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Crowdlending im Mittelstand: Wenn der Schwarm zu teuer wird

von Holger Clemens Hinz

Crowdlending im Mittelstand ist in den vergangenen Jahren immer populärer geworden. Wer genau hinschaut, stellt jedoch fest, dass diese Finanzierungsform für den Mittelstand häufig mehr Nach- als Vorteile hat.

Unternehmen, die schnell wachsen, benötigen in der Regel viel Kapital. Vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besteht beispielsweise im Zuge der Digitalisierung oft ein hoher Investitionsbedarf. Wenn dann die Hausbank nicht mitspielt oder das Kreditantragsprozedere zu lange dauert, sind Unternehmen froh, Finanzierungsalternativen zu finden.

So ist im Online-Zeitalter das Crowdlending im Mittelstand als Alternative zur klassischen Hausbankfinanzierung eine Option. Das Prinzip: Eine Firma sammelt für ein Projekt über ein Onlineportal Kapital bei der „Crowd“, also beim „Schwarm“, ein. Dabei beschreibt das Unternehmen sein Geschäftsmodell und das Projekt, das finanziert werden soll. Potenzielle Kreditgeber, in der Regel Privatpersonen, sehen sich die Angaben an und entscheiden, ob sie der Firma Geld leihen möchten. Dabei können sie bereits mit vergleichsweise kleinen Summen investieren. Unternehmen haben so die Möglichkeit, zum Beispiel sechs- oder siebenstellige Summen einzusammeln. Im Gegenzug zahlen die Firmen dem Anlegerschwarm einen Zins und am Ende der Laufzeit – wenn das Unternehmen zahlungsfähig ist – den Kapitaleinsatz zurück.

Crowdlending im Mittelstand: Kostenintensive Finanzierung

Das Ganze klingt zunächst einmal recht überzeugend. Der Teufel könnte allerdings im Detail stecken. Zunächst ist unklar, ob das Unternehmen auf diese Weise überhaupt genügend Kapital für das Projekt zusammenbekommt. Und die Zinsen, die Unternehmen der Crowd zahlen müssen, sind deutlich höher als beim klassischen Bankkredit. Darüber hinaus zahlt die Firma der Crowdlending-Plattform eine Gebühr. Und schließlich müssen die Unternehmen Details ihres Projekts transparent und somit publik machen. Der Schwarm will wissen, wofür er sein Geld ausgibt. Das gefällt nicht jedem Mittelständler.

Aber: Im Bereich der Mittelstandsfinanzierung gibt es eine Reihe attraktiver Finanzierungsalternativen. Zumal auch der klassische Bankkredit zunehmend an Reiz verlieren dürfte. So könnte etwa eine globale Konjunktureintrübung künftig dazu führen, dass Haus- oder Förderbanken deutlich weniger günstige Finanzierungskonditionen anbieten. Viel entscheidender ist aber, dass die Finalisierung von Basel III und Umsetzung von Basel IV zu einer restriktiveren Kreditvergabe führen – allen voran für KMU. Strategisch langfristig ausgerichtete Mittelständler sollten sich möglichst zeitnah nach attraktiven Finanzierungsalternativen umschauen.

Zwar sind viele Unternehmen, die sich über die Crowd neue Mittel besorgen möchten, zu klein für den Kapitalmarkt. Sollten sie aber die notwendige Größe aufweisen, sind die sich bietenden Finanzierungsmöglichkeiten des Kapitalmarktes sicherlich eine attraktive Alternative für KMU.

Börsengang und Unternehmensanleihe: Attraktive Alternativen zu Crowdlendig und Bankkredit

Ein gutes Beispiel dafür ist ein Börsengang (initial public offering, kurz: IPO). Das anhaltend schwache Zinsniveau spielt den Aktienmärkten in die Karten. Anleger, die nennenswerte Renditen erzielen wollen, kommen an Aktien nicht mehr vorbei. Das gilt auch und gerade für institutionelle Investoren wie Versicherungen. Entsprechend groß ist deren Interesse an Neuemissionen. Zudem entfällt bei einem Börsengang das Klumpenrisiko. Es gibt bei einer Aktiengesellschaft anders als bei anderen Rechtsformen keinen einzelnen mächtigen Gesellschafter mehr, der den für das operative Geschäft Verantwortlichen reinreden könnte. Und nicht zuletzt ist dem Unternehmen mit einer Börsennotiz eine wesentlich höhere öffentliche Aufmerksamkeit garantiert.

Eine andere Finanzierungsvariante sind Unternehmensanleihen. Sie bieten eine feste Laufzeit und eine fixe Verzinsung. Investieren Anleger in mehrere aussichtsreiche Unternehmen, verteilen sie das Ausfallrisiko auf verschiedene Firmen. Damit diversifizieren sie ihr Portfolio. Für das Unternehmen, das sich über Anleihen finanziert, ergeben sich mehrere Vorteile: Es bezahlt der Bank, die das initial bond offering (IBO) begleitet, keine Zinsen, sondern Gebühren. Die beauftragte Bank fungiert als Dienstleister, steht mit Rat und Tat zur Seite und koordiniert dabei den gesamten Prozess: Von der Überprüfung des Unternehmens über die Bewerbung und Vermarktung bis zur finalen Platzierung der Anleihe.

 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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