Für den Mittelstand ist ein IPO eine attraktive Finanzierungsalternative – Unberechenbarkeiten, Handelskonflikten und geopolitischen Krisen zum Trotz.
Dass die Welt zurzeit besonders ruhig ist, und damit das Umfeld für den Kapitalmarkt grundsätzlich ein gutes, lässt sich eigentlich nicht ernsthaft behaupten. Konflikte und Turbulenzen allenthalben, sowohl geopolitischer als auch wirtschaftlicher Natur, machen die Anleger nervös und halten die Aktienbörsen in Bewegung – im Wochentakt geht es mal rauf und mal runter. Die Unberechenbarkeit einiger der einflussreichsten Politiker unserer Zeit lässt kaum Atempausen zu. Handelsstreitigkeiten und Strafzölle sind dabei nur zwei der Themen, die das Potenzial haben, nachhaltig auf den Märkten zu lasten.
Interesse an Neuemissionen
Und dennoch sind die Rahmenbedingungen für Börsengänge gar nicht so übel, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Zwar ziehen die Zinsen in den USA langsam, aber sicher wieder an. Doch das Zinsniveau in weiten Teilen der Welt, speziell auch in Europa, ist nach wie vor so niedrig, dass es den Aktienmärkten in die Karten spielt. Die erste Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank ist frühestens im Sommer 2019 zu erwarten. Hinzu kommt: Anlagealternativen sind rar, und wer auf der Suche nach einer attraktiven Rendite ist, kommt an DAX und Co kaum noch vorbei. Das gilt auch und gerade für institutionelle Investoren. Entsprechend groß ist deren Interesse an Neuemissionen.
Argumente für den Börsengang
Ein IPO (Initial Public Offering) macht aber nicht nur wegen der aktuell niedrigen Zinsen Sinn: Erst einmal entfällt bei einem Börsengang das Klumpenrisiko – es gibt bei einer Aktiengesellschaft anders als bei anderen Rechtsformen keinen einzelnen mächtigen Gesellschafter mehr, der den für das operative Geschäft Verantwortlichen reinreden könnte. Dann verspricht ein Börsengang eine vergleichsweise attraktive Bewertung. Und nicht zuletzt ist dem Unternehmen mit einer Börsennotiz eine wesentlich höhere öffentliche Aufmerksamkeit garantiert.
IPO im Mittelstand: Ideale Börsenaspiranten
Diese Pluspunkte sollten sich auch Mittelständler vor Augen führen. Schließlich gelten vor dem Hintergrund von Basel III verschärfte Vorschriften für Banken, die zum einen die Kreditvergabe restriktiver gemacht, damit zum anderen aber auch die Zahl der Optionen für mittelständische Unternehmen deutlich verringert hat.
Dass sich der Mittelstand an der Börse durchaus gut schlagen kann, zeigen nicht zuletzt die Indizes MDAX und SDAX. Viele der notierten Unternehmen weisen die Strukturen klassischer Mittelständler auf. Sie sind in Familienbesitz beziehungsweise inhabergeführt, und das spiegelt sich auch in der Unternehmenskultur wider: Kurzfristige Trends stehen bei diesen Firmen selten im Mittelpunkt, die lange Sicht ist für die Verantwortlichen die entscheidende. Darüber hinaus sind die Unternehmenslenker beweglicher, Entscheidungen müssen nicht wie etwa bei einem DAX-Konzern diverse Gremien durchlaufen. Dass Börsianer dies goutieren, lässt sich unter anderem an einer nachhaltigeren Performance von MDAX und SDAX festmachen.
Doch Vorsicht: Für den Mittelstand ist ein IPO ist kein Selbstläufer, die Anforderungen sind hoch – eine gute Vorbereitung ist ein Muss. So sind etwa für die Auswahl des richtigen Börsensegments verschiedene Kriterien entscheidend. Dass Unternehmen im Jahr 2018 eine größere Auswahl haben, liegt unter anderem auch am Wachstumssegment Scale, das für einen belebenden Impuls gesorgt hat, gerade weil es sich an eher kleinere Emittenten richtet.
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