Die gesellschaftlichen und politischen Anforderungen an Entscheidungsträger steigen immer weiter. Wer als Unternehmenslenker heutzutage einen kühlen Kopf bewahren will, braucht daher einen starken inneren Kompass. Gerade Philosophen können dabei helfen, eine gesunde und selbstkritische Geisteshaltung zu entwickeln und so zu einer besseren Führungskraft zu werden.
Was haben PayPal-Mitgründer Peter Thiel, der ehemalige Google-Engineer Damon Horowitz und LinkedIn-Mitgründer Reid Hoffman gemeinsam? Alle genannten Personen sind erfolgreiche Unternehmer und glänzen mit Führungskraft. Darüber hinaus haben sie alle Philosophie studiert und sind der Meinung, dass das Wissen aus diesem Fach maßgeblich für ihren Erfolg gesorgt hat. Wer ein guter und erfolgreicher Chef sein will, braucht keine Management-Ratgeber, die es in tausendfacher Ausführung im Netz zu finden gibt. Denn die Frage, welche Qualitäten eine gute Führungspersönlichkeit braucht, wurde schon vor Jahrtausenden gestellt – und auch beantwortet. So widmete sich etwa Platon, der „Vater der Philosophie“, ausführlich in seinen Werken der Frage, was denn nun eine gute Führungskraft ausmache.
Ein Blick in die Geschichte zeigt: Philosophen standen häufig als Berater nahe an der Seite der Staatslenker und Mächtigen. Der römische Philosoph Seneca beriet etwa Kaiser Nero in seinen politischen Angelegenheiten. Und der italienische Denker Niccolò Machiavelli schrieb für die Medici-Herrscher mit „Der Fürst“ eine Anleitung, wie man ein von Machtkämpfen zerstrittenes Land einen könne. Nun sollten Führungskräfte den „Fürsten“ vielleicht nicht allzu genau lesen. Schließlich rät Machiavelli den Machthabern zu lügen und zu betrügen, um an ihr Ziel zu kommen. Doch können Manager durchaus in den Schriften der Philosophen – egal ob aus der Antike oder Moderne – wertvolle Erkenntnisse und Leitsätze für ihren Führungsstil übernehmen.
Mit Philosophie Souveränität und Führungskraft aufbauen
Erfolgreiches Führen setzt Souveränität voraus. Ein guter Manager handelt eigenverantwortlich, vorausschauend und lösungsorientiert. Wer souverän auftritt, signalisiert, dass er für sich selber denken kann und sich nicht von seinen Emotionen leiten lässt. Diese „soft skills“ ergeben sich jedoch nicht durch fachliche Kompetenz oder durch das Lesen eines Ratgebers. Vielmehr werden Urteile und Maßnahmen durch eigenständige Reflexion gewonnen.
In unserer heutigen Arbeitswelt steigen die Anforderungen stetig: Der Arbeitsalltag wird komplexer und Veränderungen kommen Schlag auf Schlag. Wer in einer sich immer schneller drehenden Welt einen kühlen Kopf bewahren will, braucht einen starken inneren Kompass, an dem man sich orientieren kann. Philosophie hilft dabei, eine feste innere Haltung zu schaffen. Unter anderem hilft sie Unternehmenslenkern dabei, wichtige Fragen zu beantworten, die sich eigentlich jeder täglich stellen sollte: „Was ist der Sinn meiner Arbeit und wieso mache ich genau diese Tätigkeit?“, „Was will ich in meinem Job schaffen und wie kann ich meine Ziele erreichen?“ Wer sich diese Fragen beantworten will, findet in der Philosophie zahlreiche Antworten.
Doch hierbei gilt: Viele Wege führen nach Rom. Nicht jeder wird auf dieselbe Antwort stoßen. Denn die Antwort auf Sinnfragen hängt immer mit der Perspektive des Fragenden zusammen. Vielmehr soll Philosophie dabei helfen, sich Klarheit über eigene Ziele und Aufgaben zu schaffen – das fördert innere Festigkeit.
Der Chef ist schon längst kein „einsamer Wolf“ mehr
Philosophie verlangt, sich der eigenen Position in der Welt bewusst zu werden, über den Tellerrand zu schauen und sich die Perspektiven seiner Mitmenschen anzuhören. Der Philosoph Karl Popper etwa kam zu dem Ergebnis, dass niemand die alleinige Wahrheit für sich beanspruchen könne. Wichtig sei eine Lebenseinstellung, „die zugibt, dass ich mich irren kann, dass du recht haben kannst und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spur kommen werden.“ Popper macht damit deutlich: Irren ist menschlich und communication is key. Dieser Leitsatz spiegelt sich auch in der Arbeitswelt wider: der moderne Unternehmenslenker ist schon längst kein einsamer Wolf mehr. Wer vorgibt, in einer sich immer schneller drehenden Welt alles zu wissen, findet heute nur noch schwer einen Platz in der Führungsetage.
Mit Philosophie der eigene konstruktive Kritiker werden
Schon Sokrates, einer der ersten Philosophen der griechischen Antike, wusste, dass Wissen auf Kommunikation und Dialog beruht. Auf dem Marktplatz stellte er seinen Mitmenschen deshalb solange Fragen, bis sie ihre scheinbar selbstverständlichen Meinungen und ihre festgefahrenen Grundeinstellungen infrage stellten. Sokrates war es wichtig, dass er seine Mitmenschen zum Nachdenken anregte. Oft kamen seine Gesprächspartner zu dem Schluss, dass persönliche Wahrheit eine Frage der Perspektive und Wissen wandelbar ist. „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“, ist daher als philosophischer Leitspruch des Sokrates in die Geschichte eingegangen. Besonders wichtig war es ihm, diese Art des Dialogs ins Innere zu verlagern. Immer wieder fordern Philosophen daher, den eigenen Verstand zu benutzen und Selbstverständliches zu hinterfragen. Im Endeffekt liegt hierin das Kernelement der Philosophie. Ihr Zweck ist es, diesen Denkprozess anzuregen.
Manager werden dafür bezahlt, dass sie wegweisende Entscheidungen treffen. Diese Handlungen basieren wiederum auf Denkprozessen. Je vielseitiger dieser Prozess ist und je mehr Perspektiven auf einen Sachverhalt er berücksichtigt, desto eher entsteht eine gut durchdachte Entscheidung. Philosophie kann dabei helfen, aus dem eigenen Hamsterrad auszusteigen. Sie hilft eine Geisteshaltung zu entwickeln, in der man sich selber sein größter und konstruktivster Kritiker wird.
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