Share Deals sind ein Dorn im Auge der Landesfinanzminister: Mit ihnen kann in einigen Fällen die Grunderwerbsteuer umgangen werden. Der neue Gesetzesentwurf hat aber einen grundlegenden Fehler – und trifft damit die Falschen. Den deutschen Mittelstand kann das teuer zu stehen kommen.
Es ist ein eigentlich simpler Trick: Zu veräußernde Immobilien werden nicht per Kaufvertrag übergeben, sondern in eine Kapitalgesellschaft eingebracht. Wenn der neue Besitzer nun anstelle der Immobilien den Großteil der Anteile an dieser Gesellschaft erwirbt, wird dafür keine Grunderwerbsteuer fällig. Für die beteiligten Unternehmen ein Einsparpotenzial – für die Länder, die die Steuer eintreiben, aber natürlich ein Ärgernis. Nur allzu verständlich also, dass sie diese Umgehung verhindern wollen.
Nun sollen die entsprechenden Gesetze erneut verschärft werden. Dabei geht schon die aktuell gültige Regelung am Problem vorbei. Share Deals grundsätzlich als Schlupfloch der Grunderwerbsteuer zu bewerten, ist schlichtweg falsch. Sie sind ein legitimes Instrument für mittelbaren Immobilienbesitz. Dass das Steuerrecht dieser modernen Form der Übereignung nicht gewachsen ist, ist das eigentliche Problem. Es wird durch den aktuellen Modus keineswegs gelöst. Momentan ist die Grunderwerbsteuer immer dann zu entrichten, wenn mindestens 95 Prozent der Anteile innerhalb von fünf Jahren den Besitzer wechseln.
Grunderwerbsteuer: Sperrfrist hoch, Veräußerungsschwelle runter
Wirklich abenteuerlich wird es ab dem neuen Jahr – vorausgesetzt, es werden zuvor nicht noch wesentliche Änderungen am Gesetzestext vorgenommen. So wird nicht nur die Veräußerungsschwelle auf 90 Prozent gesenkt und die „Sperrfrist“ auf zehn Jahre erweitert; auch die Grunderwerbsteuer soll in Zukunft für alle am Kapitalmarkt gehandelten Unternehmen mit inländischem Immobilienbesitz fällig werden. Das würde bedeuten, dass in Zukunft immer dann, wenn innerhalb von zehn Jahren 90 Prozent der Unternehmensanteile den Besitzer gewechselt haben, auf den gesamten Immobilienbesitz Grunderwerbsteuer zu zahlen ist.
Freiverkehr hätte das Nachsehen
Zwar wurden erste Kompromisse bereits in Aussicht gestellt; so könnten Unternehmen am geregelten Markt von der Regelung ausgenommen werden. Zur Unterscheidung von Share Deals und normalen Unternehmenstransaktionen mit Immobilienbesitz wäre eine solche Legitimationsschwelle nötig. Doch greift sie an der völlig falschen Stelle: Dass der gesamte Freiverkehr unter Generalverdacht gestellt werden soll, bloß ein getarnter Immobilien-Steuerbetrug zu sein, mutet beinahe komisch an. Wenn es nicht ein reales, bereits auf den Weg gebrachtes Gesetzesvorhaben wäre.
Das wäre eine enorme Mehrbelastung, die den deutschen Mittelstand im schwierigen Transformationsprozess in Richtung Zukunftstechnologie, der gerade in vollem Gange ist, noch weiter ausbremsen könnte.
Grunderwerbsteuer und Mittelstand: Ausnahmen erforderlich
Dabei gibt es Alternativen: So werden in mehreren europäischen Nachbarländern wie Österreich und Frankreich alle Unternehmensbelange von der Regelung ausgenommen. Das scheint auch logisch: Eine Regelung, die ein „Steuerschlupfloch“ schließen soll, darf natürlich niemanden treffen, der gar keine Steuern umgehen wollte. Für die deutsche Politik scheinbar nicht logisch genug.
Eine solche Ausnahme braucht es auch für die deutschen Unternehmen. Ansonsten werden wohl schon im nächsten Jahr die ersten Mittelständler von der Steuerlast in den Abgrund gezogen.
Grunderwerbsteuer muss modifiziert werden
Selbst wenn es dann eine solche Ausnahme auch für den Freiverkehr gäbe, wäre aber das Kernproblem nicht gelöst: Die deutsche Grunderwerbsteuer ist in ihrer jetzigen Form nicht zukunftsfähig. Share Deals sind ein legitimes Instrument, das nicht generell als halbseidene Steuervermeidungstaktik behandelt werden darf – gleichzeitig bieten sie aber natürlich die Möglichkeit, die Grunderwerbsteuer in ihrer jetzigen Form mittelfristig außer Kraft zu setzen. Das würde allerdings ein Loch in die Landeshaushalte reißen.
Daher braucht es ein ganz neues Konzept, wie Immobilienerwerb besteuert wird. Denn wenn einfach weiter mit der großen Keule geschwungen wird und nachträglich Ausnahmen geschaffen werden, wird das irreparable Schäden hinterlassen – an der deutschen Wirtschaft, die ohnehin deutlich an Fahrt verloren hat.
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1 Kommentar
Irgendwie passend. Wir haben vor wenigen Tagen ein Grundstück gekauft und möchten im nächsten Jahr vielleicht ein Fertighaus drauf setzen. Schön, dass es genau immer einen selbst betrifft… 😉