Die Geschichten und Bilder wirken wie ein wahres, modernes Märchen: Google erstaunte vor Jahren viele mit gemütlichen Ruheräumen, Freizeitflächen, offenem Umgangston und dem Gefühl: Hier kommen die Leute so gern zur Arbeit, wie andere etwas trinken gehen. Auch KMU können von einer offeneren Unternehmenskultur profitieren.
Als Google Anfang des Jahrtausends den Markt der Online-Suchmaschinen komplett aufzurollen begann, galt der Konzern schnell als Exot: Die Büros offen, viele Freizeitflächen, jede Woche ein Meeting, bei dem Mitarbeiter ungefiltert Kritik an der Konzernführung üben sollten. Das klingt nach prototypischer „Startup-Kultur“ – und genau das war Google ja auch: Der Prototyp für moderne Technologie-Unternehmen, deren Gründer oft erst ab einem gewissen Wachstum zu wirklichen „Chefs“ werden – aus Notwendigkeit, nicht aus Wunsch nach Macht.
Mittelstand braucht mutige und innovative Unternehmer
Einige dieser Silicon-Valley-Ansätze eignen sich auch für deutsche Mittelständler, die für junge Angestellte attraktiv sein wollen und müssen. Denn ohne die nachwachsenden Online-Spezialisten wird die dringend notwendige Digitalisierung im Mittelstand kaum gelingen.
Fakt ist: Viele der Digital-Fachkräfte wollen mehr Freiheit in der Arbeitsgestaltung, mehr Mitsprache, mehr Offenheit für neue Ideen. Früher konnte der „starke Mann an der Spitze“ auch mit mittelprächtigen Entscheidungen, die er rigoros durchsetzte, unter Umständen weit kommen. Vielleicht weil die Konkurrenz ihre Chancen nicht nutzte, weil es niemanden gab, der die eigenen Schwächen erkannte. Oder weil starkes, entschlossenes Vorangehen zu Entscheidungsfähigkeit führte, die als Alleinstellungsmerkmal oft ausreichte. Langfristig führte Patriarchentum natürlich nur zu Erfolg, wenn es mit unternehmerischem Geschick gepaart auftrat. Doch der Spielraum für Fehler war größer.
Die besten Ideen entstehen nicht im stillen Kämmerlein
Heute ist das anders: Konzerne und Strukturen sind transparenter geworden, die Online-Welt hat die Informationen demokratisiert. Ohne Kritikfähigkeit, den Mut, auch mal zurückzutreten und bei der Delegation von Aufgaben wagemutig zu sein, gelingt die Mission KMU 2.0 nicht. Wer den berechtigten Wunsch junger Angestellter unterdrückt, veraltete Strukturen aufzubrechen, verliert auf lange Sicht wohl nicht nur Angestellte – sondern auch das Rennen um die Zukunft.
Mitarbeiter sollten sich sicher fühlen können, plausible Kritik auch persönlich zu äußern. Und für Vorgesetzte kann es sich lohnen, Angestellte ernst zu nehmen, die mit einer auf den ersten Blick verrückten Idee um die Ecke kommen. Schließlich schlummert häufig in Ideen, die noch nicht sehr ausgereift wirken, großes Potenzial. Auch die besten Innovationen sind meist die, die erst einmal unmöglich scheinen. Zur Perfektion gelangen die besten Ideen und Innovationen im Dialog: Mit den Mitarbeitern, anderen Abteilungen oder vielleicht gänzlich Unbeteiligten. Dafür braucht es Kommunikationsflächen, die über eine Kantine und eine Kaffeeküche hinausgehen – an denen die Angestellten gemeinsam den Kopf freibekommen können.
Es müssen ja keine bunten Sitzsäcke, Air-Hockey und Crossfit-Kurse sein. Nicht jeder Mittelständler beschäftigt plötzlich nur noch Mittzwanziger. Auch gemütliche, ruhige Sitzecken, freie Arbeitsflächen und etwas mehr Vertrauen bei der Arbeitszeit können die Kreativität und damit einhergehend auch den Unternehmenserfolg beflügeln.
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