Home Finanzierung Exportrisiken im Mittelstand: Bund will KMU bei Small Tickets unterstützen

Exportrisiken im Mittelstand: Bund will KMU bei Small Tickets unterstützen

von Lieselotte Hasselhoff

10 Prozent aller deutschen Firmen exportieren Waren ins Ausland, eine große Mehrheit von ihnen sind mittelständische Unternehmen. Trotzdem sind viele KMU bei ihren Auslandsgeschäften zurückhaltend, denn ihnen fehlt die nötige Absicherung von Exportrisiken. Mit einer neuen Regelung will der Bund nun unterstützend eingreifen.

 
 

KMU, die Geschäfte im Ausland tätigen, gehen stets gewisse Risiken ein. Je nach politischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Lage in den Zielländern müssen die Unternehmen bis zu einem gewissen Grad auf Zahlungsverzögerungen, Zahlungsausfälle oder andere Verluste eingestellt sein. Absichern können sich die Unternehmen mithilfe von Exportkrediten und Bürgschaften.

Doch angesichts der bisherigen politischen Rahmenbedingungen sind diese insbesondere für KMU oft schwer zu bekommen. Dabei ist eine effektive Risikoabsicherung Grundvoraussetzung für vielfältige und breit aufgestellte Handelsbeziehungen. Mit einem neuen Instrument will die Ampel-Koalition deshalb nun Banken die Vergabe von Exportkrediten erleichtern.

Exportrisiken für Small Tickets werden bisher nicht abgedeckt

KMU im B2B-Geschäft räumen ihrem Besteller nach Zustellung einer Ware in der Regel eine gewisse Zahlungsfrist ein – auch Lieferantenkredit genannt. Je nach Unternehmensgröße kann allerdings ein mehrwöchiger Zahlungsausstand im vier- oder gar sechsstelligen Bereich einen nicht unerheblichen Teil des Firmenkapitals ausmachen. Das Warten auf Zahlungen schränkt somit die Liquidität des Unternehmens ein. Eine Möglichkeit ist deshalb, die Forderung auf einen andere Akteur zu übertragen – zum Beispiel eine Bank.

Bisher ist der übliche Weg ein sogenannter „Bestellerkredit“, also ein Exportkredit, den der Besteller bei einer deutschen Bank aufnehmen kann, um damit sofort seinen deutschen Lieferanten zu bezahlen. Der Lieferant bleibt somit liquide, zusätzlich überträgt er auch seine Exportrisiken auf die Kreditgeberin. Die Bank wiederum kann ihre Risiken durch bestimmte Exportkreditgarantien des Bundes absichern lassen. Allerdings ist das mit größerem Aufwand verbunden (ausführliche Prüfung des Kreditnehmers, Beantragung der Bürgschaft), was letztlich dazu führt, dass viele Banken Bestellerkredite erst ab einem Exportvolumen im Wert von 10 Millionen Euro vergeben.

Neues Instrument der Bundesregierung soll Exportfinanzierung erleichtern

Gerade viele KMU bewegen sich jedoch eher im Small Ticket-Bereich mit deutlich kleineren Lieferumfängen. Ohne die nötige Absicherung liefern solche Firmen lieber an weniger, aber dafür zuverlässigere Abnehmer in ausgewählten Ländern, anstatt sich ein breit gestreutes Abnehmernetz aufzubauen. Das führt zu wirtschaftlichen Abhängigkeiten, die den Firmen – das zeigt sich in der aktuellen Krise deutlich – im Fall von geopolitischen Verwerfungen schnell zum Verhängnis werden können.

Ende Januar haben die Bundeministerien für Wirtschaft und Finanzen deshalb ein gemeinsames Papier vorgelegt, das eine für die Banken vereinfachte Form der Exportfinanzierung für kleinervolumige Geschäfte vorsieht: Im ersten Schritt gewährt das deutsche Unternehmen seinem ausländischen Abnehmer einen Lieferantenkredit. Anschließend kauft die Bank dem Exporteur dessen Forderung ab und verschafft diesem somit neue Liquidität. Der Bund wiederum sichert diese Forderung für den Fall eines Zahlungsausfalls bis zu 80 Prozent der Forderungssumme ab. Bis Ende des zweiten Quartals 2023 soll die neue Garantie eingeführt werden.

Die Neuerung war lange überfällig: 97 Prozent aller exportierenden Unternehmen in Deutschland sind KMU. Die Folgen einer mangelnden Diversifizierung von Handelsbeziehungen zeigen sich angesichts der aktuellen globalen Krisen in aller Deutlichkeit – die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und auch das angespannte Verhältnis zwischen China und dem Westen haben empfindliche Auswirkungen auf bestehende Import- und Exportbeziehungen. Die deutsche Wirtschaft steht angesichts dessen vor der großen Aufgabe, sich auf vielen Ebenen gleichzeitig an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Damit dies gelingen kann, werden auch künftig regulatorische Anpassungen wie die jetzt beschlossenen Exportgarantien für Small Tickets auf Deutschland- und EU-Ebene unerlässlich sein.

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

 

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