Kleine und mittelgroße Firmen arbeiten seit Jahrzehnten in der Grundlagenforschung zusammen. Seit Jahresbeginn gelten neue Regeln für die beiden bewährten Förderprogramme der Industrieforschung Inno-Kom und IGF. Mit der Überarbeitung der bisherigen Richtlinien will die Ampelregierung unter anderem den Klimaschutz deutlicher in den Fokus rücken. Was konkret ändert sich und was bedeutet das für Deutschlands Mittelstand?
Im Januar wurde die Forschungsförderung des Bundes für KMU aktualisiert. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) soll die Neuerung der Richtlinien für die Industrieforschung dazu führen, dass im deutschen Mittelstand mehr Innovationen entstehen. Insbesondere soll sie für Unternehmen Anreize schaffen, ihre ökologische Transformation voranzutreiben. Die Neuerung betrifft die beiden Förderprogramme Inno-Kom (Förderung der Innovationskompetenz mit gemeinnützigen Industrieforschungs-einrichtungen) und IGF (industrielle Gemeinschaftsforschung). Die nahtlose Fortsetzung der Programme ist eine gute Nachricht. Gleichwohl gibt es Verbesserungspotenziale.
Inno-Kom und IGF sind im vorwettbewerblichen Bereich angesiedelt, das heißt, die Ergebnisse der Forschung werden für jeden gleichermaßen zugänglich veröffentlicht. Gemäß den Zielen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie hat die Ampelregierung veranlasst, dass die Förderrichtlinien stärker auf Innovationen zugeschnitten werden, die helfen, diese Ziele zu erreichen.
Industrieforschung soll Nachhaltigkeit vorantreiben
So sollen im Rahmen von Inno-Komm ab sofort Forschungsvorhaben, die zur Dekarbonisierung, zum Klimaschutz, der Ressourceneffizienz oder zur Nachhaltigkeit in strukturschwachen Regionen beitragen, bei gleicher Qualität Vorrang erhalten. Beim IGF-Programm wurde der Kreis der potenziell Förderberechtigten erweitert. Bislang war dieser auf die rund 100 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) begrenzt. Zudem enthält die neue Richtlinie Zuwendungsobergrenzen für Antragsteller und eine klare Definition über die Höhe des Eigenanteils der Wirtschaft.
Im Anbetracht der aktuell herausfordernden sicherheitspolitischen Lage und des Klimawandels ist es wichtig, dass Unternehmen schnell auf damit einhergehende Veränderungen im wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Umfeld reagieren können. Innovation ist dafür der Schlüssel. Die Ausweitung des Kreises der Förderberrechtigten ist vor diesem Hintergrund konsequent und die Berücksichtigung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie in der neuen Inno-Kom-Richtlinie ein wichtiger Schritt. Die Maßnahmen zeigen, dass die Politik den großen Innovationsbedarf im Mittelstand und die innovativen Potenziale der Industrieforschung anerkennt. Dennoch werden die Neuerungen dem Ausmaß des Bedarfs bei weitem nicht gerecht. Und es gibt auch Rückschritte.
Innovation braucht Förderung
Ein zentraler Kritikpunkt an der Richtlinie des Förderprogramms INNO-KOM ist die Festschreibung des Besserstellungsverbots als Zugangsvoraussetzung zu den Fördermitteln. Dieses beinhaltet, dass Zuwendungsempfänger von Projektmitteln der öffentlichen Hand ihre Mitarbeitenden nicht besser bezahlen dürfen, als dies für Mitarbeitende in vergleichbaren Positionen des öffentlichen Dienstes der Fall ist. Dadurch fürchten gemeinnützige Forschungseinrichtungen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den privatwirtschaftlichen Instituten: Insbesondere hochqualifizierte Mitarbeitende könnten in besser bezahlte Jobs anderer Forschungseinrichtungen abwandern. In der Folge könnte das industrienahe Förderprogramm Inno-Kom für viele Forschungseinrichtungen unattraktiv werden. Die deutschen Mittelständler wiederum drohen dadurch wichtige Forschungspartner zu verlieren.
Auch das für 2023 veranschlagte Budget der beiden Fördertöpfe hätte größer ausfallen können. 80 Millionen Euro sind laut Bekanntmachung des BMWK in diesem Jahr für Inno-Kom vorgesehen und 190 Millionen Euro für die IGF. Lässt man die Inflation einmal außen vor, bleiben die für die mittelständische Industrieforschung geplanten Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr also relativ stabil. Allerdings fordern Industrie- und Forschungsverbände schon seit Jahren eine deutlich bessere Förderung der Innovationsforschung im deutschen Mittelstand. Oft ist der Aufwand der Antragstellung aus KMU-Sicht noch zu hoch im Vergleich zur in Aussicht gestellten Förderhöhe – oder das Budget reicht nicht, um anspruchsvolle Forschungsvorhaben zu realisieren. Damit Deutschlands Mittelstand auch langfristig mit den zahlreichen Veränderungen unserer Zeit mithalten kann, ist ein stetiger Ausbau der Förderbudgets in den kommenden Jahren unabdingbar.
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