Steigende Preise, knappe Güter – der Mittelstand hat ein neues Dauerthema. Doch wo liegen jenseits der Herausforderungen die Chancen? Wir erklären, warum die Notenbanken Unternehmen wertvolle Zeit schenken.
Die Erzeugerpreise in Deutschland kletterten im Juni um 8,5 Prozent. Das ist der stärkste Anstieg seit der Ölkrise 1982. Normalerweise schlagen steigende Erzeugerpreise auch auf die Konsumentenpreise durch. Das ruft wiederum die Gewerkschaften auf den Plan – steigende Lohnniveaus sind die Folge und die Voraussetzung für neuerlich locker sitzendes Geld. So die Theorie. In der Praxis sind sich Marktkenner und Volkswirte noch nicht so ganz einig. Während einige Analysten fürchten, dass die Inflationsdynamik aktuell sogar unterschätzt wird, bleiben andere Experten weitaus gelassener. Wohin geht also die Reise?
Vertreter aus dem Mittelstand können die Inflationsdynamik anhand des eigenen Geschäfts bestens selbst abschätzen. Während Volkswirte in großen Zusammenhängen denken und mit ihren Daten in der Regel ein wenig hinterherhinken, müssen Verantwortliche aus dem Mittelstand nur die Mitarbeiter aus dem Einkauf fragen, um die Situation bewerten zu können. Viele Grundstoffe sind aktuell knapp, deutlich teurer und in den meisten Fällen sogar beides. Hier nur einen kurzzeitigen Effekt im Zuge des Lockdowns zu sehen, könnte fatal sein. Doch wie sollten Mittelständler mit der drohenden Inflationsgefahr umgehen?
Der Kapitalmarkt bietet attraktive Alternativen
Jedes Angebot, das sich weit in die Zukunft richtet, kann in Zeiten steigender Preise ein Risiko sein. Daher ist es wichtig, sich kritische Grundstoffe rechtzeitig zu sichern und womöglich neue Zulieferer in die Lieferketten zu integrieren. Auch könnten die aufkeimenden Probleme ein Argument für Investitionen sein. Wer bestimmte Arbeitsschritte künftig selbst übernehmen kann oder größere Kapazitäten verarbeitet, kann beim Einkauf womöglich Zwischenhändler überspringen oder erhält auch unabhängig davon gute Konditionen.
Die jüngsten Äußerungen der Europäischen Zentralbank (EZB) haben schnellen Zinssteigerungen eine Absage erteilt. Wer Kapital aufnehmen will, kann von dieser neuen Planungssicherheit profitieren und über langfristige strategische Investitionen nachdenken. Neben Krediten der Bank bieten sich auch Maßnahmen am Kapitalmarkt an.
Zwar sind Börsengänge mit einigem regulatorischen Aufwand verbunden, doch sind Hidden Champions, die zudem in die Zukunft investieren, am Markt gern gesehen. Etwas weniger aufwändig ist die Emission einer Anleihe. Auch hier winken dank der anhaltenden Niedrigzinsphase gute Konditionen. Hinzu kommt, dass der Markt sowie alle an derartigen Transaktionen beteiligten gute Sparringspartner sind, wenn es darum geht, langfristige strategische Entscheidungen kritisch auf Herz und Nieren zu prüfen. Die Emission einer Anleihe macht darüber hinaus potenzielle Investoren auf ein Unternehmen aufmerksam und kann die Vorstufe eines späteren IPOs sein.
Inflation hat auch gute Seiten
Obwohl die anziehenden Preise und auch die weit verbreitete Knappheit bestimmter Roh- und Grundstoffe die Planungen für KMU erschweren, liegen in der außergewöhnlichen Situation doch auch Chancen. Die Finanzierungskonditionen sind günstig und der Markt ist in Bewegung. Wer handelt, statt zu zögern, kann in der Krise die Weichen für den langfristigen Erfolg stellen und Marktanteile gewinnen. Dafür sollte man sich vor Augen halten, dass steigende Preise ein Signal für einen wirtschaftlichen Aufschwung sind. Je schneller das Kapital zirkuliert, desto mehr bleibt bei den Unternehmen hängen, die frühzeitig die Weichen auf Wachstum und stabile Margen gestellt haben.
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Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.