Eine der wichtigsten Fragen im Leben eines Mittelständlers ist die nach der Zukunft seiner Firma. Wenn es einmal in den Ruhe- oder Vorruhestand geht, soll das Lebenswerk in guten Händen sein. Was es bei der Suche nach einem Nachfolger im Mittelstand zu beachten gibt, und wer als neuer Eigentümer überhaupt in Frage kommt.
Wie viele Unternehmer tatsächlich Jahr für Jahr vor einer solchen Entscheidung stehen – der wohl zweitwichtigsten nach der Gründung selbst –, darüber gibt eine Studie des Mittelstandspanels der öffentlich-rechtlichen Förderbank KfW Auskunft. Dem Institut zufolge planen immerhin 227.000 Unternehmensinhaber vom Kleinunternehmer bis zum großen Mittelständler, bis Ende 2020 ihre Firma abzugeben. Die KfW spricht von einer Nachfolgewelle, die in den nächsten Jahren über den Mittelstand in Deutschland hinwegrolle, und hat damit nicht Unrecht.
Das Gesicht des Mittelstands wird sich verändern
Schaut man sich die Altersstruktur deutscher Mittelstand-Chefs an, ist der Trend eindeutig: So sind im Mittelstandspanel 60 Prozent der KMU-Eigentümer über 50 Jahre alt; vor 15 Jahren lag deren Anteil gerade mal bei 35 Prozent. Interessant und erschreckend zugleich: Zwar wachse laut KfW das Bewusstsein der Unternehmenslenker, sich dem bevorstehenden Generationenwechsel frühzeitig zu stellen. Dennoch haben erst knapp 60 Prozent der Befragten den Generationenwechsel schon vollständig organisiert oder gaben an, zumindest schon in Verhandlungen mit dem möglichen Nachfolger zu stehen. Ziemlich kurzfristig für einen Mittelstand, der ansonsten für sein langfristiges Denken bekannt ist.
Emotionale Bindung zum Unternehmen
Die zögerliche Umsetzung hat viele Gründe: Zum einen dürfte die emotionale Bindung des Inhabers zu seinem Unternehmen die Wahl eines Nachfolgers erschweren. Zum anderen mangelt es wohl schlicht und ergreifend an geeigneten Nachfolgern. Die Studie diagnostiziert einen teilweisen Engpass an qualifizierten nachrückenden Existenzgründern. Die Zeiten, in denen der älteste Filius die Firma übernimmt, ob er nun wollte oder nicht, sind lange vorbei.
Das bei der Suche nach einem Nachfolger im Mittelstand beachten
Dass Tochter oder Sohn das Lebenswerk fortsetzen, ist aber auch keineswegs zwingend erforderlich, gibt es doch auch durchaus sinnvolle Alternativen. Voraussetzung für einen reibungslosen Übergang ist vor allem eine gute Vorbereitung. Dabei gilt: Je früher man sich als Eigentümer Gedanken darüber macht, wie die Zukunft des Unternehmens aussehen soll, desto besser. Drei Jahre sind ein realistischer Zeitraum für eine vollständige Nachfolgeplanung. Soll ein Nachfolger im Mittelstand aufgebaut werden, dürfen es aber auch durchaus mehr sein. Dabei zeigt die Erfahrung auch, dass der Übergang – trotz sorgfältiger und frühzeitiger Vorbereitung – nicht immer reibungslos verläuft. Gerade gestandenen Patriarchen mit Jahrzehnten an Erfahrung fällt es manchmal schwer, das Heft aus der Hand zu geben. Dabei bringt es nur Vorteile, den Nachwuchs oder Nachfolger sukzessive in die Verantwortung einzubinden. Nur so kann er oder sie an den Aufgaben wachsen.
Wer als Nachfolger in Frage kommt
- Familienmitglied: Sohn oder Tochter – immer noch die beliebteste und meist praktizierte Variante (54 Prozent der Befragten ziehen es in Betracht). Auf den ersten Blick hat diese Form der Nachfolge nur Vorteile, sind viele Kinder mit dem Unternehmen doch aufgewachsen, kennen die Strukturen und Abläufe. Zudem bleibt in diesem Fall das Unternehmen in der Familie. Doch Vorsicht: Sinnvoll ist diese Variante nur, wenn die Kinder nicht nur mit Herzblut dabei sind, sondern auch die notwendige Qualifikation mitbringen.
- Mit-Gesellschafter: Häufig gibt es weitere Gesellschafter der Firma, die ohnehin ein Vorkaufsrecht besitzen – und zwar aus guten Gründen: Sie kennen in der Regel das Unternehmen, den Firmenchef und die Besonderheiten des Unternehmens und der jeweiligen Branche bestens.
- Mitarbeiter: Auch eine treue und verdiente Führungskraft kennt im Normalfall die Abläufe der Firma aus dem Effeff. Die Umstellung für Kunden, Belegschaft und Zulieferer wäre recht überschaubar. Kommt in der Praxis aber eher selten vor (25 Prozent).
- Investoren (42 Prozent): Findet sich intern keine Lösung, sucht der Firmenchef außerhalb eigener Strukturen nach Investoren. Für eine genaue Bewertung der Firma sollte man sich spezialisierten Rat bei Finanzierungexperten holen.
- Stiftungen: Mit einer Überführung in die Rechtsform der Stiftung kann das Nachfolgeproblem ebenfalls gelöst werden, einige weitere Vorteile inklusive: Wahrung des Lebenswerks, Erhaltung persönlicher Wertvorstellungen und Ausdruck von Dankbarkeit für ein erfolgreiches Leben.
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