privatplatzierung im kleineren Umfang und innerhalb einer längeren Platzierungsfrist denkbar. Ist bei dem Börsengang ein (Teil-)Exit von Altgesellschaftern vorgesehen, ist auch ein sogenanntes Dual-Track-Verfahren eine Option, in deren Rahmen der Verkauf von Anteilen an strategische oder Finanzinvestoren parallel geprüft wird.

IPOs – nicht nur was für „Blue Chips“

Grundsätzlich gilt, dass kleinere und mittlere Unternehmen einen Börsengang als Instrument für ihre Mittelstandsfinanzierung nicht per se ausschließen sollten. Wer sich von einer kompetenten Bank bezüglich aller Alternativen beraten lässt und sich mit dieser Unterstützung frühzeitig und sorgfältig mit den Marktgegebenheiten auseinandersetzt, erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeiten eines Börsengangs deutlich. Dann muss er auch kein „Blue Chip“ mit Milliarden-Ambitionen sein, um guten Gewissens den Gang aufs Parkett zu wagen.

 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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1 Kommentar

Oliver Stauss 14/03/2018 - 13:04

…richtig interessant wird es ab dem vierten Absatz, vielen Dank dafür.

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