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Mittelstandsfinanzierung: Diese Alternativen zum Bankkredit gibt es

von Holger Clemens Hinz
KMU Kapitalmarkt Mittelstandsfinanzierung IPO Börse

Die Kredithürden bei den Banken für kleine und mittelständische Unternehmen sind gestiegen. Viele Firmen sehen sich daher nach Alternativen zum klassischen Bankdarlehen um. Doch welche alternative Mittelstandsfinanzierung macht am meisten Sinn?

Von Holger C. Hinz

Für Unternehmen ist es derzeit sehr schwer, Kreditfinanzierungen bei den Banken zu bekommen. Auf der anderen Seite steigt der Kapitalbedarf durch brüchige Lieferketten, Inflation, steigende Löhne und hohe Energiepreise. Zudem wollen viele Unternehmen investieren, etwa in ihr Wachstum oder Übernahmen, die Umstellung auf erneuerbare Energien oder in klimaneutrale Produktionsprozesse und Dienstleistungen. Die Banken verlangen jedoch deutlich höhere Sicherheiten als in den Vorjahren und erwarten einen hohen Cashflow für eine Unternehmensfinanzierung. Und grundsätzlich gilt: je kleiner ein Unternehmen, umso zurückhaltender sind die Banken. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind deshalb besonders stark von den gestiegenen Kredithürden betroffen.

Optionen für die Mittelstandsfinanzierung

Gerade für KMU ist es deshalb wichtig, die eigene Finanzierung auf mehrere Standbeine zu verteilen, sich alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen, um so ihre Abhängigkeit von den Kreditinstituten zu verringern. Die Palette an alternativen Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen ist breit. Welche Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung für ein Unternehmen sinnvoll sind, hängt vom Zweck und den genauen Umständen der Maßnahme ab. Ein Überblick:

  • Debt-Fonds

Eine Möglichkeit der Mittelstandsfinanzierung stellen Debt-Fonds dar, auch Private Debt genannt. Bei Private Debt wird ein Kredit nicht durch eine Bank, sondern durch institutionelle Investoren wie Versicherungen, Fondsgesellschaften, Pensionsfonds oder Stiftungen bereitgestellt. Unternehmen können so ohne Bank und Kapitalmarktzugang eine Finanzierung in Form von Anleihen, Darlehen, Schuldscheinen oder privaten Verbriefungsemissionen erhalten.

Weil es sich bei Private Debt um Fremdkapital handelt, müssen Unternehmen weniger Sicherheiten hinterlegen. Um das Risiko für die Anleger auszugleichen sind daher im Vorfeld eingehende Due-Diligence-Prüfungen notwendig. Dafür stellen die Kreditfonds das Geld oftmals schneller bereit, als es Banken in der Regel tun. Viele Unternehmen erhalten eine Finanzierung, die bei einem traditionellen Geldinstitut nicht möglich gewesen wäre. Während der Laufzeit des Kredits fallen zudem keine Tilgungszahlungen an.

  • Mezzanine-Kapital

Mezzanine-Kapital ist zwischen Fremd- und Eigenkapital angesiedelt und verbindet Elemente aus beiden Welten. Investoren werden neben einer festen Verzinsung auch am Wertzuwachs des Unternehmens beteiligt. Typische Formen der Mezzanine-Finanzierung sind stille Beteiligungen und Genussscheine. Ein stiller Gesellschafter erhält im Gegenzug für sein eingebrachtes Kapital eine Gewinnbeteiligung und bestimmte Kontrollrechte. Einen Verlust trägt er maximal in Höhe der Einlage. Private Equity- und Venture Capital-Gesellschaften nutzen häufig diese Beteiligungsformen.

Genussscheine verbriefen ebenfalls Vermögensrechte, beispielsweise eine Beteiligung am Gewinn, allerdings haben die Inhaber keinerlei Mitbestimmungsrechte.

  • Kapitalmarkt I: Aktienemission

Ein Börsengang oder die Ausgabe neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung gilt vielen Unternehmen als der Königsweg der Kapitalbeschaffung. Will das Unternehmen erstmals an die Börse, ist das zunächst mit einigem Aufwand und Vorlaufkosten verbunden, um die Anforderungen nach Wertpapiergesetz und für das angestrebte Börsensegment zu erfüllen. Dafür bietet ein Börsengang, auch Initial Public Offering, kurz IPO genannt, viele Vorteile: Das Unternehmen schafft sich einen dauerhaften Zugang zum Kapitalmarkt, erhöht die öffentliche Wahrnehmung und erschließt sich neue Handlungsoptionen gegenüber Investoren oder bei Übernahmen.

