In einer neuen Beitrags-Serie erklären die Kapitalmarkt-Experten von der Quirin Privatbank Schritt für Schritt wie ein Initial Public Offering (IPO) abläuft. Von den Vorbereitungen bis hin zum Start auf dem Börsenparkett erfahren Kapitalmarktinteressierte Unternehmen, worauf es bei einem IPO ankommt. Im ersten Beitrag erklärt Carsten Peter, Direktor Corporate Finance bei der Quirin Privatbank, warum sich ein IPO für Mittelständler lohnt und welche Aufgaben und Herausforderungen auf Unternehmen am Anfang zukommen.
Herr Peter, ein IPO ist für viele Mittelständler eine gefragte Finanzierungsmöglichkeit. Warum entscheiden sich kleine und mittlere Unternehmen für ein Listing an der Börse?
Carsten Peter: In der Regel streben Unternehmen einen Börsengang an, weil sie Eigenkapital brauchen um Investitionen durchzuführen. Für ein IPO sprechen dabei gleich mehrere Gründe. Mit dem Schritt auf das Börsenparkett machen sich Unternehmen weniger abhängig von ihrer Hausbank und eröffnen sich durch eine breitere Aufstellung bei der Finanzierung eine bessere Position in zukünftigen Kreditverhandlungen. Da Investoren dank der Niedrigzins-Politik weiter auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten sind, ergeben sich für viele Unternehmen derzeit attraktive Bewertungen. Gleichzeitig sorgt der Schritt auf das Börsenparkett meist für positive Publicity. Bereits das Listing an der Börse kann den Bekanntheitsgrad steigern und Aufmerksamkeit erzeugen.
Gerade jetzt wo die Wirtschaft wieder in eine Erholungsphase tritt, planen mehr Unternehmen ein Listing an der Börse. Was sind die ersten Schritte auf dem Weg zu einem erfolgreichen IPO?
Ein IPO ist ein komplexer Prozess, der bereits im Vorfeld viel Vorbereitung erfordert. Das gilt nicht nur für das Unternehmen, sondern vor allem auch für die Bank, deren IPO-Berater den Börsengang planen und vorbereiten. Bei der Quirin Privatbank spielen hierbei alle Teams eine entscheidende Rolle. Wir überprüfen unter anderem die Börsenfähigkeit des Unternehmens und führen ausführliche SWOT-Analysen und Peergroup-Bewertungen durch. Natürlich werden auch der Markt und zukünftige Wachstumschancen intensiv unter die Lupe genommen. Am Ende erarbeiten wir daraus eine Bewertung, die den möglichen Emissionspreis widerspiegelt. Zudem erstellen wir eine IPO-Präsentation für Investorengespräche, in der wir alle Investment Highlights auf den Punkt bringen.
Welche Aufgaben kommen auf das Unternehmen bei der Planung zu?
Natürlich müssen alle relevanten Zahlen wie etwa Jahresabschlüsse vorliegen. Darüber hinaus muss sich der zukünftige Emittent um die Erstellung des Wertpapierprospekts kümmern. Hierzu gehören beispielsweise die Finanzzahlen, Informationen zur Geschäftstätigkeit, Risiken und Marktbewertungen sowie Infos zum Management. Dieser Prozess ist aufwändig und muss sorgfältig geprüft werden. Natürlich stehen wir Unternehmen, die ein IPO anstreben, hierbei beratend zur Seite.
Wo ergeben sich in der Anfangsphase die größten Herausforderungen?
Manche Unternehmen wollen gerne ein IPO, sind aber noch nicht so weit, den Schritt auf das Börsenparkett hinzulegen. Das gilt vor allem für junge Unternehmen, die gerade mit ersten Produkten und Dienstleistungen an den Markt gegangen sind. Hier kommen mitunter erstmal andere Finanzierungsalternativen infrage. Gleiches gilt für stark überschuldete Unternehmen – hier muss die Kapitalaufstellung stimmen, bevor ein IPO in Angriff genommen wird.
Darüber hinaus ist es immer eine Frage der Balance die richtige Bewertung für ein Unternehmen zu finden. Ist das Unternehmen zu hoch bewertet, schreckt man viele Investoren ab. Es ist daher wichtig eine attraktive Bewertung zu ermitteln, die gleichzeitig eine realitätsnahe Markteinschätzung widerspiegelt.
Zudem versuchen wir als Berater gleich am Anfang mit Vorurteilen aufzuräumen. Manche Geschäftsführer sind etwa überzeugt, dass sie durch ein IPO auch einen Teil ihrer Entscheidungsmöglichkeiten an die Börse abgeben. Das ist aber nicht der Fall. An die Börse zu gehen heißt nicht, dass jeder Aktionär jetzt auch ins Tagesgeschäft reinreden kann. Unternehmen verfolgen eine Strategie, die meist schon Jahre im Voraus geplant wird. Daran ändert auch ein Börsengang nichts.
Welche Kosten und wie viel Zeit sollten Unternehmen für ein IPO einplanen?
Wenn alles rund läuft dauert es rund sechs bis sieben Monate bis das Unternehmen an der Börse starten kann. Wenn die Marktlage nicht stimmt – so wie es während der Corona-Pandemie anfangs der Fall war – kann sich der Prozess aber auch verzögern. Dann wartet man besser ab, bis sich ein günstiger Einstiegsmoment ergibt. Durchschnittlich dauert ein IPO daher von der Planung bis zur Emission rund ein Jahr. Die Kosten des IPOs hängen dabei vom Volumen der Emission ab. In der Regel belaufen sich die Kosten auf acht bis zehn Prozent des Emissionsvolumens.
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