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Wie Unternehmen um Fachkräfte ringen

von Lieselotte Hasselhoff

Der deutsche Mittelstand wird wieder interessanter für Bewerberinnen und Bewerber. Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie. Insbesondere Familienunternehmen haben jedoch ein Problem: Kaum jemand kennt sie. In der Hotellerie und Gastronomie will es die Bundesregierung ausländischen Arbeitskräften einfacher machen, in Deutschland einen Job aufzunehmen.

Von Holger Hinz

Die gute Nachricht zuerst: Der Mittelstand gewinnt augenscheinlich an Attraktivität für Bewerber. Das ist zumindest das Ergebnis des aktuellen Blue- und Grey-Collar-Reports der Jobplattform joblift.de. Besonders interessant seien vor allem mittelständische Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern. 48 Prozent der Befragten interessieren sich demnach für eine Beschäftigung in solch einem Betrieb. Weitere 13 Prozent bevorzugen etwas größere Mittelständler mit 500 bis 1000 Mitarbeitern. Dagegen wirken Start-Ups mit zwei Prozent der Interessierten wenig anziehend. Ein weiteres Ergebnis der Studie besagt das 39 Prozent der Mittelstandsinteressierten sich derzeit sehr gut einen Jobwechsel vorstellen können. Das dürfte die mittelständischen Betriebe freuen, denn der derzeitige Fachkräftemangel ist so groß, wie noch nie.

Familienunternehmen fliegen unter dem Radar

Unter dem Fachkräftemangel, der alle Branchen und Unternehmensgrößen trifft, leiden mittelständische Familienunternehmen besonders. Das Problem: die hiesigen Unternehmen sind vielen Bewerbern gänzlich unbekannt. Neben familiengeführten Namen wie Lidl, DM oder Kärcher, fliegen Betriebe, wie Warema, Azo oder Binder, fast gänzlich unter dem Radar.

All diese Unternehmen kämpfen um die gleichen Bewerber. Der Markt für Arbeitgeber hat sich vollständig gedreht. Aktuell liegt ein Arbeitnehmermarkt vor, in dem sich die Betriebe eher bei den Arbeitssuchenden bewerben müssen, anstatt andersherum. Deutsche Familienbetriebe liegen oft außerhalb der Metropolen und müssen deshalb besonders reizvolle Angebote schaffen, um Bewerber für sich zu interessieren. Angebote wie Home-Office und Auslandsaufenthalte gehören da fast schon zur Normalität. So sind auch Menschen zu erreichen, die lieber ab und an pendeln, anstatt die Stadt ganz zu verlassen. Um den Bekanntheitsgrad von Familienunternehmen großflächig zu erhöhen, müssen Unternehmer und ihre Familien die für sie oft charakteristische Zurückhaltung hinter sich lassen.

Ein weiterer Lösungsansatz ist nicht zu vernachlässigen: die Einstellung von ausländischen Fachkräften. Diese stießen bisher in Deutschland auf große Hürden, ihre Abschlüsse und Expertise anerkennen zu lassen und so schnell und einfach auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Arbeitsminister Hubertus Heil möchte ausländische Arbeitnehmer mit einer Chancenkarte nach Deutschland locken. Mit dieser Karte soll ein bestimmtes Kontingent an Personen direkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Ein neues, modernes Gesetz zum Thema Zuwanderung will die Koalition im Herbst 2022 vorlegen. Nicht nur KMU freuen sich über diesen Fortschritt. Auch das von Corona herbe getroffene Gastgewerbe ringt derzeit um Arbeitnehmer. Die Chancenkarte könnte die Arbeitnehmersuche für das Gastgewerbe und mittelständische Familienunternehmen künftig wieder etwas einfacher gestalten.

Der Fachkräftemangel wird die deutsche Wirtschaft noch eine ganze Weile beschäftigen. Um den Familienunternehmen nachhaltig zu helfen, muss der Bekanntheitsgrad steigen und das zukünftige Zuwanderungsgesetz halten, was es verspricht. Der Wille und das Interesse der Arbeitnehmer sind allemal vorhanden.

 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

 

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