Ob sich ein Unternehmen für einen IPO eignet und welche Möglichkeiten dieser bietet, hängt von der Kapitalmarktreife des Unternehmens ab. Größere Unternehmen mit soliden Geschäftszahlen haben aber gute Chancen auf ein Börsendebut. Wer bereits börsennotiert ist, tut sich leichter mit einer Kapitalerhöhung: Die Hauptversammlung genehmigt die Ausgabe neuer Aktien, die Emissionsbank übernimmt die Platzierung bei Investoren bzw. an der Börse. Zudem sind unterschiedliche Formen der Aktienausgabe möglich, etwa aus Umplatzierungen oder Bezugsrechtsemissionen. Allerdings sind Aktienemissionen von der Börsenlage abhängig, wenn für die verbrieften Unternehmensanteile ein guter Preis erzielt werden soll. Unternehmen sollten sich deshalb unbedingt von einer Emissionsbank wie der Quirin Privatbank zu den Möglichkeiten beraten lassen.

  • Kapitalmarkt II: Anleiheemission

Unternehmensanleihen bieten einen weiteren Zugang zum Kapitalmarkt. Statt verbriefter Unternehmensanteile begibt das Unternehmen ein verzinstes Wertpapier mit festgelegter Laufzeit an Investoren. Die Investoren leihen dem Unternehmen dafür Geld im Nennwert der Anleihe und erhalten eine regelmäßige Zinszahlung (Zinskupon) sowie am Ende der Laufzeit ihr investiertes Geld zurück. Wichtig ist, dass das Unternehmen ein gutes Bonitätsrating erhält und die Anleihen sowie Zinsen immer zuverlässig zurückzahlt.

Anleihen lassen sich individuell auf die Unternehmen zuschneiden. Auch Varianten wie Hochzinsanleihen oder Wandelanleihen sind möglich. Wandelanleihen bringen zunächst Fremdkapital durch Verkauf einer Anleihe in die Unternehmenskasse. Allerdings haben Inhaber dieser Anleihe später die Möglichkeit, den Bond zu einem bestimmten Kurs in eine Aktie und somit eine Unternehmensbeteiligung umzuwandeln, die dann dem Eigenkapital zugerechnet wird.

Für eine erstmalige Anleiheplatzierung an der Börse, Initial Bond Offering (IBO) genannt, muss ein Unternehmen mehrere Monate Zeit für die Vorbereitungen einplanen, allerdings ist der Aufwand etwas geringer als bei einem IPO. Gerade für den Mittelstand ist diese Finanzierungsform zunehmend eine Alternative, weil keine Unternehmensanteile veräußert werden. Zudem sind gut verzinste Anleihen bei Investoren gerade gefragt.

  • Crowdfunding und Crowdlending

Eine alternative Mittelstandsfinanzierung ohne Banken oder institutionelle Investoren bieten Formen der Schwarmfinanzierung sowohl einen einfachen Zugang zu privaten Anlegern als auch institutionellen Investoren. Die Beteiligungs- und Finanzierungsinstrumente sind hier vielfältig. Allen gemein ist, dass einer breiten Anlegerschar ein Investment schon mit kleinen Beträgen ermöglicht wird, meist gegen eine Verzinsung oder eine kleine Beteiligung. Für den Finanzierungsbedarf wird lediglich eine Zielmarke vorgegeben. Wie viel Kapital dann zusammenkommt, entscheidet die Nachfrage der Anleger. Banken sind nicht beteiligt. Crowdfinanzierungen eignen sich vor allem für Unternehmen, die auf breites Interesse bei Kleinanlegern stoßen. Für unpopuläre Investitionsvorhaben und sehr großen Kapitalbedarf sind sie eher ungeeignet.

In der Mittelstandsfinanzierung ist der Kapitalmarkt auf Dauer am günstigsten

Ein Kapitalmarktzugang für die Ausgabe von Aktien oder Anleihen (IPO oder IBO) bietet Unternehmen auf lange Sicht die besten Finanzierungsoptionen und Gestaltungsmöglichkeiten. Der höhere Aufwand in der Vorbereitung zahlt sich bei weiteren Emissionen in den Folgejahren zunehmend aus, so dass die Finanzierungskosten vergleichsweise günstig ausfallen. Zudem erreicht eine Firma bei keiner anderen Finanzierungsart derart viele Investoren wie über die Börse.

Daneben gibt es noch weitere Alternative Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen wie etwa Schuldscheindarlehen oder das sogenannte Fine Trading, die aber für KMU kaum in Frage kommen, weil sie entweder vom Kreditprofil nicht erreicht werden können oder mit höheren Kosten und teilweise unverhältnismäßig hohem Aufwand für das gesuchte Volumen verbunden sind.

Unternehmen, die nur schwer einen Bankkredit bekommen oder von vorneherein lieber auf andere Finanzierungsmöglichkeiten setzen wollen, finden zahlreiche andere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung. Wichtig ist, dass die gewählte Finanzierungsform oder der Finanzierungsmix zu den Bedürfnissen des Unternehmens passt. Die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung abseits der Kreditbanken sind jedenfalls vielfältig.

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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