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Welche Rechtsform ist für KMU die richtige?

von Lieselotte Hasselhoff
Rechtsform für KMU

In Deutschland gibt es 14 verschiedene Rechtsformen für Unternehmen sowie einige Mischformen. Sie unterscheiden sich unter anderem in Haftungsfragen, im Handelsrecht, bei der Besteuerung, und beim Mindestkapital. Welche Vor- und Nachteile die jeweilige Rechtsform mit sich bringt.

von Holger C. Hinz

Rechtsformen für Unternehmen werden in drei Gruppen unterteilt. Die häufigste Rechtsform für Firmen in Deutschland ist das Einzelunternehmen. Von den rund 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland sind knapp 2,2 Millionen Solopreneure, also unternehmerische Einzelkämpfer. Daneben gibt es mehr als eine Dreiviertelmillion Kapitalgesellschaften und 400.000 Personengesellschaften. Bei den beiden zuletzt genannten spricht man statt von Rechtsformen auch von Gesellschaftsformen. Um diese soll es hier im Wesentlichen gehen.

Welche Rechtsform ist die am besten passende für ein Unternehmen? Die Antwort hängt von den Voraussetzungen und den Präferenzen der Unternehmensgründer ab. Die Wahl der Gesellschaftsform hat dabei weitreichende Konsequenzen: Sie bestimmt über das zu hinterlegende Mindeststammkapital des Unternehmens, wirkt sich auf Berichts- und Publizitätsvorschriften, Bilanzierungsregeln und die Unternehmenssteuer aus und ist entscheidend für die Frage, ob und inwieweit die Gesellschafter mit ihrem privaten Vermögen haften. Vereinfacht gesagt, haften bei Personengesellschaften die Gesellschafter persönlich mit ihrem Privatvermögen, bei Kapitalgesellschaften haftet das Unternehmen nur mit seinem Stammkapital bzw. mit der Kapitaleinlage der Gesellschafter.

Die Rechtsform ist nicht in Stein gemeißelt

Viele Unternehmen ändern im Laufe der Zeit ihre Rechtsform, zum Beispiel, weil das Unternehmen deutlich gewachsen ist oder sich der Kreis der Gesellschafter geändert hat. Oftmals ändern große Mittelständler ihre Rechtsform auch, um die Unternehmensnachfolge besser organisieren zu können, oder um Investoren eine Beteiligung am Unternehmen zu ermöglichen.

Hier ein kurzer Überblick über die wesentlichen Unterschiede:

Personengesellschaften

  • GbR: Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Die simpelste Form einer Personengesellschaft. Die Gründer bzw. Gründerinnen haften unbeschränkt. Dafür ist kein Stammkapital erforderlich und eine einfache Buchführung (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) genügt. Besteuert wird nach Einkommensteuer. Ein Eintrag in das Handelsregister ist nicht nötig und eine Beteiligung von Investoren ausgeschlossen.
  • OHG: Offene Handelsgesellschaft – Auch hier haften die Gesellschafter unbeschränkt und ein Stammkapital ist nicht erforderlich. Allerdings erfolgt ein Eintrag in das Handelsregister und es wird nach Gewerbesteuer besteuert, was bei größerem Geschäftsumfang Vorteile bieten kann. Darum ist auch die Doppelte Buchführung bzw. eine Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB vorgeschrieben. Die OHG war früher populär, inzwischen ist sie nur noch selten anzutreffen.
  • PartG: Partnergesellschaften – Sie sind vor allem für Freiberufler geeignet, die sich zusammenschließen, beispielsweise Steuerberater, Anwälte, freie Journalisten oder Physiotherapeuten. Die Haftung umfasst das Gesellschaftsvermögen und das Privatvermögen der Partner. Wer in welchem Umfang haftet, kann im Partnerschaftsvertrag geregelt werden. Es ist keine Kapitaleinlage notwendig, und die Partner zahlen Einkommensteuer, eine einfache Buchführung genügt. Die PartG wird im Partnerschaftsregister eingetragen, Investoren können nicht eingebunden werden.
  • KG: Kommanditgesellschaft – Sie unterscheidet sich von der OHG durch die Haftungsregelung. Gesellschafter der KG sind Kommanditisten und mindestens ein Komplementär. Während der Komplementär allein über Geschäftsführung und Außendarstellung bestimmt und unbeschränkt auch mit seinem Privatvermögen haftet, haften die Kommanditisten nur mit Ihrer Kapitaleinlage, haben aber keinen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung. Über die Höhe der Einlage bestimmen die Gesellschafter gemeinsam, für die Gründung ist aber kein Stammkapital erforderlich.
  • GmbH & Co. KG – Diese Sonderform entsteht, wenn an die Stelle eines Komplementärs in einer KG eine GmbH tritt. Eine GmbH kann als juristische Person die Geschäftsführung übernehmen. Da eine GmbH per se haftungsbeschränkt ist (siehe unten), haftet in einer GmbH & Co. KG niemand mehr mit seinem Privatvermögen. Deshalb ist diese Rechtsform nach der GbR die beliebteste Personengesellschaft.

