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IPO-Jahr 2022: Schwacher Auftakt nach Rekordjahr

von Thomas Kaufmann

2022 war bislang kein starkes IPO-Jahr. Nach einem noch vielversprechenden Auftakt brach die Zahl der Börsengänge nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine massiv ein. Der positive Trend des Vorjahres, das eine Rekordzahl an IPOs gebracht hatte, fand damit ein jähes Ende.

Von Thomas Kaufmann

2021 war ein IPO-Jahr der Rekorde. Nach der Corona-Flaute wagten sich so viele deutsche Unternehmen auf das Parkett der Wertpapierbörsen wie seit 20 Jahren nicht: Insgesamt gab es 30 IPOs, davon allein 22 an deutschen Börsen. Insgesamt spülten Börsengänge mehr als 11 Milliarden Euro in die Kassen der Unternehmen. Diese Entwicklung hat sich 2022 leider nicht dauerhaft fortgesetzt.

Infolge der Unsicherheiten durch den Ukraine-Krieg wurden viele geplante Börsengänge vorerst nicht vollzogen. Diese Entwicklung hat das traditionell eher schwache erste Quartal zusätzlich gedämpft. Laut IPO-Barometer des Wirtschaftsberatungsunternehmens Ernst & Young (EY) gab es mit drei Börsengängen operativer Unternehmen und der Emission einer Mantelgesellschaft im Frühjahr nur vier Erstnotizen, davon je zwei an deutschen Börsen und zwei international.

Keine Rekorde wie im IPO-Jahr 2021

Mit der Ausgabe des FinTechs BoerseGo AG an der Münchener Börse wurde im ersten Halbjahr ein einziges klassisches IPO eines deutschen Unternehmens verzeichnet. Im Regulierten Markt der Frankfurter Börse notiert seit Ende Januar unter dem Namen 468 SPAC II SE eine neue Mantelgesellschaft, die in ein europäisches Unternehmen aus den Bereichen Verbrauchertechnologie, Software und künstliche Intelligenz investieren möchte.

Weitere Börsenneulinge zogen ihrerseits den Start unter dem Mantel anderer Gesellschaften vor. So gingen die Hamburger von Rebelle.com, einem Online-Marktplatz für Second Hand-Designermode, über eine schwedische Holding in Stockholm an die Börse. Das Berliner Recyclingunternehmen Cabka wagte sich mithilfe eines niederländischen SPAC in  Amsterdam aufs Handelsparkett.

Nur wenige Börsengänge wie geplant umgesetzt

Im zweiten Quartal setzte sich diese Entwicklung fort. Laut Emissionsmarkt Deutschland der Wirtschaftsprüfer von PwC zogen lediglich zwei Unternehmen ihre Börsenpläne durch, nämlich SMG European Recovery SPAC SE, eine auf Immobilien spezialisierte Mantelgesellschaft, sowie EV Digital Invest AG, die Online-Plattform des Immobilienunternehmens Engel & Völkers. Beide IPOs zusammen spielten 121 Millionen Euro ein. Das Rekordjahr 2021 brachte es im gleichen Zeitraum mit zehn Börsengängen auf rund 4 Milliarden Euro. Und sogar im Q2 des ersten Pandemiejahres 2020 lagen die IPO-Erlöse mit 241 Millionen Euro etwa doppelt so hoch.

Vor diesem Hintergrund sind die Finanzmarkt-Experten mit ihren Prognosen für den weiteren Verlauf des IPO-Jahres 2022 eher zurückhaltend. Im Wesentlichen hängt das weitere Geschehen davon ab, wie sich der Ukraine-Krieg entwickelt. Aber auch die hohe Inflation, die stark gestiegenen Rohstoffpreise und die Zinswende trüben die Stimmung. Dennoch bereiten sich derzeit wohl mehrere IPO-Kandidaten auf einen Börsengang nach der Sommerpause vor. Vorausgesetzt, das Umfeld entwickelt sich positiv, und es öffnet sich ein Zeitfenster, in dem Börsengänge wieder erfolgversprechend sind.

Namhafte Börsenkandidaten für das zweite Halbjahr

Wenn es so kommt, könnten einige namhafte Unternehmen dieses Jahr noch an die Börse gehen. Laut einer Auflistung der Börse Stuttgart planen vor allem Anbieter virtueller Plattformen 2022 weiterhin ein IPO, wie die Online-Jobplattform Stepstone, der Cloud-Anbieter Ionos, das Dating-Portal Parship und der Modehändler Best Secret. Aber auch Unternehmen aus klassischen Branchen, wie der Arzneimittel-Hersteller Cheplapharm sowie der Medizintechnik-Produzent Ottobock, stehen noch auf dem Zettel der erwarteten Börsenaspiranten zusammen mit dem vielleicht renommiertesten deutschen Kandidaten Porsche.

Auch international kann sich das Line-up sehen lassen. Unter anderem wird der Börsengang von Impossible Foods, eines Herstellers veganer Fleischersatzprodukte, des E-Scooter-Vermieters Lime und des Social Media-Aggregators Reddit erwartet. Allerdings haben die genannten Kandidaten bislang keinen konkreten Emissionstermin festgelegt. Gleichzeitig ist ein Ende der aktuellen Krise noch nicht abzusehen. Es bleibt also spannend, wie sich das laufende IPO-Jahr noch entwickelt.

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