Der Schwarm mag schon für eine ganze Menge an Aktivitäten wie Immobilienprojekte oder gar kleinere Wagnis- und Wachstumskapitalfinanzierungen taugen. Für eine nachhaltige Mittelstandsfinanzierung reicht er aber bei weitem nicht aus.
Viel ist in diesen Tagen von den Innovationen die Rede, die das Internet und die Digitalisierung mit sich gebracht haben und mit denen die sogenannten Fintechs die Finanzbranche revolutionieren möchten. Zu diesen Errungenschaften wird immer wieder auch die Schwarmfinanzierung gezählt; das Crowdinvesting ebenso wie das Crowdlending, bei dem ein Einzelner sich von der Masse, eben dem Schwarm, Geld leiht.
Verhaltenes Interesse
Nun mag für private Zwecke Crowdlending ein sinnvolles Konzept sein, da hier ja auch Sympathie für ein Projekt eine wichtige Rolle spielt. Und manch ein Unternehmen mag auch den Marketingaspekt einer solchen Kampagne schätzen. Für eine Mittelstandsfinanzierung, bei der es in erster Linie um die zeitnahe Bereitstellung von Kapital geht, weist Crowdlending aber gleich mehrere Schwachstellen auf. Eine jüngst erhobene Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte kommt zwar unter anderem zu dem Ergebnis, dass mittlerweile 82 Prozent der Entscheider bei 250 befragten Unternehmen die Methode des Crowdlending kennen. Doch nicht einmal ein zweistelliger Prozentanteil hat derzeit Interesse an dieser Finanzierungsform. Und das hat gute Gründe.
Zeitfaktor schreckt ab
Die Zurückhaltung der Unternehmen mag zum Teil an dem schon sprichwörtlichen Konservatismus des deutschen Mittelstands liegen. So geben nur fünf Prozent der von Deloitte Befragten zu Protokoll, einen Kredit bevorzugt online abschließen zu wollen. Allein das schränkt das Interesse an einer Finanzierung via Internet schon ein. Darüber hinaus spiegelt sich die Skepsis auch bei der Frage nach der Nachvollziehbarkeit des Crowdlending wider – vielen Unternehmen kommt hier schlichtweg die Transparenz zu kurz, wohl auch, weil statt einer einzigen Institution eine schwer überschaubare Masse als Kreditgeber fungiert. Nicht zuletzt ist es aber auch der Zeitfaktor, der abschreckt: Vielen Unternehmen dauert es einfach zu lange, bis die notwendige Menge an Anlegern zur Kreditvergabe animiert wurde – und Zeit und Planbarkeit sind entscheidende Parameter gerade für deutsche Mittelständler.
Das soll nicht heißen, dass KMU per se auf Alternativen zum klassischen Bankenkredit verzichten müssten. Immerhin bieten sich ihnen zur Mittelstandsfinanzierung noch einige Optionen an, die vielleicht sogar noch besser auf ihre Anforderungen passen. Die Unternehmensanleihe und der Börsengang sind nur zwei davon.
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