Massive Kostensteigerungen bedrohen derzeit die Liquidität im Mittelstand. Aber nicht jedes kleine und mittlere Unternehmen kommt an den passenden Kredit zu günstigen Konditionen. Das macht alternative Finanzierungsformen attraktiver. Die beliebtesten Alternativen der Mittelstandsfinanzierung: Schuldscheindarlehen, Debt-Fonds, Mittelstandsanleihen und ein IPO.
Die aktuellen Herausforderungen für Mittelständler sind vielfältig. Die Rekord-Inflation sorgt für stark gestiegene Kosten bei Energie und Materialien. Schmerzlich spürbar wird der Anstieg vor allem für Unternehmen, die die höheren Preise – anders als Großkonzerne – nicht an ihre Kunden weitergeben können. Zudem verschärfen Lieferengpässe die Lage, da derzeit unklar ist, wie lange Firmen auf Rohstoffe und Vorprodukte warten müssen. Die Folge sind Schwierigkeiten bei der Liquiditätsplanung, die sich häufig nur über zusätzliche Geldmittel abfedern lässt.
In diesem herausfordernden Umfeld stoßen viele KMU bei der Kreditbeschaffung an ihre Grenzen. Denn die neuen Eigenkapitalbestimmungen von Basel III und Basel IV führen schon jetzt dazu, dass Banken bei Krediten noch genauer hinsehen und die Kredite zu weniger erschwinglichen Konditionen anbieten. Die Folge: Langfristige Kredite sind schwieriger zu erhalten und teurer – allen voran für kleine und mittlere Unternehmen. Dabei bieten sich ihnen einige Möglichkeiten mehr als nur der klassische Bankkredit. Attraktive Alternativen zur Mittelstandsfinanzierung gibt es gleich mehrere.
Mit Schuldscheindarlehen einen größeren Investorenkreis ansprechen
Bei Schuldscheindarlehen handelt es sich um verbriefte Darlehen, die anders als klassische Anleihen nicht an der Börse notiert sind. Dadurch sind die Emissionskosten auch deutlich geringer, denn die Unternehmen sind von den an den Kapitalmärkten sonst üblichen Publizitätspflichten befreit. Zudem bieten Schuldscheindarlehen Mittelständlern die Möglichkeit, einen größeren Investorenkreis anzusprechen, sogar außerhalb Deutschlands.
Ganz ohne Aufwand sind Schuldscheindarlehen allerdings nicht zu haben. So erwarten mögliche Geldgeber auch bei dieser Finanzierungsform im Vorfeld der Investition umfangreiche Informationen zu Geschäftsmodell und Management, Bilanz und Rating sowie Cashflow in der Vergangenheit wie ebenso den Ausblick in die Zukunft.
Debt-Fonds gewähren schnelleren Zugang zu Liquidität
Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit stellen Debt-Fonds dar. Auch mit diesem Instrument können sich mittelständische Unternehmen unabhängiger von ihrer Hausbank machen. Bei Private Debt werden Kredite nicht durch Banken, sondern häufig am Kapitalmarkt vorbei durch institutionelle Investoren bereitgestellt. Dabei sind Anleihen, Darlehen, aber auch Schuldscheine und private Verbriefungsemissionen möglich.
Die alternative Finanzierung im Fremdkapitalbereich hat den Vorteil, vergleichsweise weniger Sicherheiten hinterlegen zu müssen. Um das Risiko für die Anleger auszugleichen sind daher im Vorfeld eingehende Due-Diligence-Prüfungen notwendig. Dafür gewähren die Kreditfonds in der Regel schnelleren Zugang zu Liquidität, als es bei Banken der Fall ist. Viele Unternehmen erhalten zudem eine Finanzierung, die bei einem traditionellen Geldinstitut nicht möglich gewesen wäre. Während der Laufzeit des Kredits fallen zudem keine Tilgungszahlungen an.
Anleihen stärken die Verhandlungsposition gegenüber Banken
Auch festverzinsliche Wertpapiere erweisen sich als beliebte alternative Möglichkeit der Mittelstandsfinanzierung. Denn Unternehmensanleihen eröffnen KMU nicht nur den Zugang zu neuen Finanzierungsmitteln, sondern sorgen zugleich für eine Verbesserung der Liquidität und der Bilanzstruktur. Ein weiterer – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen – nicht zu unterschätzender Pluspunkt: Es gibt kein Mitspracherecht Dritter, da Anleger Informations-, aber keine generellen Mitspracherechte haben.
Zudem garantiert eine Anleihe den Emittenten größere Flexibilität in der Mittelverwendung. Und Flexibilität ergibt sich noch durch einen weiteren Punkt: Bei einer Anleihe hat das Unternehmen die Wahl zwischen einem Private Placement und einem Public Offering, also der nicht-öffentlichen oder öffentlichen Emission, was wiederum Auswirkungen auf die Publizitätspflichten hat. Die Etablierung eines zusätzlichen Investorenzugangs stärkt die Verhandlungsposition gegenüber Banken bei künftigen Darlehensverhandlungen.
Ein IPO ermöglicht eine attraktive Bewertung
Ein Börsengang bringt für Mittelständler zahlreiche Vorteile: So sind börsennotierte Unternehmen unter anderem unabhängiger, da keine mächtigen Gesellschafter beim operativen Geschäft Einfluss nehmen können. Unter anderem wird mit dem Gang aufs Parkett auch das sogenannte Klumpenrisiko deutlich verringert und zudem verspricht ein Börsengang eine vergleichsweise attraktive Bewertung. So steigert der Schritt auf das Börsenparkett in der Regel die Bewertung des Unternehmens und sorgt für positive Publicity.
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Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.