Home Digitalisierung Homeoffice im Mittelstand: Fluch oder Segen?

Homeoffice im Mittelstand: Fluch oder Segen?

von Thomas Kaufmann

Das Homeoffice wird auch nach der Corona-Pandemie ein fester Bestandteil der neuen Arbeitswelt bleiben. Zwar sind viele Unternehmen noch skeptisch, allerdings können KMU mit dem Konzept auf lange Sicht Geld sparen. Etwa indem sie Büroflächen und Energiekosten reduzieren.

Von Thomas Kaufmann

Das Homeoffice hat in den vergangenen zwei Jahren in vielen mittelständischen Unternehmen einen Schub gemacht. So arbeiten mittlerweile mehr als doppelt so viele Beschäftigte im Homeoffice als vor zwei Jahren. Trotzdem besteht noch Luft nach oben – zu diesem Schluss kommen zumindest das ifo-Institut und das Institut für angewandte Sozialwissenschaften in einer gemeinsamen Studie. Demnach könnten Firmen in Deutschland rund 56 Prozent der Arbeitsplätze zumindest teilweise ins Homeoffice verlegen. Die Realität sieht aber noch anders aus: Im Juni 2021 lag die Homeoffice-Quote bei lediglich 28 Prozent.

Auf Mitarbeiterseite erfreut sich das Konzept wachsender Beliebtheit. Immer mehr Angestellte sehen im Homeoffice eine gute Alternative zur Präsenzarbeit. Je mehr Homeoffice-Erfahrung die Befragten sammeln, desto positiver ist die Einstellung. Laut einem Report der Hans-Böckler-Stiftung würde etwa ein Drittel der Befragten gerne im Homeoffice arbeiten. Die Gründe dafür sind vielseitig. Angestellte sparen durch Heimarbeit Fahrzeiten ein. Sie können außerdem ihre Arbeitszeit freier gestalten. Allerdings fühlen sich in der Corona-Zeit auch viele Beschäftigte überlastet: Sie konnten im Homeoffice Berufliches und Privates schlechter voneinander trennen. Manche Arbeitnehmer hatten das Gefühl, ständig erreichbar zu sein. Sie vermissten zudem den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.

Verlieren Führungskräfte im Homeoffice die Kontrolle über ihr Team?

Auch die Unternehmerseite blickt teilweise kritisch auf das Homeoffice. Die Befürchtungen: Führungskräfte können die Arbeit der Beschäftigten schlechter kontrollieren, die Arbeit würde weniger effizient erledigt. Tatsächlich trifft laut der ifo-Studie aber meist das Gegenteil zu. Arbeiten im Homeoffice steigert demnach die Produktivität. Die Mitarbeitenden übernehmen mehr Verantwortung. Anstatt vorgegebene Arbeitszeit „abzusitzen“, liefern sie Ergebnisse zu vorher vereinbarten Zeitpunkten ab. Das führt zu besserem Zeitmanagement und in der Folge häufig zu effizienterer Arbeit. Allerdings fürchten gerade leistungsfähigere Mitarbeiter, durch die fehlende Präsenz bei Beförderungen nicht berücksichtigt zu werden. Sie arbeiten lieber im Büro, um dem „Aus-dem-Auge-aus-dem-Sinn-Effekt“ zu entgehen. Solchen Effekten müssen KMU effektiv entgegenarbeiten. Nur dann werden sie von den Möglichkeiten des Homeoffice profitieren.

Für mittelständische Unternehmen bedeutet die Umstellung aufs Homeoffice zunächst einmal Mehraufwand. Sie müssen nötige Arbeitsgeräte anschaffen und digitale Kommunikationskanäle einrichten. Allerdings werden die meisten Firmen nach der Krise wohl kaum gänzlich ins Büro zurückkehren. Deshalb sollten Unternehmen von Anfang an Bedingungen schaffen, mit denen sie langfristig reibungslose Arbeitsabläufe sicherstellen.

Homeoffice verspricht langfristig niedrigere Kosten und höhere Produktivität

Dazu gehören nicht nur Investitionen in die Technik. Wenn ein Teil der Mitarbeiter von zu Hause aus arbeitet, verändert das zwangsläufig die Arbeitsabläufe. Die Beschäftigten können Informationen nicht nebenher in der Kaffeeküche austauschen. Unterlagen werden nicht im zentralen Aktenschrank abgeheftet. Teamleiter und Angestellte treffen Entscheidungen nicht durch kurze Rücksprachen im Büro. Führungskräfte müssen deshalb klare Regeln festlegen: wer soll wann und was an wen kommunizieren? Welchen zentralen Kommunikationskanal sollen Mitarbeiter nutzen, damit alle Kollegen auf dem aktuellen Stand sind?

Wichtig ist zudem, Erwartungen klar zu kommunizieren. Auf diese Weise behalten Führungskräfte die Kontrolle. Gleichzeitig wissen Mitarbeiter, wo sie mehr Eigenverantwortung übernehmen müssen. So können sie den an sie gestellten Erwartungen gerecht werden.

Kurzfristig erscheinen diese Maßnahmen sehr mühselig. Langfristig sparen KMU durch Heimarbeit aber Kosten. KMU können Büromieten reduzieren und Energiekosten senken. Durch die Digitalisierung steigern sie die Effizienz ihrer Arbeitsabläufe und verbessern so ebenfalls ihre Kostenstrukturen. Natürlich eignet sich Homeoffice nicht für alle Abteilungen gleichermaßen. Es macht nur da Sinn, wo die Mitarbeitenden ebenso gute Ergebnisse wie in der Präsenzarbeit oder sogar bessere Ergebnisse erzielen.

 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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