In Deutschland gab es in diesem Jahr deutlich mehr Emissionen als 2019 – und das obwohl einige Neuzeichnungen wegen Corona sogar verschoben wurden. An der Frankfurter Börse dürfte das nächste Jahr daher spannend werden, immerhin stehen die ersten IPO-Kandidaten schon in den Startlöchern. Wie es richtig geht, zeigen die USA: Dort feierten IPOs dieses Jahr einen Rekord nach dem anderen.
Nach der IPO-Flaute 2019 hofften viele Investoren in Deutschland auf bessere Aussichten in diesem Jahr. Mehr IPOs mit hoher Zeichnung sollten für den schlechten Output im Jahr zuvor entschädigen. Die Rechnung ging aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nur teilweise auf. Zwar stieg die Zahl der Börsengänge von vier auf sechs, dafür reduzierte sich aber das Emissionsvolumen deutlich. Kein Wunder: Nach wie vor sind Anleger wegen der Corona-Pandemie nervös. Doch nicht überall sieht es finster aus. Ein Blick in die USA zeigt: Die Amerikaner feiern in diesem Jahr Börsen-Rekorde. Zahlreiche milliardenschwere IPOs signalisieren, dass der Markt für Neuzugänge trotz Corona in anderen Ländern quicklebendig ist.
Rekordjahr an der Börse in New York
In den USA haben IPOs zum Jahresende ordentlich aufgedreht und alle Rekorde aus den vergangenen Jahrzehnten gebrochen. Das liegt vor allem an zwei milliardenschweren Neuzugängen. Die Apartment-Plattform Airbnb konnte den angepeilten Kurs beim Börsengang am 10. Dezember mehr als verdoppeln und so mehr als 100 Milliarden Dollar einsammeln. Dabei hatte die New Yorker Börse bereits vor diesem Mega-IPO allen Grund zum Feiern gehabt: Erst einen Tag zuvor hatte der Lieferdienst DoorDash einen fulminanten Start hingelegt. Die Aktie des Essensauslieferers war zum Börsenstart direkt um mehr als 75 Prozent gestiegen. Insgesamt konnte das Unternehmen so fast 3,4 Milliarden Dollar einsammeln.
Bisher konnten amerikanische Unternehmen bei Börsengängen im laufenden Jahr schon mehr als 167 Milliarden Dollar einsammeln – so viel wie nie zuvor. Das kommende Jahr hält zudem spannende potenzielle Neuzugänge bereit. Mit dem Raumfahrt-Unternehmen SpaceX, dem Payment-Anbieter Stripe, Autonom-Fahrzeughersteller Waymo und dem Lebensmittellieferanten Instacart warten bereits die nächsten milliardenschweren Neuzugänge auf ihren Börsenstart.
Börsenstarts in Deutschland durchwachsen
In Deutschland schauen Anleger daher zurecht etwas neidisch auf die andere Seite des Atlantiks. Zwar gab es dieses Jahr mehr IPOs als 2019, aber richtig zünden wollte das Kursfeuerwerk nicht. Das lag zum einen an Verschiebungen: Sowohl thyssenkrupp, als auch Continental und BASF zogen den Börsengang ihrer Unternehmenstöchter zurück. Anders sah es bei Siemens aus: Der Konzern sorgte mit Siemens Energy für spannenden Neuzuwachs an der Börse.
Mit Exasol, Brockhaus Capital Management, Pharma SGP, Knaus Tabbert und Hensoldt gab es dieses Jahr weitere – mal mehr mal weniger – erfolgreiche Emissionen. Während Siemens Energy und Exasol gute Gewinne mit ihrer Erstnotiz machten, sah es für die anderen Neuzugänge weniger rosig aus. Bei einigen liefen die Kurse seitwärts, bei Pharma SGP mussten Anleger herbe Verluste hinnehmen.
Corona nicht alleiniger Grund
Gründe für die schwachen Starts an der deutschen Börse sind auf den ersten Blick schnell gefunden: Corona und die Verunsicherung am Markt haben viele Investoren abgeschreckt. Länder wie die USA feiern jedoch Rekorde – die Corona-Pandemie kann also nicht alleiniger Grund für die schwachen Starts an der deutschen Börse sein. Es gibt auch strukturelle Gründe: Insgesamt mangelt es dem heimischen Markt an Neuzugängen aus zukunftsweisenden Branchen wie E-Mobilität, Biotech und Hochtechnologie. Hierbei muss die Politik auch die richtigen Weichen stellen, um die Rahmenbedingungen für Neuzugänge an der Börse attraktiver zu gestalten und den Börsenplatz Deutschland für Investoren weiter zu öffnen.
Spannende IPO-Kandidaten für 2021
Dabei ist es um das Börsenumfeld in Deutschland gar nicht schlecht bestellt. Zwar sind die Kurse im langfristigen Vergleich wegen der Corona-Pandemie weitaus volatiler als bisher gewohnt. Doch dürften sich die Märkte mit einer stärkeren Bekämpfung der Pandemie im kommenden Jahr deutlich entspannter zeigen. Investoren dürften sich dann 2021 doppelt freuen: Zum einen nehmen unvorhersehbare Kursschwankungen weiter ab, zum anderen ist die Pipeline an möglichen IPOs prall gefüllt. Unter anderem liebäugeln der Wissenschaftsverlag Springer Nature, der Softwareentwickler Suse und der Modehändler About You mit einem IPO.
IPO gibt KMU mehr Handlungsmöglichkeiten
Ein IPO bleibt eine spannende Möglichkeit der Mittelstandsfinanzierung: Denn Investoren sind dank Niedrigzins-Politik weiter auf der Suche nach attraktiven Anlagemöglichkeiten. KMU sind unabhängiger, da keine mächtigen Gesellschafter beim operativen Geschäft Einfluss nehmen können. Gleichzeitig steigert der Schritt auf das Börsenparkett in der Regel die Bewertung des Unternehmens und sorgt für positive Publicity. Auch wenn manches Unternehmen noch den Sprung ins kalte Wasser scheut, kann sich bereits ein „IPO-Light“ lohnen. Bereits das Listing an der Börse kann den Bekanntheitsgrad steigern und Aufmerksamkeit erregen.
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