Der deutsche Mittelstand ist innovativ und zählt in vielen Bereichen zu den Champions. Dennoch sind KMU bei Börsengängen im Small und Mid Cap-Segment meist unterproportional vertreten. Dabei stellt ein IPO für Mittelständler eine attraktive Finanzierungsalternative dar.
KMU gelten weithin als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Häufig besetzen sie Nischen und sind dabei nicht selten Weltmarktführer. Geht es um die Finanzierung, vertrauen mittelständische Unternehmen jedoch meist auf bewährte Formen des klassischen Kredits. Über Jahrzehnte waren die etablierten Banken feste Partner der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland. Dabei sind gerade bei schnell wachsenden, internationalen KMU zunehmend Alternativen zur klassischen Mittelstandsfinanzierung gefragt, um künftige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Schließlich unterliegen die Finanzhäuser heute strengeren Vorschriften beim Risikomanagement im Kreditgeschäft als noch vor zehn Jahren.
Gerade die neue Bankenregulierung Basel IV könnte für Mittelständler schon bald zu spüren sein. Die seit dem 28. Juni dieses Jahres für die Banken in der Europäischen Union geltenden verschärften Liquiditätsanforderungen könnten zu einem geringeren verfügbaren Kreditvolumen führen.
Mittelstandsfinanzierung: gute Rahmenbedingungen für Börsengänge
KMU sollten daher eine Finanzierung über den Kapitalmarkt in Betracht ziehen – etwa durch ein IPO. Das Umfeld für diese Art der Mittelbeschaffung hat sich zuletzt, unterstützt von der guten Finanzausstattung der deutschen Wirtschaft und dem grassierenden Anlagenotstand, deutlich gebessert. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY rechnet nicht nur hierzulande mit dem stärksten Jahr für Börsengänge deutscher Firmen seit 20 Jahren. Weltweit gab es allein zwischen Juli und September 547 IPOs, das waren 23 Prozent mehr als im dritten Quartal des vergangenen Jahres. Sollte kein außenpolitischer Schock die Märkte aus dem Gleichgewicht bringen, wird das Wachstum laut den Wirtschaftsprüfern weiter anhalten.
KMU-Entscheider sollten diese Gelegenheit nutzen. Denn über die Stärkung der Eigenkapitalbasis und die Verbesserung der Kapitalstruktur schafft ein Börsengang die Grundlage für künftiges Wachstum und nachhaltige Eigenständigkeit von mittelständischen Unternehmen. Dies kann zu einem besseren Rating seitens der Kreditinstitute führen – was wiederum eine kostengünstigere Fremdkapitalbeschaffung begünstigen kann.
KMU erhalten Chancen über die reine Finanzierung hinaus
Ein weiterer Vorteil: Eine Börsennotierung bedeutet in der Regel eine Bilanzierung nach den International Financial Reporting Standards (IFRS), die verglichen mit der Bilanzierung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) stärker auf die Informationsbedürfnisse der aktuellen und künftigen Anteilseigner abzielt. Der positive Nebeneffekt ist eine erhöhte Transparenz sowie eine verbesserte internationale Vergleichbarkeit
Durch ein IPO ergeben sich für die KMU aber auch attraktive Chancen, die über die reine Kapitalaufnahme hinausgehen. So nimmt die Sichtbarkeit eines Unternehmens durch ein Börsenlisting deutlich zu – nicht zuletzt mit Blick auf Lieferanten, Kunden und Mitarbeiter. Zudem ebnet der Gang an die Börse den Weg zur Schaffung professioneller Governance-Strukturen, was sich als Gewinn erweisen kann, da Gesellschafter nicht das operative Geschäft beeinflussen.
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Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.