Mit einer Abgabe auf CO2-Emissionen will die Bundesregierung ihre ambitionierten Klimaziele schnell erreichen. Doch für viele Mittelständler – vor allem aus dem Industrie-Sektor – bedeutet die Steuer einen Wettbewerbsnachteil. Mit Energie aus erneuerbaren Quellen und effizienter Ressourcennutzung können KMU die CO2-Steuer zwar umgehen, doch der Gesetzgeber muss mit Investitionen in Infrastruktur und Fördermaßnahmen betroffene Betriebe deutlich stärker unterstützen.
Die Bundesregierung hat bei den Klimazielen nachjustiert: Bis 2030 sollen bereits 65% der CO2-Emissionen eingespart werden. 2045 soll sogar nur noch klimaneutral gewirtschaftet werden. Ein ambitioniertes Vorhaben, bei dem die seit Januar 2021 in Kraft getretene CO2-Abgabe im Mittelpunkt steht. Unternehmen, die fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas verfeuern, sollen nun teils erheblich mehr Geld zahlen. Die Abgabe soll die Industrie dazu motivieren, Energie zu sparen und mehr erneuerbare Energien zu nutzen.
Damit das Konzept Wirkung zeigt, wird der CO2-Ausstoß mit einem entsprechenden Satz besteuert. Pro Tonne erzeugtem CO2 sind 25 Euro fällig, schrittweise soll der Preis bis 2026 auf 65 Euro klettern. Für viele KMU wird die Energieversorgung so deutlich teurer. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft befürchtet sogar, dass energieintensive Betriebe wegen der gestiegenen Abgaben abwandern könnten.
Vor allem Industrie-Betriebe von der CO2-Steuer betroffen
Die Nutzung fossiler Brennstoffe könnte zukünftig in einigen Bereichen doppelt so teuer werden. So hat die IHK errechnet, dass sich für Diesel und Heizöl ein Preisaufschlag ergibt, der von 6,7 Cent pro Liter in diesem Jahr auf 14,7 Cent pro Liter im Jahr 2025 zulegt. Bei Erdgas steigt der Preisaufschlag von zunächst 0,5 Cent pro Kilowattstunde bis 2025 auf 1,1 Cent pro Kilowattstunde. Betroffen sind von der Verteuerung vor allem Unternehmen aus der Industrie. Der Sektor bezieht knapp 40 Prozent der gesamten Endenergie in Deutschland, 70 Prozent davon stammt aus fossilen Quellen wie Braunkohle und Gas.
Laut der Industrie- und Handelskammer könnten bis zu 300.000 Betriebe in Deutschland von der neuen Regelung betroffen sein – davon ein großer Teil im Mittelstand. Vor allem Unternehmen aus dem Stahlverarbeitungs- und Automobilbereich sowie aus dem Maschinenbau treffen die höheren Energiekosten.
Regenerative Energien werden günstiger
Von der angekündigten Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung profitieren in erster Linie Betriebe, die ihre Produktionsprozesse auf elektrische Energie, Wasserstoff oder andere regenerative Energien umstellen. Denn die CO2-Abgabe lässt sich am einfachsten umgehen, indem Unternehmer von fossilen auf ökologische Energieträger wechseln.
Für Unternehmen gibt es hier mittlerweile einige Optionen. So ist etwa der Wechsel von Erdgas auf Biomethan eine Möglichkeit, nachhaltige Energieträger einzubinden. Unternehmen, die ihre Prozesse elektrifizieren, können auf Solarstrom umsteigen. Dieser ist vergleichsweise günstig zu haben, denn Energiekonzerne haben in den vergangenen Jahren ihre Photovoltaik-Anlagen massiv ausgebaut. Laut Berechnungen des Fraunhofer Instituts ist eine Kilowattstunde Strom aus PV-Anlagen in der Entstehung günstiger als Strom aus konventionellen Quellen wie Braunkohle, Gas oder Atomkraft. Da sich die Kilowattstunden für Gas und Kohle durch die CO2-Abgabe verteuern und sich die Solar-Technologie kontinuierlich verbessert, wird Strom aus PV-Anlagen im Vergleich zukünftig noch günstiger.
KMU können die CO2-Abgaben zudem reduzieren, indem sie mit moderner Gebäudedämmung Energie sparen. Betriebe aus der Industrie können durch Wärmepumpen Abwärme aus ihren Produktionsprozessen effizient nutzbar machen und so die Mehrbelastung durch CO2-Abgaben kompensieren.
Gesetzgeber soll nicht nur fordern, sondern auch fördern
Damit die CO2-Abgaben nicht zur De-Industrialisierung führen und der Wechsel auf regenerative Quellen funktioniert, muss der Gesetzgeber Mittelständlern mit Fördermitteln unter die Arme greifen. Wo es möglich ist, müssen Subventionen für neue Industrieanlagen den Mittelstand finanziell entlasten.
Investitionen sind auch an anderer Stelle notwendig. Dazu zählt vor allem der Ausbau einer regenativen Energie-Infrastruktur. Wenn der Gesetzgeber die Nutzung fossiler Brennstoffe sanktioniert, muss er den Wechsel auf nachhaltige Quellen so einfach wie möglich gestalten. Hier ist jedoch noch viel zu tun. So kritisiert der Bundesverband mittelständische Wirtschaft zurecht, dass die Bundesregierung noch immer kein zukunftssicheres Konzept für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien habe.
Eine innovative Energie-Infrastruktur muss zudem auf nachhaltige Wasserstofferzeugung und -verbrennung setzen. Hier braucht es einen klaren Fahrplan für den Netzwerkausbau, bei dem die Regierung auch den Innovationstreiber Mittelstand miteinbeziehen muss. So sind Mittelständler im Nationalen Wasserstoffrat nur unzureichend vertreten, zudem fließen kaum Fördergelder an Unternehmen, die sich im Wasserstoffbereich engagieren.
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