Home Finanzierung Neue Pflichten für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften

Neue Pflichten für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften

von Holger Clemens Hinz

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (kurz „FISG“) haben sich die Anforderungen an Unternehmen von öffentlichem Interesse, insbesondere bei der Umsetzung und Überwachung der Governance-Funktionen, verschärft. Für die Verschärfung war unter anderem der Wirecard-Skandal ausschlaggebend. Die Änderungen gehen dabei mit veränderten Pflichten für den Vorstand, aber vor allem für den Aufsichtsrat einher. Ein Gastbeitrag von Dr. Christoph Schmidt, Inhaber Audit Solutions

Von Dr. Christoph Schmidt

Unternehmen von öffentlichem Interesse

Der Gesetzgeber versteht unter Unternehmen von öffentlichem Interesse unter anderem kapital­markt­orientierte Kapitalge­sellschaften. Darunter werden Aktiengesellschaften, Kommanditge­sellschaften auf Aktienbasis, Europäische Gesellschaften (Societas Europaea) oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung verstanden, die an einem organisierten Markt tätig sind.

Nach Schmidt/Rinker handelt es sich bei einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG um ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den EWR betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System. In Deutschland ist darunter der regulierte Markt im Sinne des §§ 32 ff. BörsG, jedoch nicht der Freiverkehr, gemeint.

Neue Pflichten für Vorstände und Aufsichtsräte

Die neuen Anforderungen, die sich aus dem FISG ergeben, treffen unter anderem auf kapitalmarkt-orientierte Kapitalgesellschaften zu. Aus den gesetzlichen Vorgaben resultieren Pflichten für Vorstand und Aufsichtsrat.

Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften haben nach § 91 Abs. 2 AktG die Pflicht ein wirksames internes Kontrollsystem und Risikomanagementsystem einzurichten. Eine Haftungsrelevanz des Vorstandes genannter Unternehmen ist nach § 93 Abs. 2 AktG gegeben, sofern er nicht nachweisen kann, entsprechende Governance-Funktionen eingerichtet zu haben. Eine Pflichtverletzung und eine Haftung könnte dabei aus §§ 30, 130 OWiG resultieren.

Aufsichtsräte kapitalmarktorientierter Unternehmen haben nach dem FISG ab dem 01.01.2022 die Verpflichtung, einen Prüfungsausschuss einzurichten. Dieser hat in Zukunft die Wirksamkeit folgender Themenfelder zu überwachen:

  • Internes Kontrollsystem
  • Risikomanagementsystem
  • Internes Revisionssystem
  • Rechnungslegungsprozess
  • Unabhängigkeit der Abschlussprüfer.

Mit der einhergehenden neuen Regelung wird zudem das Auskunftsrecht für Mitglieder des Prüfungsausschusses erweitert. So können Mitglieder über den Ausschussvorsitzenden bei den Leitern derjenigen Zentralbereiche der Unternehmen nach § 107 Abs. 4 S. 4 AktG Auskünfte einholen. Folglich wird die Verantwortung für die erste Führungsebene aufgewertet. Allerdings dürfte sich hieraus auch ein Spannungsfeld ergeben. So könnte sich beispielsweise zwischen dem Leiter der Internen Revision, Vorstand und Aufsichtsrat ein Spannungsfeld, ein sog. „Serving-Two-Masters-Problem“, entstehen.

 


Dr. Christoph Schmidt, LL.M. (oec.) Dipl.-Betriebswirt (FH), anerkannter Prüfer für Interne Revisionssysteme (DIIR) ist freier Forscher am Lehrstuhl für Management Accounting and Control der Universität Siegen. Er ist Inhaber einer auf Corporate Governance, Risiko- und Compliancemanagement sowie Interne Revision Outsourcing spezialisierten Unternehmensberatung. | Autor

www.audit-solutions.de

 

You may also like

Hinterlassen Sie einen Kommentar