An diesem Dienstag eröffnet die wichtigste internationale Immobilienmesse MIPIM für vier Tage ihre Tore. An der Croisette in Cannes treffen sich die führenden Köpfe der Immobilienbranche, der Politik und Tausende Immobilieninvestoren. Nach der ratlosen und abwartenden Haltung vom Vorjahr hoffen nun Veranstalter sowie die mehr als 20.000 Teilnehmer aus rund 90 Nationen auf eine neue Aufbruchstimmung, insbesondere Immobilieninvestments. Noch ist die Immobilienkrise nicht ausgestanden, aber es gibt zunehmend positive Signale.
Schon im vergangenen Jahr war es mit der Partystimmung auf der MIPIM vorbei, von „Bier- statt Champagnerlaune“ und einer „Branche auf Entzug“ war die Rede. Wegen der schnell gestiegenen Zinsen standen viele Bauprojekte still oder ganz vor dem Aus, die hohen Baukosten und der Fachkräftemangel bremsten die Bauvorhaben zusätzlich.
Immobilieninvestments: Schwieriges Jahr 2023
Statt vieler Verkaufsgespräche und dem Werben um Investorengelder wie in den Vorjahren waren 2023 auf der MIPIM eher Käufer gefragt. Geschichten von insolventen Projektentwicklern machten die Runde – und die fallenden Immobilienpreise und die ungewisse Zinsentwicklung sorgten für Sorgenfalten bei den mehr als 22.000 Teilnehmern. Vor allen die mehr als 6.000 anwesenden Investoren fielen durch intensive Gespräche und fest geschlossene Brieftaschen auf. Der Wohnungsmarkt galt als tot und große Transaktionen fanden kaum statt. Die Investoren warteten teils ratlos, teils verhalten optimistisch auf bessere Zeiten; konkret auf eine Trendwende bei der Immobilienpreisentwicklung und ein Ende der Marktkonsolidierung.
Das Branchentreffen an der Côte d’Azur dürft in diesem Jahr erneut von einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld geprägt sein. Die Immobilienmärkte sind weltweit angespannt. Im Reich der Mitte platzt derzeit eine Immobilienblase, die Chinas Wirtschaft sowie seine ausländischen Zulieferer und damit die Weltwirtschaft insgesamt belastet. Nicht nur in Ländern wie China, Deutschland, Schweden, Großbritannien, Kanada oder Australien fallen die Immobilienpreise, weltweit belasten gestiegene Zinsen die Immobilienmärkte und sorgen für einen Rückgang der Immobilienwerte.
Hoffnung keimt auf – zumindest ein wenig
Dementsprechend war 2023 das weltweite Transaktionsvolumen im Immobiliensektor deutlich eingebrochen und ist noch immer meilenweit vom Durchschnitt der vergangenen Jahre entfernt. Auch die Pleitewelle unter den Immobilienunternehmen, Projektentwicklern und Betreibergesellschaften hält weiter an. Die Insolvenz von Rene Benkos Signa-Holding, ihrer Tochtergesellschaften sowie von Benko selbst ist da nur ein besonders prominentes Beispiel unter vielen. Im vorigen Jahr war Benkos Yacht übrigens noch die größte, die zur MIPIM in Cannes Station machte.
Dennoch sollte sich die Stimmung auf diesjährigen MIPIM ein wenig aufhellen, selbst wenn die Marktbereinigung noch nicht abgeschlossen ist. Was für neuen Optimismus spricht: Ganz allmählich nehmen die Transaktionen wieder zu. Die Deal-Meldungen werden wieder zahlreicher, immer mehr problematische Objekte wechseln den Besitzer. Zwar handelt es sich häufig um Notverkäufe hoch verschuldeter Unternehmen, allerdings sind die Investoren sehr wählerisch und übernehmen Objekte nur, wenn sie gut finanzierbar und aussichtsreich sind. Dass diese Immobilieninvestments zustande kommen und Projekte in Schieflage wieder in starke Hände übergehen, darf die Branche als gutes Omen einer fortschreitenden Marktkonsolidierung deuten.
Wenn sich die Preisvorstellungen treffen und stabilisieren, gewinnt der Kapitalmarkt wieder an Attraktivität
Neben dem strategischen Investment von H.I.G. in die The Grounds Real Estate Development AG, und deren Aussage, dass sich der deutsche Wohnimmobilienmarkt an einem Wendepunkt befindet und zahlreiche Investmentchancen bietet, stimmt außerdem hoffnungsfroh, dass sogar wieder Börsengänge von Immobilienunternehmen möglich sind. Beispielsweise kündigte die Hotelgruppe Sircle kürzlich ihren Börsengang über die SMG European Recovery SPAC SE an der Frankfurter Börse an. Die europäische Lifestyle-Hotelgruppe vereint 37 Hotels mit insgesamt 4.000 Betten in 23 Städten unter ihrem Dach – drei Viertel davon in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Das Unternehmen strebt eine Marktkapitalisierung von 250 Millionen Euro an. Sircle will mit frischem Kapital das Hotelportfolio in westeuropäischen Städten und im Mittelmeerraum deutlich ausbauen und sein gastronomisches Angebot erweitern.
Die Tatsache, dass der Kapitalmarkt selbst für die krisengeplagte Immobilienbranche wieder Chancen bietet, sollte auf der MIPIM ebenso für Optimismus sorgen, wie die Langzeitprognose von Ifo-Institut und dem Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik von Ende Juli 2023. Dafür haben die Ökonomen 1.405 Experten aus 133 Ländern nach ihren Erwartungen für die kommenden zehn Jahre befragt. Ihr Fazit: Die Experten erwarten weltweit einen jährlichen durchschnittlichen Anstieg der Immobilienpreise um neun Prozent. Für Deutschland rechnen sie mit einem Plus von 7,2 Prozent. Als Gründe dafür nennen die Ökonomen den steigenden Lebensstandard, höhere Einkommen, das verbreitete Bedürfnis nach mehr Wohnfläche sowie das weltweite Bevölkerungswachstum.
Immobilieninvestments bieten wieder Chancen
Die Steigerung der Immobilienwerte bleibt demnach ein globaler Megatrend, selbst wenn einzelne Teilmärkte mal eine Pause einlegen. Nun gilt es für Immobilienunternehmen, Projektentwickler, Betreibergesellschaften sowie für institutionelle und private Investoren, die Chancen zu nutzen, die sich aus den Bewertungsabschlägen der vergangenen eineinhalb Jahre ergeben.
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