Auf dem Radar potenzieller Investoren zu erscheinen und auch zu bleiben, ist angesichts der zahlreichen Investmentmöglichkeiten am Kapitalmarkt für die Investor Relations-Abteilungen der Aktiengesellschaften eine stetige Herausforderung. Vor allem mittelständische AGs sollten die Investor Relations-Arbeit nicht vernachlässigen – im Gegenteil.
Die Start-up-Szene boomt – ein Satz, mit dem seit vielen Jahren die Titelzeilen zahlreicher Wirtschaftsmedien tapeziert sind. Das macht ihn natürlich nicht weniger wahr. Ein Gründer, der die entscheidende Lücke im Angebot vor allen anderen sieht: Aus Geschichten wie diesen entstehen die Unternehmen, die heute den starken deutschen Mittelstand ausmachen.
Gründer sind wichtig und großartig für die heimische Wirtschaft, bedeuten aber gleichzeitig für bestehende Unternehmen natürlich mehr Konkurrenz – bei den Kunden und auch am Kapitalmarkt. Zwar sind deutsche KMU nicht so sehr auf möglichst grenzenloses Wachstum angewiesen wie die Tech-Start-ups aus dem Silicon Valley. Trotzdem braucht es zu jeder Idee, deren Zeit gekommen ist, immer auch das Geld für die Umsetzung. Und dafür sind Investoren notwendig, deren Unterstützung gewonnen – und vor allem – gehalten werden will.
Investor Relations: Besser in Eigenregie
Für die Zeit rund um den Börsengang ist es durchaus sinnvoll, auf externe Dienstleister zurückzugreifen – schließlich ist das eine ganz neue Welt, mit der das Gros der Unternehmen noch nie in Kontakt gekommen ist. Vor allem in rechtlichen Fragen ändert sich einiges, neue Strukturen müssen geschaffen werden – und es braucht natürlich Investoren, die die Papiere auch kaufen. Sobald das aber überstanden ist, ist es an der Zeit, die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen: Anders als die klassische Kundenwerbung lässt sich die Investor Relations-Arbeit nicht gut auslagern. Es geht ja um ein Vertrauensverhältnis, oft kann es da sogar ratsam sein, die Aufgaben im Vorstand selbst zu erledigen. Investoren müssen spüren, dass sie ernst genommen werden, dass ihr Einsatz wertgeschätzt wird. Unmittelbarkeit ist hier absolut zentral.
Das geht natürlich über die Klassiker, die für die meisten Unternehmen immer noch die größte Rolle spielen: Investorenkonferenzen, Hauptversammlungen und Geschäftsberichte, seit einigen Jahren auch der Nachhaltigkeitsbericht. Sie sind effektiv und verlässlich. Immer neue Medien sind gleichzeitig auch neue Kanäle, auf denen Unternehmen mit ihren Geldgebern in Kontakt treten können. Das geht seit langem schon per Telefonkonferenz – inzwischen dank Internet-Übertragung auch inklusive Bild. Auch der Geschäftsbericht ist in der Regel online abrufbar. Es ist im Laufe der Zeit deutlich komfortabler geworden, Investor zu sein.
Mit jedem dieser Schritte geht aber natürlich auch Unmittelbarkeit verloren: Es hat eine andere Überzeugungskraft, wenn Sie Ihren Geldgebern ins Gesicht schauen und die neue Konzernstrategie erläutern. Auch gibt es gegen das Internet immer wieder Seriositätsbedenken. Jüngst hinzugekommen und rasant wachsend rücken die sozialen Medien in den Blickpunkt: Sie gelten als schnelllebige Lifestyle-Plattformen, die mit den Werten eines guten Investors und eines stabilen Unternehmens wenig zu tun haben.
Investor Relations und Neue Medien: Gewusst wie
Doch genau mit diesen Gedanken biegt der zukunftsorientierte Unternehmer falsch ab. Denn wer sich die heranwachsende Generation junger Erwachsener ansieht, merkt schnell: Plattformen wie Instagram und Twitter stehen für eine neue Art der Kommunikation, die vielleicht nicht leicht zu verstehen ist – die aber sicherlich nicht einfach wieder von der Bildfläche verschwindet. Wer will, dass diese Generation ihr Geld in deutsche Unternehmen investiert, muss sie erreichen. Über Finanzmagazine und Konferenzen in der Stadthalle wird das kaum funktionieren.
Dabei lässt es sich aber natürlich auch leicht ins Fettnäpfchen treten. Die Liste mit den Beispielen alteingesessener Unternehmen, die sich mit ihren pseudo-hippen Social Media-Ausrutschern für die junge Generation unmöglich gemacht haben, ist lang und nicht eben ruhmreich. Das ist tatsächlich die einzige Option, die noch schlechter ist, als soziale Medien gar nicht zu bespielen: Sie nur zu nutzen, um zu zeigen, dass man es lieber gelassen hätte.
Die Mischung macht´s
Die richtige Strategie lautet daher, sich einen Fachmann oder eine Fachfrau ins Haus zu holen. Jedes große Unternehmen hat Social Media-Manager, wenn auch meist eher für die Öffentlichkeitsarbeit auf Kundenseite. Doch so wie der Vorstand, der eine Analystenkonferenz vorbereitet, sich zuvor mit der Investor Relations-Abteilung berät, sollte er dies an anderer Stelle auch mit dem Social Media-Experten tun. Wenn es noch keinen gibt, ist es ohnehin an der Zeit, ihn einzustellen. Nur so kann aus einer Kombination aus seriösem Wirtschaftsverstand auf der einen und Expertise in der Außendarstellung in neuen Medien auf der anderen Seite eine auch für die Investor-Relations-Beziehungen fruchtbare Strategie entstehen.
Natürlich werden auch die jungen Neu-Investoren bald Geschäftsberichte lesen müssen, wenn sie mit ihrem Geld richtig umgehen wollen. Und auch Investorenkonferenzen und Hauptversammlungen werden sie wohl eines Tages besuchen. Schließlich kann per Facebook-Voting in einer geschlossenen Investoren-Chatgruppe nicht über die Entlastung des Vorstandes entschieden werden. Hier sind die bewährten Kanäle unabdingbar.
Doch für die Werbung und Betreuung von jungen Investoren ist eine Internetpräsenz auch in den sozialen Medien für beinahe alle Unternehmen relevant – und oft gar nicht klar von der Kundenwerbung und -bindung zu trennen. In den modernen Medien verschwimmen nicht nur die Grenzen von Privatem und Öffentlichem, von Meinung und Werbung – sondern auch von Kunde und Investor. Fangen Sie also besser heute als morgen damit an. Denn wer die Macht dieser Plattformen unterschätzt, wird es seinem Unternehmen eventuell unnötig schwer machen.
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