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Mit 40 Jahren in den Ruhestand: So funktioniert die FIRE-Bewegung

von Lieselotte Hasselhoff

Finanzielle Unabhängigkeit erreichen und mit 40 in Rente gehen, das ist das Ziel von immer mehr Millennials, also der Jahrtausender-Generation. Was erst einmal utopisch klingt, soll mit der FIRE-Bewegung aber möglich sein.

 
 

Die FIRE-Bewegung ist ein Trend aus den USA, der mittlerweile vermehrt auch nach Europa schwappt. Ziel der Bewegung ist der frühstmögliche Eintritt in die Rente, spätestens mit 40 Jahren wollen FIRE-Anhänger in den Ruhestand gehen und finanziell unabhängig leben (FIRE: Financial Independence, Retire Early; zu deutsch: finanzielle Unabhängigkeit, frühe Rente).

Die meisten dieser „Frührentner“ sind Millennials, die das Bedürfnis nach finanzieller Unabhängigkeit haben. Anders als ihre Eltern und Großeltern wollen sie nicht den klassischen Karriereweg gehen und sich erst im Alter auf ihrem Gesparten ausruhen, sondern sich schon früh aus dem Arbeitsalltag verabschieden. Doch was erstmal etwas träumerisch klingt, kommt nur durch eiserne Disziplin. Denn ohne Sparen und kluge Geldanlage wird aus dem frühen Ruhestand nichts.

Wie funktioniert FIRE?

Der Weg hin zur finanziellen Freiheit erweist sich häufig als steinig, wäre er einfach, dann würden wohl mehr Menschen schon früh das Arbeitsleben hinter sich lassen. Im Ergebnis heißt das, dass die FIRE-Bewegung starke Kompromisse eingeht. Denn es gilt so viel Kapital so früh wie möglich zu schaffen. Anhänger der Bewegung leben daher unter konstantem Druck, ihr Einkommen schon zu Beginn ihrer Arbeitslaufbahn maximieren zu müssen und das gesparte Geld bestmöglich anzulegen. In der Community gibt es eine Regel, nach der das Leben im frühen Ruhestand funktionieren soll: die 4-Prozent-Regel.

Die 4-Prozent-Regel besagt, dass so viel Kapital angespart werden muss, dass 4 Prozent davon jährlich bis an das Lebensende ausreichen (im Schnitt soll die FIRE-Rente rund 50 Jahre betragen). Die jährlichen Kosten werden genau ausgerechnet und dann mit 25 multipliziert. Das Ergebnis ist dann die Summe, die ein FIRE-Anwärter bis hin zum Renteneintritt gespart haben muss. Das klingt auf dem Papier erstmal toll und simpel, ist aber trügerisch. Variablen wie Inflation oder schwankende Wohnkosten werden nämlich bewusst weniger beachtet. Gerade in Hochinflationszeiten, wie sie die globale Wirtschaft 2021 und 2022 erlebt hat, stellt sich die Frage, wie Menschen allein von ihrem Ersparten leben sollen, wenn es durch Preissteigerungen kontinuierlich entwertet wird. Zwar müssen, um in den vorzeitigen Ruhestand gehen zu können, meist Summen im sechs- bis siebenstelligen Bereich angespart werden, doch gerade in langjährigen Phasen hoher Inflation, können auch höhere Summen vergleichsweise schnell dahinschmelzen.

Das sparsame Leben der FIRE-Anhänger

Um auf diese beträchtlichen Kapitalsummen im Alter von 40 Jahren zu kommen, leben viele Menschen in der FIRE-Szene „frugal“, also sparsam. Sogenannte Frugalisten leben nach dem Minimalprinzip und besitzen nur das Nötigste. Es gilt, Kosten wo immer auch möglich einzusparen, während gleichzeitig stets nach neuen Wegen zur Einkommensmaximierung gesucht wird. Was erstmal nach dem Leben der „Schwäbischen Hausfrau“ klingt, die sparsam lebt und ihr Geld zusammenhält, geht jedoch weit darüber hinaus.

Frugalisten sparen nicht nur an Ferien- und Freizeitspaß – der Sparehrgeiz zieht sich durch alle Facetten ihres Alltags. So wird auf Restaurant oder Friseurbesuche verzichtet und Hobbies, die Geld kosten, werden mit kostenlosen Freizeitvergnügen ersetzt. Jeder Euro soll mit Bedacht eingesetzt werden, und wenn die Ausgabe keinen Mehrwert zu haben scheint, wird sie schlicht und einfach nicht getätigt.

Kapitalmarkt steht im Mittelpunkt

Bei der Einkommensbeschaffung ist die FIRE-Bewegung kreativ. In den USA sind Nebenjobs neben dem primären Einkommen beliebt, in der Regel sind das kleinere Tätigkeiten die on- und offline ein kleines Nebeneinkommen generieren. Das Geld bleibt aber in der Regel nicht auf dem Sparkonto, sondern wird sofort auf dem Kapitalmarkt angelegt. Durch kontinuierliche Investments sollen nicht nur kurz- und mittelfristig Gewinne generiert, sondern auch langfristig passives Einkommen erzielt werden. Der Kapitalmarkt spielt bei FIRE-Anhängern daher eine bedeutende Rolle. Meist 60 bis 70 Prozent des angesparten Einkommens werden fast vollständig in den Kapitalmarkt investiert. Die Hoffnung: satte Rendite und Profit aus Dividende, Zins und Zinseszins.

FIRE: Ein Weg für alle?

Unter den FIRE-Prinzipien zu leben, ist für einen Großteil der Bevölkerung sicherlich nicht realistisch. Mit Geld sparsam umzugehen, ist zwar sinnvoll, aber das Leben eines Frugalisten geht für viele Menschen wahrscheinlich mit zu vielen Einschränkungen einher. Wer mit 40 Jahren in Rente gehen möchte, muss schon nach Eintritt ins Erwachsenenalter rigoros sparen und auf viele Bequemlichkeiten verzichten.

Zudem sollten sich Leute, die mit dem FIRE-Konzept liebäugeln, schon früh die Frage beantworten, was sie mit der dazugewonnenen Freizeit in ihrer Frührente anfangen. Wer nicht gerade von einem Nomadenleben auf Reisen träumt, dem könnte durchaus schnell langweilig werden.

Einen großen Vorteil hat das Leben mit FIRE jedoch: Das aktive und detaillierte Auseinandersetzen mit den persönlichen Finanzen, dem eigenen Lebensstil und den Möglichkeiten des Kapitalmarkts.

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

 

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1 Kommentar

Daphne 21/03/2023 - 09:10

Mit 40 in Rente gehen, das nenne ich einmal ambitioniert;)

Daphne

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