Home Finanzierung Gutes erstes IPO-Halbjahr – und jetzt?

Gutes erstes IPO-Halbjahr – und jetzt?

von Holger Clemens Hinz

Einiges spricht in Sachen Neuemissionen für eine gute Zwischenbilanz 2018. Zu blinder Euphorie sollten sich aber weder Anleger noch Unternehmen hinreißen lassen.

 Es besteht kein Zweifel: Börsengänge sind immer einen Blick wert, für emittierende Unternehmen ebenso wie für Anleger. Das bisherige Jahr 2018 hat in diesem Punkt bereits einige Highlights geliefert, so gab es bislang zwölf Neuemissionen.  Das ist zwar auf den ersten Blick im internationalen Vergleich nicht ausufernd viel – laut den Corporate-Finance-Experten von Blättchen & Partnerentspricht das gerade einmal 1,82 Prozent der Anzahl der weltweiten Börsengänge. Doch zieht man das Platzierungsvolumen von 7,9 Milliarden US-Dollar heran, beträgt der Anteil immerhin schon knapp 8,4 Prozent.

 Starke IPOs

Nun ist diese Zahl zwar trügerisch. Sie basiert auf dem Mega-IPO von Siemens Healthineers, das schon allein ein Emissionsvolumen von umgerechnet 5,3 Milliarden Dollar auf die Waage brachte, und dem Börsengang der DWS. Die Deutsche-Bank-Tochter war ebenfalls unter den zehn größten IPOs des ersten Halbjahres 2018 vertreten, sie platzierte Papiere im Wert von 1,6 Milliarden Dollar auf dem Parkett.

Allerdings konnten einige Börsendebütanten auch in Sachen Performance glänzen. Siemens Healthineers legte etwa seit Börsenstart  bis zum Ende des Halbjahres um 21,5 Prozent zu, und Stemmer Imaging, der erste Kandidat aus dem Scale-Segment mit einem Platzierungsvolumen jenseits der 100-Millionen-Euro-Marke, gewann 15,8 Prozent. Die Performance aller Börsenneulinge stellte sich in einem insgesamt recht turbulenten Umfeld besser dar als die des Gesamtmarkts; diesen schlugen die Neuemissionen durchschnittlich um 3,1 Prozent.

 Hohe Hürden für Börsengänge

Kleine Wehmutstropfen gab es aber auch. So konnte das Handelssegment Scale, trotz des erwähnten Zuwachses der Aktien von Stemmer Imaging, die Erwartungen mit nur zwei Börsengängen im ersten Halbjahr nicht erfüllen. Insofern wäre eine Euphorie ebenso verfrüht wie voreilige Rückschlüsse auf den Rest des IPO-Jahres. Zwar geht Blättchen & Partner mit insgesamt 20 Börsengängen in diesem Jahr von einem respektablen Volumen aus. Doch grundsätzlich sind die Probleme, die schon in der Vergangenheit für Skepsis gegenüber Börsengängen gesorgt haben, nicht alle beseitigt. Die Aktienkultur ist in Deutschland selbst nach Jahren niedrigster Zinsen immer noch nicht dort, wo sie etwa in den USA ist: verankert in System und Gesellschaft, ein wichtiger Bestandteil der Altersvorsorge, Und gerade auch, wenn man den internationalen Vergleich heranzieht, sind die regulatorischen Hürden eines Börsengangs für ein Unternehmen hoch.

Dennoch – der Börsengang ist für ein Unternehmen, das die entsprechende Größe mitbringt und die entscheidenden Anforderungen erfüllt,  immer noch eine der wichtigsten Alternativen zum herkömmlichen Bankkredit. Und ein Anleger kommt auf der Suche nach nennenswerter Rendite an ausgewählten Neuemissionen ebenso wenig vorbei wie grundsätzlich am Aktienmarkt. Das sollten sich beide Parteien vergegenwärtigen.

 

 

 

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