Der deutsche Mittelstand gilt als zurückhaltend bei Investitionen. Die Corona-Krise hat den Trend verstärkt. Doch Probleme in der deutschen Wirtschaft reichen nicht, um die Investitionsschwäche des Mittelstandes gänzlich zu erklären. Denn häufig spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Maßgeblich ist laut einer aktuellen Studie etwa das Alter der Entscheidungsträger.
Deutsche Unternehmer investieren zu wenig in die Zukunft. Konkret heißt das, sie investieren zu wenig in neue Technologien, neue Arbeitsweisen und die Entwicklung neuer Produkte. Kurz: in Innovationen, die die Firmen langfristig wettbewerbsfähig machen würden. Besonders kleine und mittlere Unternehmen sind mit größeren Zukunftsinvestitionen zurückhaltend. Laut einer im November veröffentlichten Studie war zuletzt sogar ein Rückgang der Investitionen zu verzeichnen. Corona spielt dabei sicherlich eine Rolle: Für 54 Prozent der Befragten ist das vorhandene finanzielle Polster bei der Entscheidung für oder gegen Investitionen maßgeblich.
Das finanzielle Polster vieler Unternehmen ist während der Krise kleiner geworden, da die Firmen häufiger auf ihre Rücklagen zurückgreifen mussten, um Einnahmeausfälle auszugleichen. Doch laut Studie gibt es ein weiteres Hemmnis für Investitionsentscheidungen: das Alter der Entscheidungsträger.
Mit dem Alter steigt die Sparquote
Bei 36 Prozent der befragten Unternehmen bestimmen die Erfahrungswerte der Firmeninhaber die Investitionsentscheidung maßgeblich mit. Die Ergebnisse zeigen: je älter die Inhaber, desto geringer die Investitionsbereitschaft. Im langjährigen Mittel (2004 bis 2020) tätigen 57 Prozent der Inhaber unter 40 Jahren Investitionen. Bei den über 60-jährigen Inhabern sind es nur 36 Prozent. Bei den jüngeren Inhabern fällt zudem auf, dass sie einen größeren Anteil ihres Gesamtvolumens in Kapazitätserweiterungen (50 gegenüber 20 Prozent) investieren. Sie stechen auch häufiger mit positiven Nettoinvestitionen (38 gegenüber 22 Prozent) sowie einer deutlich höheren Investitionsintensität hervor. So liegt das Investitionsvolumen pro Beschäftigtem bei den jüngeren Unternehmern bei durchschnittlich 9.200 Euro gegenüber 7.600 Euro bei den älteren Firmenchefs.
Problem Unternehmensnachfolge – kurz vor der Übergabe sinkt das Interesse an neuen Investitionen
Der demografische Wandel verstärkt den Trend zum „Nicht-Investieren“ zusätzlich. Zum einen, weil die Zahl der sparsamen älteren Unternehmer im Verhältnis zu den Jüngeren wächst, zum anderen aber auch dann, wenn das Thema Unternehmensnachfolge in sichtbare Nähe rückt. Je eher die Nachfolge ansteht, desto geringer die Investitionsbereitschaft: Steht die Nachfolge erst in mehr als fünf Jahren an, liegt die allgemeine Investitionsbereitschaft bei 56 Prozent. Stünde die Nachfolge früher an, läge die Investitionsbereitschaft nur noch bei durchschnittlich rund 41 Prozent. Der Grund: Aus Sicht vieler älterer Unternehmer besitzen größere Investitionen schlicht einen zu langen Amortisationszeitraum. Die Investition würde sich bis zur Übergabe der Firma an einen Nachfolger nicht mehr rentieren.
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