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KMU brauchen mehr Widerstandsfähigkeit gegen Phasen hoher Inflation

von Lieselotte Hasselhoff
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Die Inflation ist deutlich gesunken, allerdings liegt sie noch immer über dem Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanken. Insgesamt dürften die Inflationsrisiken auch in Zukunft höher bleiben als im vorigen Jahrzehnt. Gerade KMU sollten ihre Inflationsresilienz verbessern.

von Carsten Peter

Die Börse und insbesondere die Technologie-Werte feiern bereits künftige Zinssenkungen durch die Notenbanken, doch bei den jüngsten Zinsentscheidungen bremsten die Währungshüter die Euphorie: Noch sei es zu früh für Zinssenkungen, da das Inflationsziel von zwei Prozent noch nicht erreicht sei. In der Eurozone liegt die Teuerungsrate im Januar bei 2,8 Prozent. Im Dezember war sie nach mehreren Rückgängen in Folge wieder etwas gestiegen, in Deutschland etwa von 3,2 auf 3,7 Prozent. Die Inflationszahlen zeigen auch, dass es trotz gemeinsamer Währung zwischen den Euro-Ländern deutliche Unterschiede in der Preisentwicklung gibt. Inflation bleibt damit ein Dauerthema, dass die Wirtschaft unter Druck setzt. Zudem kann sie auch jederzeit wieder rasant steigen, wenn neue Krisen die sonst stabilen Rahmenbedingungen ins Wanken bringen. 

Vor allem den Mittelstand treffen hohe Inflationsraten hart, weil sie im Gegensatz zu Großunternehmen und börsennotierten Konzernen eher selten über hohe Rücklagen verfügen, kaum Finanzierungsalternativen vorhanden sind und sie nicht die Preissetzungsmacht haben, um die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ist es daher besonders wichtig, die nötige Widerstandsfähigkeit aufzubauen, um eine nächste mögliche Hochinflationsphase überstehen zu können. Inflationsresilienz sollte für sie unbedingt zur Unternehmensstrategie gehören.

Krisen und Katastrophen lassen die Inflation steigen

Dass wir hierzulande eine sehr lange Phase niedriger Inflationsraten hatten, war nämlich nach Ansicht von Experten einer glücklichen Konstellation geschuldet: Die Globalisierung mit ihren sinkenden Produktionskosten, die Digitalisierung mit ihren Effizienzgewinnen, das Ausbleiben großer Krisen und Katastrophen sowie die politische und wirtschaftliche Stabilität der westlichen Industrieländer haben dafür gesorgt, dass die Preise nur langsam anstiegen. Ein so günstiges Zusammentreffen vieler positiver Faktoren ist allerdings historisch betrachtet eine seltene Ausnahme.

Inzwischen sind die Rahmenbedingungen für niedrige Inflationsraten nicht mehr vorhanden: Die Kriege in der Ukraine und in Gaza bringen unkalkulierbare Risiken mit sich, die Globalisierung ist auf dem Rückzug, die Digitalisierung schreitet nur langsam voran und zunehmendes gesellschaftliches Ungleichgewicht sind keine guten Faktoren für eine stabile Weltwirtschaft. Daneben treiben langfristige Entwicklungen und politische Entscheidungen die Teuerungsrate weiter an: Die Überalterung der Bevölkerung bei gleichzeitig sinkendem Anteil der Erwerbsbevölkerung wirkt ebenso inflationsfördernd wie die hohen Investitionen in Klima- und Energiewende. Der starke Inflationsschub in den vergangenen 18 Monaten hat bereits gezeigt, dass sich Unternehmen besser vorbereiten sollten, wenn sie in solch einer Phase nicht die Zahlungsunfähigkeit riskieren wollen.

Ein Immunsystem gegen die Inflation

Doch wie erreicht ein mittelständisches Unternehmen Inflationsresilienz?

Springt die Inflation kurzfristig steil in die Höhe, ist zunächst die Liquidität entscheidend, damit ein Unternehmen weiterhin seine Rechnungen begleichen kann. Kurzfristig können Unternehmen Liquiditätsengpässe mit geeigneten Maßnahmen wie etwa Factoring beheben, mittel- bis langfristig aber sollte die Liquiditätssicherung Teil der Unternehmensstrategie werden. Dazu gehört beispielsweise auch, Lagerhaltung und Liquidität vorausschauend zu managen. Generell ist es in Zeiten gestiegener Inflationsrisiken empfehlenswert, die Unternehmensfinanzierung auf ein solides Fundament zu stellen und finanzielle Substanz aufzubauen – auch durch geeignete Alternativen zum Bankkredit.

Gegebenenfalls kann es sogar sinnvoll sein, das Geschäftsmodell zu prüfen und es zu erweitern oder umzustellen. Denn nicht alle Branchen sind in gleichem Umfang von Inflation betroffen. Als klassische Inflationsverlierer gelten etwa Produkte mit hohen immateriellen Preisbestandteilen wie beispielsweise einer renommierten Marke oder Produkte mit Patent- und Lizenzrechten.

Vor allem schnelllebige Konsumgüter wie Kleidung und Lebensmittel bekommen bei hoher Inflation die Zurückhaltung der Verbraucher zu spüren, weil diese lieber auf einen Kauf verzichten oder auf günstigere Handelsmarken sowie No-Name-Produkte ausweichen. Ähnlich verhält es sich mit Produkten, die einem ethischen Anspruch genügen sollen. Bio-Produkte beispielsweise litten in der jüngsten Inflationswelle unter starkem Nachfragerückgang, viele Bioläden rutschten in die Insolvenz. Besonders junge Unternehmen, die noch nicht lange am Markt sind, haben mit der allgemeinen Preissteigerung zu kämpfen.

Stabile Erträge trotz steigender Preise

Mittelständische Unternehmen, die langlebige Waren herstellen und verkaufen, sind hingegen weniger stark von der Inflation betroffen. Gleiches gilt für Mittelständler mit hohem Exportanteil, möglichst auch außerhalb des Euro-Raumes. Wenn nur noch ein Teil des Geschäfts von der heimischen Inflation betroffen ist, bleiben die Erträge des Unternehmens deutlich stabiler.

Idealerweise ist das Geschäftsmodell so flexibel, dass das Unternehmen kurzfristig auf andere Produkte mit stabiler Nachfrage ausweichen kann. Mittelständler, die noch Möglichkeiten haben, die Kosten zu senken, sollten ebenfalls weniger unter Inflationswellen leiden. Je gefestigter die Marktposition, umso resilienter sind Unternehmen gegen die Inflation. Eine lokale Verankerung oder ein spezialisiertes Produkt- und Dienstleistungsangebot können dabei helfen, die eigene Marktposition zu stärken.

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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