Trotz der schwierigen konjunkturellen Entwicklung investieren Unternehmen weltweit jedes Jahr mehr in die Automatisierung ihrer Betriebsabläufe. Inzwischen sind Roboter universeller, günstiger und auch ohne Programmierkenntnisse einsetzbar. Das macht sie auch für den Mittelstand und kleine Unternehmen zu einer lohnenden Investition. Das Potenzial für Automatisierung im Mittelstand ist riesig.
„Beim Einsatz von Robotik wird es einen Schwenk geben – von den Großunternehmen wie der Automobilindustrie zu den kleineren Unternehmen, die das genauso brauchen, um künftig wettbewerbsfähig zu operieren. Das Potenzial ist gigantisch“, sagte die Generalsekretärin der International Federation of Robotics (IFR), Susanne Bieller, kürzlich der Nachrichtenagentur DPA.
Tatsächlich breiten sich Roboter immer weiter aus. Im vergangenen Jahr waren 553.052 neue Anlagen in Fabriken rund um den Globus installiert worden – etwa fünf Prozent mehr als 2021. Für 2023 erwartet der Verband trotz Konjunkturabkühlung weiteres Wachstum. 2024 dürfte dann die Marke von 600.000 Robotern überschritten werden, hieß es.
In Deutschland war die Zahl neu installierter Industrieroboter 2022 leicht zurückgegangen, vor allem weil die Autobauer und Zulieferer weniger Roboter kauften. Insgesamt waren in der deutschen Industrie im vergangenen Jahr 259.626 Roboter im Einsatz. Gegenüber 2021 ist das ein Plus von rund fünf Prozent. Die Bundesrepublik ist demzufolge die am stärksten automatisierte Volkswirtschaft Europas. Bei der Roboterdichte liegt Deutschland weltweit hinter Japan, Singapur und Südkorea auf Platz vier.
Automatisierung im Mittelstand: Kollege Roboter übernimmt, was lästig ist
Der Siegeszug der Automatisierung erreicht zunehmend auch KMU. Denn die Roboter werden kleiner, flexibler, einfacher in der Bedienung und preiswerter. Beispielsweise kommen heute immer mehr kollaborative Roboter zum Einsatz, kurz Cobots. Sie sind dafür konstruiert, direkt mit Menschen in ihrer Nähe zusammenzuarbeiten. Sie benötigen weder Käfig noch Schutzzaun, reagieren hochsensibel auf ihr Umfeld und können so Mitarbeitern direkt in der Produktionshalle zuarbeiten. Dadurch sind sie ideal für KMU geeignet. Sie können Palettieren, Be- und Entladen, unterstützen bei der Qualitätskontrolle oder übernehmen monotone und unergonomische Handgriffe. Der Kollege Roboter ergänzt so die Mitarbeiter, die durch ihn mehr Zeit für andere Aufgaben haben.
Für den Mittelstand im verarbeitenden Gewerbe ist das eine gute Chance. Die Vorteile liegen auf der Hand: Roboter arbeiten immer präzise und in gleichbleibender Qualität, wenn es sein muss auch rund um die Uhr. Sie sind also produktiver und produzieren dabei weniger Ausschuss. Das hilft auch, den CO2-Fußabdruck eines Betriebes klein zu halten. Roboter schaffen durch die Übernahme lästiger monotoner und zeitraubender Arbeitsschritte freie Personalkapazitäten, die so sinnvoller genutzt werden können. Damit helfen sie auch gegen den verbreiteten Fachkräftemangel und sorgen so für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der KMU.
Personal nicht ersetzen, sondern entlasten
Studien belegen, dass die Einführung von Robotern in der Fertigung und Verarbeitung die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und so das Unternehmenswachstum unterstützt. Sie sorgen in den meisten Fällen nicht für den Abbau von Personal, sondern vielmehr für die Schaffung neuer Stellen. Es gibt beispielsweise den Fall einer Verzinkerei, die durch Integration eines Schweißroboters die Fertigungstiefe erhöhen und so neue Aufträge akquirieren konnte. „Dass wir jetzt auch schweißen können, bringt uns inzwischen zusätzliche Verzinkungsaufträge. Wir konnten unsere Kernprozesse stärken“, sagt Bernd D. Euschen, Geschäftsführer der Verzinkerei Sulz. Letzten Endes musste das Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen, um die Aufträge zu bewältigen.
Roboter könnten elf Millionen Beschäftigte entlasten oder ersetzen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht davon aus, dass 11,3 Millionen Menschen heute in Jobs tätig sind, die zu 70 bis 100 Prozent durch Computer oder computergesteuerte Maschinen erledigt werden können. Das ist mehr als ein Drittel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Bislang galt der Einsatz von Industrierobotern im Mittelstand weithin als zu teuer und zu komplex. Da Roboter aber immer besser werden, weniger Teile benötigen, leichter zu bedienen und zu programmieren sind sowie auch räumlich sehr flexibel eingesetzt werden können, wird eine Investition zunehmend wirtschaftlich. Der Return on Investment (ROI) ist deshalb oft schon nach ein bis zwei Jahren erreicht.
Weil sich Roboter in vielen Fällen schnell bezahlt machen, ist auch für Mittelständler eine Finanzierung kein Problem, trotz konjunktureller Risiken. Und da sie auch dabei helfen, die Produktion nachhaltiger zu gestalten, unterstützen sie KMU bei ihren Nachhaltigkeitszielen. Eine passgenaue Mittelstandsfinanzierung ist deshalb in wirtschaftlich schwierigen Zeiten umsetzbar – und womöglich der entscheidende Schritt für ein Unternehmen, um in Krisenzeiten die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und Marktanteile zu gewinnen. KMU sollten diese Chance nicht verstreichen lassen.
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