Home Konjunktur Insolvenzreform: Welche neuen Regeln für angeschlagene Unternehmen gelten

Insolvenzreform: Welche neuen Regeln für angeschlagene Unternehmen gelten

von Philipp Rose

In der Corona-Krise sind zahlreiche Firmen in Schieflage geraten.  Ein neues Sanierungsrecht soll nun gegen die drohende Pleitewelle helfen. So wurde der Zeitraum, in dem eine Insolvenzantragspflicht gestellt werden kann auf sechs Wochen erweitert. Zudem können Unternehmen unter bestimmten Bedingungen nun ein Restrukturierungsprogramm einleiten.

Auf der Wirtschaft in Deutschland lastet weiterhin der Druck der Corona-Pandemie. Die Gastronomie sowie der Tourismus- und Handelssektor sind seit Monaten heruntergefahren: Hotelzimmer und Restaurant-Küchen sind leer, der Einzelhandel darf nur unter hohen Auflagen öffnen. Die Umsatzeinbrüche lasten nachhaltig auf den Betrieben, vielen Unternehmen droht die Insolvenz. Vor allem Mittelständler, die aufgrund ihrer Unternehmensgröße weniger finanzielle Ressourcen haben als große Konzerne, sind vergleichsweise stark von Insolvenzen bedroht. Die seit geraumer Zeit befürchtete Pleite-Welle bleibt derzeit nur aus, weil viele Betriebe von ihren finanziellen Rücklagen zehren konnten, der Staat sich mit Hilfskrediten an Schadensbegrenzung versucht und die Antragspflicht zur Insolvenzmeldung zeitlich immer weiter ausdehnt. Die zum Jahresanfang erlassenen Reform des Sanierungs- und Insolvenzrechts soll angeschlagenen Unternehmen noch mehr Spielraum geben.

Liquiditätsentwicklung genau beobachten

Das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) gilt seit dem 1. Januar 2021. Die neue Regelung wurde in kürzester Zeit durch den Bundestag beschlossen, da die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum Jahresende ausgelaufen wäre und eine neue Lösung schnellstens benötigt wurde. Zweck der neuen Regelung ist es, Unternehmen, die zwar überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind, zu entlasten. Vor allem Betriebe, die durch Corona in Schieflage geraten sind, sollen von dem Gesetz profitieren. Neu an dem Gesetz ist vor allem, dass Unternehmen bei drohender Zahlungsunfähigkeit zukünftig keinen Insolvenzantrag stellen müssen. Stattdessen ist die Restrukturierung Kern des neuen Vorhabens: Zentral im SanInsFoG ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG).

Angeschlagene Firmen, denen innerhalb der kommenden 2 Jahre Zahlungsunfähigkeit droht, können eine Restrukturierung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens beantragen. Liegt jedoch bereits eine Zahlungsunfähigkeit vor oder ist dies in den nächsten 12 Monaten absehbar, dann entfällt die für das Sanierungsprogramm notwendige positive Fortbestehungsprognose. Unternehmen bleibt dann nur der Insolvenzantrag. Eine neue Regelung gibt es auch für die Insolvenzantragspflicht. Diese wird bis Ende April 2021 für Unternehmen ausgesetzt, die Anspruch auf die November- und Dezemberhilfen hatten. Geschäftsführer sollten aber auch hier beachten, dass das Aussetzen der Antragspflicht nur für Unternehmen gilt, bei denen ersichtlich ist, dass die Hilfen dazu beitragen, die Insolvenz tatsächlich abzuwenden. Geschäftsführende sollten daher die Entwicklung der Liquidität ihres Unternehmens genau beobachten und gegebenenfalls frühzeitig eine Restrukturierung einleiten.

Geschäftsführer müssen Gläubigerinteressen wahren

Beim Restrukturierungsverfahren gilt es drei zentrale Regelungen zu beachten:

  • Das Sanierungsverfahren ist auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchsetzbar. Entscheidend ist jedoch, dass eine Zweidrittelmehrheit der Gläubiger den Restrukturierungsplan bestätigt.
  • Auch wenn ein Teil der Gläubiger übergangen werden kann, stehen die Gläubigerinteressen insgesamt weiter im Mittelpunkt des Geschäfts. Die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger müssen also weiterhin berücksichtigt werden.
  • Der Zeitraum der Insolvenzantragspflicht wird von drei auf sechs Wochen erweitert.

 

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