Der Fachkräftemangel in Deutschland setzt sich fort. Insbesondere die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist angespannt. Laut dem Berufsbildungsbericht 2022 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist die Zahl der Berufsanfänger im vergangenen Jahr zwar leicht um 1,2 Prozent auf 473.100 gestiegen. Allerdings blieben zum Ausbildungsstart im September letzten Jahres 63.200 Ausbildungsstellen unbesetzt. In den kommenden Jahrzehnten soll sich die Lage aufgrund der Überalterung und geburtenschwacher Jahrgänge verschärfen.
Um dem Mangel an geeigneten Bewerbern zu begegnen, setzen kleine und mittelständische Unternehmen zunehmend auf alternative Formen der Ausschreibung und Bewerbung. Gerade wer junge Leute gewinnen will, muss sie dort abholen, wo sie sich befinden. Denn insbesondere potenzielle Auszubildende lesen in der Regel keine Stellenanzeigen in der gedruckten Zeitung, sondern ausschließlich online.
Einblicke in die Arbeitsatmosphäre geben
Immer mehr Mittelständler präsentieren sich daher auf den gängigen Social Media-Plattformen. Laut European SME Survey 2019 setzten bereits vor dem Digitalisierungsschub durch die Pandemie 62 Prozent der deutschen KMU auf das Recruiting über soziale Medien oder planten dies für die nächsten zwei Jahre. Vor allem Unternehmen, in denen Fachkräfte fehlen, nutzten diese Option. Die verstärkte Nutzung sozialer Medien infolge der Kontaktbeschränkungen dürfte diesen Trend noch verstärkt haben.
Eine digitale Annonce allein reicht allerdings nicht aus, um als potenzieller Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Stattdessen sollte man Einblicke in den Arbeitsalltag geben und auch die Mitarbeiter zu Wort kommen lassen. Dabei ist der Ton entscheidend. Denn gerade junge Menschen stellen andere Ansprüche an ihren Arbeitsplatz als frühere Arbeitnehmer-Generationen. Vor allem eine gute Arbeitsatmosphäre und ein ansprechendes Wir-Gefühl stehen hoch im Kurs. Das lässt sich beispielsweise mit Online-Videos gut transportieren.
Den richtigen Ton treffen
Mit der Nutzung von Social Media ändert sich aber auch der Bewerbungsprozess. Gut möglich, dass ein Bewerber spontan auf einen Post reagiert und sich per Direktnachricht nach einem Ausbildungsplatz erkundigt. Dann heißt es schnell antworten, damit die Kontaktaufnahme nicht ins Leere läuft. Unterlagen wie Lebenslauf und Zeugnisse sollten die Bewerber nachreichen können. Im Idealfall passen aber auch die fachlichen Parameter und der nächste Azubi ist an Bord.
Neben einem tragfähigen Konzept spielt für den Erfolg einer Social Media Recruiting-Strategie auch das Budget eine Rolle. Selbst bei kleineren Kampagnen können schnell 30.000 Euro zusammenkommen. Eine Summe, die nicht jedes KMU aufbringen kann. Ein weiteres Problem ist der Datenschutz. Damit nehmen es die einschlägigen Plattformen nicht so genau. Deswegen ist es ratsam, sensible Daten eher über klassische, abgesicherte Kanäle auszutauschen. Auch Diskussionen um den Gehaltswunsch finden besser persönlich bzw. telefonisch statt.
Zielgruppengerecht kommunizieren
Im Übrigen findet man nicht nur Nachwuchskräfte über Social Media – je nach Zielgruppe, bieten sich verschiedene Plattformen an. Bei Ausbildungssuchenden sind Tiktok und Snapchat angesagt. Das mit 73 Prozent meistgenutzte Netzwerk in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen ist laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2021 allerdings Instagram. Demgegenüber hat Facebook bei den über 30-Jährigen die Nase vorn. Berufserfahrene finden Recruiter also eher hier.
Bei Stellenprofilen mit akademischem Hintergrund ist Xing relevant. Falls zusätzlich noch internationale Erfahrung gewünscht ist, bietet sich LinkedIn an. Wichtig ist, jede Zielgruppe gemäß ihrer Erwartung und Vorlieben anzusprechen und dabei immer authentisch und glaubwürdig zu bleiben. Dann kann mithilfe der sozialen Medien auch dem Fachkräftemangel begegnet werden.
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