Eine Branchenstudie zeigt: Der Datenschutz bremst deutsche Unternehmen aus. Vor allem KMU leiden unter erschwerten Bedingungen. Höchste Zeit also für eine Reform, um Mittelständler stärker bei dieser heiklen Aufgabe zu entlasten.
Zwei von drei deutschen Firmenchefs sind der Ansicht, dass der Datenschutz die Digitalisierung erschwert. Und die Hälfte glaubt, dass das Land es mit dem Datenschutz übertreibt. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des IT-Branchenverbands Bitkom, an der 502 deutsche Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten teilnahmen. Geht es um das Thema Datenschutz, stehen die Firmen unter dauerhaftem Druck. Die Crux: um dieses Thema umzusetzen, müssen sie nicht nur europaweit Gerichtsurteile verfolgen und die unterschiedliche Auslegung aus den Mitgliedsstaaten kennen, sondern sich zusätzlich mit 18 verschiedenen Lesarten von Datenschutzaufsichten allein in Deutschland auseinandersetzen.
Einhaltung des Datenschutzes kann teuer werden
42 Prozent der Befragten monieren, dass mit der 2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ihr betrieblicher Aufwand gestiegen sei. Die Europäische Union hat mit dieser Richtlinie die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Unternehmen und Behörden neu geregelt. Für lediglich sechs Prozent hat sich die Situation zwischenzeitlich wieder entspannt, während fast jedes fünfte Unternehmen eine langsame Besserung erwartet. Indes befürchtet fast jede dritte Firma, mit Blick auf den Datenschutz künftig noch mehr Arbeit zu haben.
Schon jetzt bedeutet die nun schon drei Jahre in Kraft befindliche Verordnung für 42 Prozent der im Rahmen der Bitkom-Studie befragten Teilnehmer einen erheblichen Mehraufwand. Allein für ihre Datenschutzerklärungen mussten deutsche Firmen zuletzt 375 Millionen Euro aufwenden. Um die Bestimmungen einzuhalten, kam noch einmal die gleiche Summe hinzu.
Herausforderung für den Mittelstand
Vor allem für kleinere Unternehmen ist dies immer schwerer zu stemmen, weil sie die hohen Kosten für den Datenschutz schlechter auf ihre Umsätze verteilen können wie ihre großen Pendants. Zudem leiden sie überproportional unter der Bürokratie. Für viele Mittelständler kann die Datenschutz-Grundverordnung schnell zur kaum überwindbaren Hürde werden, wenn sie auf große Datenmengen angewiesen sind. Grund genug für eine Reform, um gerade KMU beim Datenschutz stärker zu entlasten.
Selbst die EU räumt zwischenzeitlich die erschwerten Bedingungen durch die DSGVO ein. Die Folge: Mit Blick auf die Gründung neuer IT-Unternehmen kann Deutschland nur 19 Start-ups vorweisen, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Die USA stellen bei den knapp 900 Unicorns, wie diese Firmen auf Englisch heißen, rund die Hälfte – vor China (165) und Großbritannien (33).
Chance für die neue Ampel-Regierung
Vor diesem Hintergrund verwundert kaum, dass die vom Branchenverband Bitkom befragten Firmen klare Erwartungen an die neue Bundesregierung haben. 89 Prozent fordern eine Anpassung der DSGVO, während 68 Prozent für europäisch stärker vereinheitlichte Datenschutzvorgaben plädieren. Derweil drängen 60 Prozent darauf, dass die Landesdatenschutzbehörden abgeschafft werden. Ungefähr die Hälfte der Unternehmen will eine harte Linie gegenüber den USA beim internationalen Datentransfer.
Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition stimmt zumindest vorsichtig optimistisch: Demnach kündigt Rot-Gelb-Grün an, kleine und mittelständische Unternehmen bei der Digitalisierung durch eine „unkomplizierte Förderung“ zu unterstützen und „IT-Sicherheit, DSGVO-konforme Datenverarbeitung und den Einsatz digitaler Technologien“ ausbauen zu wollen. Zudem will sich Berlin für „ambitionierte Regelungen des Digital Markets Act (DMA)“ einsetzen.
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