Diesel-Fahrverbote, Abgasschummeleien, immer neue technische Entwicklungen: Der deutschen Automobilbranche stehen große Herausforderungen bevor. Sie werden aber nicht nur die Hersteller, sondern vor allem auch die Automobilzulieferer treffen. Diese müssen in vielen Fällen ihr bisheriges Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen. Ansonsten verlieren sie auf lange Sicht an Wettbewerbsfähigkeit.
300.000 Menschen arbeiten in Deutschland in der Automobilzulieferer-Industrie. Sie steht damit wie kaum eine andere Branche für Innovationsgeist, globale Präsenz und Leistungsfähigkeit. Durch autonomes Fahren, die Digitalisierung oder E-Mobilität stehen die Automobilzulieferer allerdings vor einem großen Wandel.
China gibt die Richtung vor
Schon 2018 war für die Automobilindustrie in Deutschland kein gutes Jahr. Die Abgasmanipulationen haben das Vertrauen der Konsumenten beschädigt und die Kauflaune reduziert. Hinzu kam eine gewisse Marktsättigung, haben doch sowohl Privatleute als auch Flottenmanager in den vergangenen Jahren kräftig in neue Modelle investiert.
Zwar blicken einige Experten recht optimistisch auf das laufende Jahr, doch viel wird davon abhängen, wie sich der Markt in China entwickelt. Als einer der größten, wenn nicht sogar der größte Absatzmarkt weltweit, gibt er die Richtung vor. Schon heute fährt das Gros der Hersteller und Automobilzulieferer rund ein Drittel ihrer Gewinne in China ein.
E-Mobilität gewinnt an Fahrt
Der Verbrennungsmotor als Kernstück der deutschen Zuliefererkompetenz bleibt auch in den kommenden Jahren wichtig, allerdings werden die Wachstumsraten für die Elektromobilität ein deutlich höheres Niveau aufweisen. Norwegen, Dänemark und Schweden haben es vorgemacht: Bereits ab 2030 sollen in den skandinavischen Ländern keine Neuwagen mehr verkauft werden, die mit Benzin oder Diesel fahren. Auch in der deutschen Politik gibt es einen Vorstoß, der vorsieht, ab 2030 keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zuzulassen.
In China sollen in den kommenden Jahren ebenfalls nach und nach Verbrennungsmotoren verboten werden. Und das ist auch gut so; denn in zahlreichen großen Städten haben die Abgasbelastungen ein besorgniserregendes Niveau schon längst überschritten. Richtig ist aber auch, dass China sich auf einem guten Weg befindet. Grund: Aktuell ist rund die Hälfte der weltweit circa 750.000 Autos mit elektrischen Motoren auf chinesischen Straßen unterwegs.
Hohe Innovationskraft der Automobilzulieferer
Der wichtigste Schlüssel, um auch weiterhin im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, sind Innovationen. Eine Studie des Verbands der Automobilindustrie (VDA) in Zusammenarbeit mit dem Center of Automotive Management (CAM) hat gezeigt, dass die Innovationskraft der deutschen Autohersteller in den vergangenen zehn Jahren erfreulicherweise über alle Technologiefelder hinweg überdurchschnittlich gestiegen ist.
Die gute Nachricht: Die Innovationen werden nach wie vor mehrheitlich mit Lieferanten aus dem eigenen Land entwickelt. Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, dass heimische Automobilzulieferer zuletzt auch verstärkt mit US-amerikanischen Herstellern zusammenarbeiten. Nichtsdestotrotz muss dem Mittelstand klar sein, dass er seine Forschungs- und Entwicklungsausgaben auch künftig kräftig nach oben schrauben muss. Zwar ist „Made in Germany“ nach wie vor hoch angesehen im Ausland; doch kann sich der Mittelstand auf dieses Gütesiegel nicht auf Dauer verlassen.
Automobilbranche steigert Absatz, gewinnt Marktanteile
Momentan profitiert die deutsche Automobilbranche noch von ihrer Stärke der vergangenen Jahre, in denen sie ihren Absatz weltweit steigern konnte und Marktanteile gewonnen hat. Die Hersteller investierten in neue Technologien – auf Antriebsseite und bei der Digitalisierung.
Insbesondere die deutschen Automobilzulieferer befinden sich aufgrund ihrer konsequenten Internationalisierung in den vergangenen zehn Jahren in einer starken Position. Auch in diesem schwierigen Umfeld müssen die Zulieferer versuchen, diese zu halten. Zu meistern ist diese Herausforderung, wenn sie konsequent auf die großen Trends Elektrifizierung, Digitalisierung und autonomes Fahren setzen – und diese Entwicklungen stärker als Chance und weniger als Risiko wahrgenommen werden.
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