Der Mittelstand hatte in den vergangenen Monaten mit einigen Unruheherden zu kämpfen. Neben dem Handelsstreit zwischen den USA und China schwebte auch das monatelange Gerangel rund um den Brexit wie ein Damoklesschwert über heimischen KMU. Mit dem Coronavirus kommt der nächste Krisenherd auf den Mittelstand zu. Problematisch ist vor allem der ungewisse, weitere Verlauf des Virus. Grund zur Panik besteht aber noch nicht.
Beschaffung, Produktion, Absatz – deutsche Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren stark gen Fernost orientiert. Nun zeigt uns die Globalisierung eine ihrer Schattenseiten: Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in China mussten Fabriken vorübergehend geschlossen werden. Das versetzt nicht nur dem chinesischen Wachstumsmotor einen enormen Dämpfer, auch deutsche KMU bekommen die Auswirkungen des Coronavirus im Reich der Mitte zu spüren. Viele Mittelständler haben in China Niederlassungen, die für die deutschen Werke produzieren.
Lagerbestand übersteht auf lange Sicht keine Lieferengpässe
Wird die Produktion in China heruntergefahren – bricht also ein Glied der Lieferkette weg –, kommt auch die nachfolgende Fertigung ins Stocken. Und: Lagerbestände können die Lieferengpässe nicht auf Dauer auffangen. Die Lieferketten vieler Unternehmen sind so optimiert, dass sie niedrig gehalten und Produkte „just in time“ angeliefert werden.
Die zahlreichen Corona-Infizierten in China sind aber nicht das einzige Problem. Auch die Folgen der zunehmenden Corona-Fälle in Norditalien entwickeln sich mehr und mehr zu einer nicht zu unterschätzenden Bedrohung für den Mittelstand und somit auch für die gesamte deutsche Wirtschaft. Immerhin weist laut dem Mittelstandsverband BVMW das Handelsvolumen alleine mit der Lombardei mit rund 44 Milliarden Euro ein vergleichbares Niveau auf wie mit ganz Japan. Die Zahl macht unmissverständlich klar: Die Lage ist ernst und die Angst der Unternehmen groß.
Coronavirus und Mittelstand: Angst macht sich breit
Dass das Coronavirus Spuren beim heimischen Mittelstand hinterlässt, zeigt sich schon jetzt in vielerlei Hinsicht. Laut einer aktuellen Umfrage des BVMW unter rund 1.000 Mitgliedsunternehmen leidet bereits jeder vierte Mittelständler unter den Auswirkungen des Coronavirus – und zwar so sehr, dass einige Unternehmen bereits Kurzarbeit angemeldet haben. Das ursprünglich von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartete globale Wirtschaftswachstum von rund 3 Prozent wird wohl ebenfalls nicht mehr zu halten sein.
Wirtschaftsmotor verliert an Fahrt
Fakt ist: Eine seriöse Prognose rund um die künftigen Auswirkungen des Coronavirus ist schlichtweg nicht möglich. Falls der Ausbruch länger dauere und den asiatisch-pazifischen Raum, Europa und Nordamerika breit erfasse, seien laut der OECD aber noch deutlichere Auswirkungen zu befürchten, bis hin zu einer globalen Rezession. Richtig ist aber auch: Soweit ist es noch nicht. Und Fakt ist auch: Das Problem ist längst erkannt. Zur Milderung der Virus-Folgen haben bereits zahlreiche Notenbanken ihre geldpolitische Handlungsbereitschaft signalisiert, während die US-Notenbank Fed den Leitzins sogar schon um 0,5 Prozentpunkte auf die Spanne von 1 bis 1,25 Prozent gesenkt hat.
Bundesregierung muss gegensteuern
Mit einer noch expansiveren Geldpolitik alleine ist es aber nicht getan, zumal dieses Problem nicht im Finanzsystem, sondern in der Realwirtschaft liegt. Daher sind jetzt auch die Regierungen rund um den Globus gefordert. Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Epidemie für KMU einzudämmen, muss die Bundesregierung nun wirtschaftspolitische Maßnahmen auf den Weg bringen – und zwar zügig.
Es ist jetzt an der Zeit, nicht über ein Konjunkturprogramm nachzudenken, sondern auch die entsprechenden Weichen zu stellen, um es zeitnah umsetzen zu können. Geld ist nach einem 2019er Bundeshaushalts-Überschuss von 13,5 Milliarden Euro jedenfalls genug vorhanden. Und offenbar auch der politische Wille: „Wenn die Lage es erfordert, dass ein solcher Impuls nötig wird, haben wir auch die Mittel, ein Konjunkturprogramm aufzulegen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz der „Welt am Sonntag“. Es bleibt zu hoffen, dass – falls notwendig – den Worten Taten folgen.
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Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.