Home Mittelstand Nachfolgeplanung: Wenn Tochter oder Sohn das Familienunternehmen nicht weiterführen

Nachfolgeplanung: Wenn Tochter oder Sohn das Familienunternehmen nicht weiterführen

von Holger Clemens Hinz
Familienunternehmen

Die Entscheidung für den richtigen Nachfolger ist für Unternehmer oft die schwierigste. Nicht immer ist klar, ob die Kinder die Führungsnachfolge antreten können oder wollen. Aus diesem Grund müssen sich Firmeninhaber frühzeitig Gedanken um die Nachfolgeplanung machen. Finanzexperten können dabei oft unterstützen.

Familienunternehmen sind ein Jobmotor und wachsen schneller als DAX-Firmen. Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung hat erst kürzlich gezeigt, dass die 50 größten Familienunternehmen zwischen 2007 und 2016 ihre Mitarbeiterzahlen in Deutschland um 23 Prozent auf 2,54 Millionen ausgebaut haben.

Gut neun von zehn privaten Unternehmen in Deutschland waren im Jahr 2017 Familienunternehmen. Sie beschäftigen knapp 60 Prozent der Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft und prägen somit den Wirtschaftsstandort Deutschland. Diese Unternehmen profitierten in der Vergangenheit oft davon, dass sie über Jahrzehnte, wenn nicht sogar über Jahrhunderte hinweg, in der Hand einer Familie blieben.

Familienunternehmen haben verschiedene Optionen bei der Nachfolgeplanung

Aber was passiert, wenn die Tochter oder der Sohn das Familienunternehmen nicht weiterführen will? Jedes dritte Unternehmen, vor allem kleine und mittelständische Firmen, findet schon heute keinen Nachfolger mehr. Alternativen müssen her. Für die Nachfolgeplanung gibt es mehrere Optionen:

  1. Unternehmensverkauf an einen Investor
  2. Unternehmensverkauf an ein Family Office
  3. Management-Buy-Out
  4. Unternehmensnachfolge durch Gesellschafter, Führungskräfte oder Mitarbeiter
  5. Überführung des Unternehmens in eine Stiftung

Jede dieser Möglichkeiten ist mit bestimmten Vor- und Nachteilen verknüpft. Die Überführung in eine Stiftung ist beispielsweise dann eine attraktive Option, wenn der Unternehmer sicherstellen möchte, dass die Firma über einen langen Zeitraum in seinem Sinne weitergeführt wird. Der Verkauf an Mitarbeiter oder Führungskräfte hat auf der anderen Seite den Vorteil, dass sich für Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden und Geschäftspartner wenig ändert, und das Unternehmen im Sinne des ehemaligen Inhabers fortgeführt wird.

Eine immer beliebter werdende Option ist der Unternehmensverkauf. Die Chance, dabei einen guten Preis zu erzielen, ist aktuell recht gut. So haben Finanzinvestoren laut einer DBAG-Erhebung im Jahr 2018 mit rund 4,8 Milliarden Euro so viel in den deutschen Mittelstand investiert wie niemals zuvor.

Mittelstand verliert Scheu vor Private-Equity-Investoren

Auch der deutsche Mittelstand verliert nach und nach seine Scheu vor Private-Equity-Investoren. Einer PwC-Umfrage unter mehr als 300 inhabergeführten deutschen Unternehmen zufolge, können sich 83 Prozent inzwischen eine Beteiligung von Finanzinvestoren vorstellen – bei einer ähnlichen Umfrage vor sechs Jahren waren es gerade einmal 18 Prozent.

Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase finden auch immer mehr Family Offices Gefallen am M&A-Geschäft. Dabei sollten verkaufswillige Firmeneigentümer aber nicht auf die Unterstützung von Finanzierungsexperten verzichten. Häufig wissen Unternehmer nicht, wie viel ihre Firma eigentlich wert ist oder auch, wo sie Investoren oder Käufer finden können. Hinzu kommt die Unerfahrenheit im M&A-Geschäft.

