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Produktion im Ausland: Chancen und Risiken für KMU

von Thomas Kaufmann

Einer von vier Mittelständlern erwägt die Verlagerung der Produktion ins Ausland. Die Gründe sind vielfältig, die Herausforderungen am Wunschstandort ebenso. Was Firmen antreibt und was beim geplanten Wechsel ins Ausland zu beachten ist.

Von Thomas Kaufmann

Der Mittelstand gilt als das Herz der deutschen Wirtschaft. Doch nun droht eine Herztransplantation: Jedes vierte produzierende mittelständische Unternehmen erwägt eine Verlagerung der Produktion ins Ausland. Das geht aus einer Umfrage des Marktforschers Kantar unter 150 Unternehmen hervor, die repräsentativ für den produzierenden Mittelstand in Deutschland sind. Von den auswanderungswilligen Unternehmen zieht es demnach 40 Prozent nach Asien, 15 Prozent explizit nach China. In der Beliebtheitsskala der Unternehmen folgen auf Asien und Deutschland zunächst Ost-, dann Westeuropa und die USA.

Doch was treibt deutsche KMU ins Ausland? Wo sehen Sie Chancen und Risiken? Und was ist bei einer Verlagerung der Produktion ins Ausland zu beachten?

Die Gründe für die Abwanderungstendenzen sind vielschichtig. Eine weitere Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer unter Unternehmen, die neue Standorte im Ausland planen, nennt als Hauptmotivation die Erschließung neuer Märkte. Knapp dahinter folgt von die Absicht, die Kosten zu reduzieren. Drittwichtigstes Argument ist die Minimierung des Ausfallrisikos mit Blick auf geopolitische Risiken und gestörte Lieferketten.

Deutschland verliert, China gewinnt

Auf der anderen Seite bewerten laut Kantar-Umfrage nur noch 38 Prozent der befragten Mittelständler Deutschland als attraktiven Standort. China erzielt hier einen deutlich besseren Wert von 50 Prozent. Vor allem die hohen Energiekosten, die Bürokratie und die hohe Steuer- und Abgabenlast sprechen derzeit eher gegen Deutschland als Produktionsstandort.

Trotz der geopolitischen Risiken im Hinblick auf Chinas Bestrebungen, sich Taiwan einzuverleiben, den Handelskonflikt mit den USA und massive Einmischungen der chinesischen Regierung in die Wirtschaft:  Viele Mittelständler betrachten das Reich der Mitte als den „place to be“. Denn einerseits ist das Wirtschaftswachstum dort im weltweiten Vergleich immer noch überdurchschnittlich hoch und der Absatzmarkt riesig. Andererseits sind auch die Kosten dort trotz stetiger Lohnerhöhungen immer noch geringer als in Europa. Außerdem herrscht in Deutschland Fachkräftemangel, während in China zunehmend gut qualifizierte Ingenieure verfügbar sind. Auch andere Länder punkten bei deutschen Unternehmen, beispielsweise Indien, Vietnam, die USA, einige EU-Nachbarländer sowie Osteuropa. Sie bieten niedrigere Energiekosten, weniger Bürokratie und einem flexibleren Arbeitsmarkt.

Standortvorteile im Ausland prüfen

Dabei ist der Schritt, ein Unternehmen im Ausland zu gründen, alles andere als trivial. Das fängt schon bei der Wahl des Ziellandes an. An erster Stelle steht dabei eine Marktanalyse. Diese nimmt die Absatzmöglichkeiten der eigenen Produkte, die Kaufkraft potenzieller Kunden sowie das vorherrschende Preisgefüge für die eigene Produktkategorie unter die Lupe. Darüber hinaus sind die wirtschaftliche Lage des Landes, die Fachkräfteversorgung, das Lohngefüge, die Lebenshaltungskosten, soziale Leistungen sowie die staatlichen Auflagen bei der Standortprüfung wichtig.

In China zum Beispiel wird von vielen Mittelständlern ein Joint-Venture mit einem chinesischen Unternehmen vor Ort erwartet, bevor sie sich niederlassen können. Die lokalen Partner erleichtern zwar den Markteintritt, stellen jedoch eine Hürde dar, wenn doch mal der Rückzug aus China notwendig sein sollte. Auch kann verlangt werden, dass bestimmte Produktionsschritte am neuen Standort erfolgen und entsprechend Arbeitsplätze geschaffen werden müssen, damit die Behörden eine Genehmigung erteilen.

Fallstricke und Chancen bei Produktion im Ausland

Wer einen Standort im Ausland eröffnen will und sich für ein Land entschieden hat, muss sich außerdem mit dem Unternehmens- und Steuerrecht des Landes vertraut machen. Gerade auf der Steuerseite drohen Fallstricke, wie etwa eine Doppelbesteuerung im Aus- und Inland. Auf der anderen Seite kann eine Auslandsniederlassung auch mit deutlichen Steuervorteilen einhergehen. Daher ist professionelle Beratung durch spezialisierte Steuerberater oder -anwälte unbedingt empfehlenswert.

Zudem sind die politische Lage und Kultur wichtige Faktoren, auch wenn sie bei einer Standortgründung, die Jahrzehnte Bestand haben soll, eine untergeordnete Rolle spielen. Aber eine instabile Regierung, Umsturztendenzen oder ein totalitäres Regime können sich als großes Risiko erweisen, wie jüngst der Regierungsputsch in Niger deutlich machte.

Herausforderung Finanzierung

Nicht zuletzt muss ein neuer Standort im Ausland auch finanzierbar sein. Eine Firmengründung im Ausland ist oft mit hohen Kosten verbunden: Vor Ort werden Räumlichkeiten und Ausstattung benötigt, Mitarbeiter müssen gesucht und Löhne gezahlt werden. Auch Berater, wie Anwälte und Steuerberater, verlangen oft üppige Honorare. Daher sollten Unternehmen prüfen, ob und mit welchen Beträgen die Niederlassung ausländischer Firmen im Zielland gefördert wird. Nicht selten gibt es im Gegenzug für die Schaffung von Arbeitsplätzen kräftige Subventionen, die den Finanzierungsbedarf deutlich senken.

Darüber hinaus sollte ein Unternehmen seine Finanzierung auch für die Produktion im Ausland auf mehrere Standbeine verteilen. Derzeit ist die Kredithürde bei der Mittelstandsfinanzierung relativ hoch, die Kriterien für die Vergabe von Krediten sind also besonders restriktiv. Aber es gibt Alternativen in der Mittelstandsfinanzierung, die sich für Firmen auszahlen können. Sind größere Summen zu finanzieren, kommt neben einer klassischen Kreditfinanzierung vielleicht auch eine Beteiligung einer lokalen Partnerfirma oder eines Investors, die Ausgabe von Aktien oder die Begebung einer Anleihe in Frage. Um die Kosten niedrig zu halten, sind also verschiedene Finanzierungsalternativen zu prüfen. Die Quirin Privatbank steht hier gern mit Rat und Tat zur Seite.

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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