Wer schon einmal privat eine Immobilie gekauft hat, weiß um die Fragen, die man sich zu stellen hat: Welche Möglichkeiten habe ich bei der Finanzierung? Und gibt es eigentlich andere Optionen als den Weg über die Hausbank? Bei gewerblichen Immobilien sind die Fragen prinzipiell dieselben. Auch wenn sich die Volumina und Komplexität einer solchen Transaktion in der Regel wesentlich höher darstellen als bei privaten Projekten, so gibt es dennoch Parallelen.
Zum einen eröffnen sich auch bei der Finanzierung von Immobilien im gewerblichen Bereich interessante Alternativen; die zugegeben zumeist breiter vom Angebot her sind. Und zum anderen ist es auch hier die aktuell spezielle Marktsituation der Nullzinslandschaft, vor dessen Hintergrund sich potenzielle Interessenten mit allen Möglichkeiten und ihren Besonderheiten auseinandersetzen sollten.
1. Initial Public Offering
Da wäre zum einen ein IPO, das sich in erster Linie für Bestandshalter von Immobilien und auch Asset Manager anbietet. Auf den ersten Blick eine besonders anspruchsvolle Finanzierung, müssen doch vor dem Gang aufs Parkett die Erfüllung der Rechtsform der Aktiengesellschaft gewährleistet sein und IFRS-Abschlüsse vorliegen. Auch die Anforderungen vor, während und nach der Platzierungsphase binden Kapazitäten; so ist eine aktive Betreuung des Sekundärmarkts in der Zeit nach der Emission ein Muss für die Debütanten.
Doch die Vorteile überwiegen: Eine zunehmende Unabhängigkeit von Banken, die Finanzierung des Wachstums und die erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit sind nur drei Punkte, die für den Gang aufs Parkett sprechen. Entscheidend ist aber – warum sollte es auf der Eigenkapital- anders als auf der Fremdkapitalseite sein – die Marktsituation, und diese spricht derzeit für ein IPO. Immerhin hat der Immobilienboom der vergangenen Jahre Spuren hinterlassen – die Bewertungen sind mittlerweile hoch, zudem sind nur noch wenige attraktive Portfolien im Markt vorhanden. Vor diesem Hintergrund dürften einige Investoren, um der Ertragsseite gerecht zu werden, ihren Blick auch auf neue Projektierungen richten. In diesem Umfeld sollte ein IPO – die entsprechende Größe vorausgesetzt – mit in die Wahl des richtigen Finanzierungsinstruments einbezogen werden.
2. Unternehmensanleihe
Bei den Fremdkapitalinstrumenten hat hingegen die Unternehmensanleihe einen besonderen Charme. Die Motive und Vorteile ihrer Begebung liegen auf der Hand. Als zusätzliches Finanzierungsstandbein ergänzt und optimiert ein Bond die bestehende Finanzierungsstruktur. Eine Anleihe erhält aufgrund ihres Fremdkapitalcharakters die wirtschaftliche Selbständigkeit und schafft Finanzierungs- und Planungssicherheit über ihre Laufzeit. Apropos Laufzeit: Als Alternative zu „klassischen“ Bonds mit befristeter Laufzeit bieten sich auch sogenannte Perpetuals (ewige Anleihe) an, bei denen der Schuldner das Kapital verzinst, aber nie zur Rückzahlung verpflichtet ist. Dass sich Anleihen großer Beliebtheit erfreuen, liegt auch darin begründet, dass der Roll-over vielfach unproblematischer ist, als der Mittelstandsanleihe für kleine Emissionen gemeinhin nachgesagt wird.
Die Zinsen sind ein wichtiger Aspekt, der beim möglichen Einsatz einer Unternehmensanleihe als Finanzierungsinstrument miteinbezogen werden muss: Das gilt zwar nicht zwingend für Entwickler, die höhere Zinsen eher zu verkraften vermögen, denen sich dafür aber das Problem steigender Baukosten stellt. Bestandshalter etwa sollten aber schon angesichts der zunehmenden Wahrscheinlichkeit steigender Zinsen den richtigen Zeitpunkt für einen Schuldenabbau im Blick haben.
3. Schuldscheindarlehen
Last but not least bietet sich ein Schuldscheindarlehen an. Zu den Vorteilen dieser Instrumente gehört eine kurze und einfach strukturierte Vertragsdokumentation mit gleichzeitig hoher Gestaltungsflexibilität. Bei einer Entscheidung dafür oder dagegen sollte aber wie so oft die Größe mit einbezogen werden. So bieten sich gerade für durchschnittliche Volumina, wie sie etwa bei Fertighaus- und Eigenheimbauern sowie bei Bestandshaltern benötigt werden – Vista, Helma Eigenheim und Immotime sind gute Beispiele –, entsprechende Möglichkeiten an. Schuldscheindarlehen für Projektentwickler sind dagegen erheblich komplexer, eher mit strukturierten Finanzierungen vergleichbar und daher größeren Umfangs – und sollten entsprechend im Zusammenspiel mit Pensionskassen und Versicherern gestemmt werden.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 05. Juni 2018 im Real Estate Investment Guide.
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