Jüngste KfW-Daten stellen der Verfassung im Mittelstand ein gutes Zeugnis aus. Vereinzelte Zahlen legen aber nahe, dass deutsche KMU in so mancher Hinsicht noch einige Hausaufgaben zu erledigen haben.
Dass der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellt, ist bekannt und wird immer wieder gerne erzählt. Dass dahinter mehr steckt als nur Industrieromantik, verraten jüngste Zahlen, die einmal mehr unterstreichen, dass die Bedeutung des Mittelstands über Symbolik weit hinausgeht. So haben gemäß dem vor wenigen Tagen veröffentlichten KfW-Mittelstandspanel 2018 mittelständische Unternehmen mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 4,7 Prozent den größten Anstieg seit sechs Jahren verzeichnet.
Bemerkenswert ist zudem, dass auch der Ausblick der Mittelständler optimistisch ist. So erwartet mehr als ein Drittel der Unternehmen bis 2020 mit weiter steigenden Umsätzen, noch im Jahr 2018 wollen sogar 15 Prozent der Firmen weitere Arbeitsplätze anbieten.
Auch mit anderen Kennzahlen weiß der Mittelstand zu überzeugen: Laut KfW-Bankengruppe seien seit 2006 fünf Millionen Jobs im Mittelstand entstanden, in einem Zeitraum, in dem Großkonzerne Arbeitsplätze gestrichen hätten. Mit insgesamt 31,3 Millionen hätten mittelständische Unternehmen im vergangenen Jahr so viele Menschen beschäftigt wie nie zuvor.
Eigenkapitalquote auf Rekordniveau, Investitionen eher mau
Es gab aber auch kleine Wermutstropfen. So ging die durchschnittliche Umsatzrendite 2017 minimal von 7,3 auf 7,2 Prozent zurück. Die Produktivität stagniere in erster Linie vor dem Hintergrund des starken Beschäftigungszuwachses, kommentierte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe, die Entwicklung. Er fügte aber hinzu, dass die 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland grundsätzlich sehr solide dastünden: Die Eigenkapitalquote liege mit 31 Prozent so hoch wie nie zuvor.
Das wiederum sollte angesichts der Tatsache, dass die Zahl der investierenden Unternehmen sinkt, nachdenklich machen. Zwar sind die Investitionen insgesamt im Jahr 2017 zum vierten Mal in Folge auf nunmehr 176 Milliarden Euro gestiegen. Doch dieses neuerliche Wachstum von 4 Prozent ist möglicherweise nicht genug, um mit dem internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Statt auf ihren Gewinnen sitzenzubleiben, sollten Unternehmen daher einen Großteil ihrer Erlöse in Investitionen stecken. Investitionsziele gäbe es genug: Allein die Digitalisierung macht neue Geschäftsmodelle möglich und vor allem auch nötig, und grundsätzlich sind Innovationen gefragt. An Optionen zur Finanzierung jedenfalls mangelt es KMU ja nicht gerade.
Politik muss handeln
An wirtschaftspolitischen Weichenstellungen für KMU mangelt es aber sehr wohl. So zahlt die mittelständische Industrie so hohe Strompreise wie in keinem anderen Land der Europäischen Union. Problematisch ist zudem, dass marode Brücken und sanierungsbedürfte Straßen einen reibungslosen Gütertransport erschweren und darüber hinaus auch die digitale Infrastruktur zu wünschen übriglässt. Noch immer müssen hierzulande einige Regionen ohne schnelles Internet und ohne ein flottes und stabiles Mobilfunknetz auskommen. In all diesen Bereichen besteht dringender Handlungsbedarf. Anderenfalls droht die Gefahr, dass das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ins Hintertreffen gerät.
Mut macht hingegen das jüngst von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vorgestellte „steuerpolitische 10-Punkte-Aktionsprogramm“, das KMU spürbar entlasten würde. Nun geht es vor allem darum, dass Altmaier seinen ambitionierten Plan gegen bereits geäußerte Bedenken – allen voran von Finanzminister Olaf Scholz – auch tatsächlich umsetzen kann. Zu wünschen ist es nicht nur dem Wirtschaftsminister, sondern in erster Linie dem heimischen Mittelstand.
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