Beim Traditionsunternehmen Knorr-Bremse hat der langjährige Eigner Heinz Hermann Thiele sein Erbe hingegen mit einem Börsengang eingeleitet. Im Oktober 2018 hat der Münchner Bremsenhersteller den Sprung auf das Parkett gewagt und dabei nur bestehende Aktien zum Kauf angeboten, die dem Haupteigentümer und dessen Familie gehören. Auch der Gang an den Kapitalmarkt kann im Rahmen der Nachfolgeplanung also eine attraktive Möglichkeit sein. Es bleibt daher zu hoffen, dass viele weitere Familienunternehmen diesem Beispiel folgen. Noch beschäftigen sich leider nach wie vor nur wenige Mittelständler mit einem Börsengang – und dies, obwohl mit einem IPO einige nicht zu unterschätzende Vorteile einhergehen.

Drei Tipps, wie die Nachfolgeplanung gelingt

  • Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit der Nachfolgeregelung

Einen Menschen zu finden, der das Familienunternehmen einmal weiterführen oder kaufen möchte, ist eine der schwierigsten Aufgaben im Leben eines Unternehmers. Experten empfehlen, für die Suche und Sicherung der Unternehmensnachfolge mindestens zwei bis fünf Jahre einzuplanen.

  • Familienunternehmen sollten zu hohe Erwartungen vermeiden

Die wirtschaftliche Situation ist aktuell gut, das Umfeld für einen Verkauf günstig. Laut einer Untersuchung der IHK gehen allerdings 44 Prozent der Unternehmer mit überhöhten Kaufpreisvorstellungen in die Verhandlungen. Das ist verständlich, hängt doch das Herzblut des Gründers am Unternehmen. Finanzierungsexperten können dabei helfen, den bestmöglichen Preis zu erzielen.

  • Informieren Sie rechtzeitig

Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sollten Sie frühzeitig und transparent über Ihre Nachfolgeplanung informieren.

 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

You may also like

1 Kommentar

Dr. Marco Henry Neumueller 01/02/2020 - 18:51

Wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit, den idealen Nachfolger in der eigenen Reihen zu finden?! Eine gesunde Portion Neugier auf das (eigene) Familienunternehmen dürfen die Eltern sicherlich bei ihren Kindern wecken. Vieles kann auch erlernt werden. Dennoch: Einen „Nachfolgeautomatismus“ – so wünschenswert er in den Augen so mancher Unternehmerfamilien (noch immer) sein mag – gibt es nicht (mehr). Vielmehr möchte die sogenannte „NextGen“ selbst und frei entscheiden dürfen, ob sie das Unternehmen übernehmen, möglicherweise selbst ein Unternehmen gründen, oder sich in das Angestelltenverhältnis in einem anderen Unternehmen begeben wollen.
Aus der eigenen Beraterungspraxis kann ich beisteuern, dass sich so manches Familienunternehmen bei „seinen“ Kindern „bewerben“ muss. Analog zum aktuellen Arbeitsmarkt dreht sich die Situation. Wir erleben einen Kandidatenmarkt. Der Familienunternehmer muss seinen Kindern aufzeigen können, dass er ein spannendes Unternehmen hat, in das sich ein Einstieg „lohnen“ kann.
Und selbst wenn die NextGen den Einstieg ablehnt: Dies muss nicht zwangsläufig den Untergang des Unternehmens bedeuten. Sehr viele Familienunternehmen haben gute Erfahrung mit einer Fremdgeschäftsführung machen können. Die Familienmitglieder beschränken sich dann auf ihre Rolle in den Aufsichtsgremien (z.B. Aufsichtsrat, Beirat). Bei der Auswahl eines geeigneten Fremd-Managements lohnt es sich externe Hilfe einer Personalberatung in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt sollte neben der fachlichen Eignung der kulturelle Aspekt nicht vernachlässigt werden. Oftmals scheitern Fremdmanager genau an diesem. Keine Familie gleicht der anderen. Umso schwieriger und wichtiger ist es, das passende Fremdmanagement zu identifizieren, welches kulturell zur Unternehmerfamilie passt.
Eine positive Nachricht zum Schluss: Allen Unkenrufen zum Trotz zeigen aktuelle Studien sehr eindeutig, dass die nächste Generation in Familienunternehmen bereit ist Verantwortung zu übernehmen. Berner, Fielmann, Sixt, Viessmann, etc. gehen mit gutem Beispiel voran.

Reply

Hinterlassen Sie einen Kommentar