Kapitalgesellschaften

  • GmbH: Gesellschaft mit beschränkter Haftung – Die GmbH ist die mit Abstand beliebteste Form einer Kapitalgesellschaft. Für die Gründung sind 25.000 Euro Mindestkapital Voraussetzung, dafür haftet das Unternehmen nur mit seinem Firmenkapital. Besteuert wird mit Gewerbe- und Körperschaftssteuer, doppelte Buchführung ist wie bei allen Kapitalgesellschaften Pflicht. Sie ist gut geeignet für Investorenbeteiligungen.
  • UG: Unternehmergesellschaft – Die UG funktioniert wie eine GmbH, bei der das Stammkapital erst noch erwirtschaftet werden muss. Schon für ein Mindestkapital von 1 Euro ist die Gründung und Eintragung möglich. Dafür muss das Unternehmen 25 Prozent seiner Einnahmen als gesetzliche Rücklage einbehalten, bis das GmbH-Stammkapital erreicht ist.
  • AG: Aktiengesellschaft – Die höchste Form der Kapitalgesellschaften. Für die Gründung sind 50.000 Stammkapital das Minimum. Gesellschafter sind die Aktionäre des Unternehmens, ihre Aktien verbriefen einen Anteil am Grundkapital. Eine AG benötigt zudem einen Vorstand und einen Aufsichtsrat. Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, allerdings kann der Vorstand in bestimmten Konstellationen auch persönlich haftbar werden. Jährlich ist eine Aktionärsversammlung einzuberufen, die Bilanzierungs- und Berichtspflichten sind umfangreich. AGs benötigen einen Gesellschaftsvertrag und Einträge in das Handels- sowie Transparenzregister. Der große Vorteil: Eigentumsanteile lassen sich durch Verkauf der Aktien einfach übertragen. So können neue Aktionäre einfach Kapital einbringen und das Unternehmen kann sich über die Ausgabe neuer Aktien oder Anleihen am Kapitalmarkt finanzieren.
  • KGaA: Kommanditgesellschaft auf Aktien – Diese Rechtsform ist eine Mischung aus der KG und der AG. Die Kommanditisten halten Aktienanteile, haben aber kein Mitbestimmungsrecht und somit praktisch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft. Der Komplementär haftet wie bei der KG unbeschränkt und persönlich. Die KGaA bietet den Vorteil, dass trotz Beteiligung von Aktionären der Vorstand das alleinige Sagen hat. Das Mindestkapital beträgt 50.000 Euro, ein Gesellschaftsvertrag ist Pflicht.

Die Rechtsform entwickelt sich mit dem Unternehmen

Die richtige Rechtsform für ein kleines mittelständisches Unternehmen (KMU) hängt also vor allem davon ab, wie sich das Gründungsteam einbringen will, wie Haftungsfragen geregelt sind, wie hoch das Mindestkapital sein muss, welcher Bürokratieaufwand mit der Gesellschaftsform einhergeht, wie frisches Kapital eingebracht werden kann und ob Investoren beteiligt werden sollen. Daher ist es für viele Unternehmen opportun, zunächst mit einer einfachen Gesellschaftsform und persönlicher Haftung der Gesellschafter zu beginnen, etwa mittels GbR oder KG – und erst nach erfolgreichem Wachstum des Unternehmens in eine haftungsbeschränkte Form wie eine GmbH zu wechseln. Wer allerdings auch Kapital von Investoren einwerben möchte und für die Unternehmensfinanzierung einen Zugang zum Kapitalmarkt sucht, kommt um die höheren Kapitalgesellschaften wie KGaA oder AG nicht herum.

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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