Mantelfirmen haben als schnelle Alternative zum klassischen Börsengang einen regelrechten Hype erlebt. Zwischenzeitlich ist die Begeisterung deutlich abgeflaut, das Gros der SPACs konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Klassische IPOs und Reverse-IPOs bleiben für deutsche KMUs die attraktivere Alternative.
Special Purpose Acquisition Companies, kurz SPACs, haben einen rasanten Aufstieg erlebt. Selbst prominente Sportler wie Fußballstar Robert Lewandowski oder Basketball-Idol Shaquille O’Neal gaben ihren Namen für die Börsenmäntel und befeuerten den Hype. Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass der Rekord aus dem vergangenen Jahr, als 237 SPACs mehr als 83 Milliarden Dollar erlösten, schon Ende März eingestellt wurde. Dabei war 2020 bereits mehr Geld mit diesen Investmentvehikeln bei Anlegern eingeworben worden als im gesamten vorherigen Jahrzehnt. An manchen Tagen kamen mehr als zehn neue Börsenmäntel auf einmal.
Aus Unternehmenssicht ist die Fusion mit einem SPAC in erster Linie eine Abkürzung auf dem Weg an die Börse. SPACs gehen als leere Unternehmenshüllen an die Märkte und listen ihre Aktien als eine Art Platzhalter, um später mit Firmen verschmolzen zu werden und diese so gleichsam durch die Hintertür aufs Parkett zu bringen. In den USA standen sie auf dem Höhepunkt des Booms für gut die Hälfte aller IPOs.
Im Visier der Börsenaufsicht
Im Frühjahr kühlte sich die Begeisterung unvermittelt ab. Den gesamten April über gab es nur noch 13 Neuzugänge – ein Trend, der sich fortsetzen dürfte. So gibt es zwischenzeitlich deutlich mehr Mantelgesellschaften als aussichtsreiche Kandidaten für die Übernahme. Darüber hinaus entwickelten sich SPAC-IPOs in den sechs Monaten nach der Fusion im Schnitt um fast 40 Prozent schlechter als der S&P 500-Index.
Wenig vertrauensfördernd ist auch die Tatsache, dass viele Aktionäre ihre Papiere lieber zurückgeben, statt sie gegen die Aktien der neuen Gesellschaft zu tauschen. Mittlerweile verlassen rund 70 bis 90 Prozent der SPAC-Aktionäre das Finanzvehikel, sobald das Ziel der Investition feststeht. Die US-Börsenaufsicht SEC schaut zwischenzeitlich strenger auf das Geschäft mit den Börsenmänteln, erwägt eine stärkere Regulierung und reichte bereits erste Klagen gegen SPAC-Initiatoren ein. Zur Vorsicht rät auch die BaFin als deutsches Pendant zur SEC.
Für deutsche KMU mit ihrem meist traditionellen Geschäftsmodell sind diese Investmentvehikel aufgrund ihrer starken Fokussierung auf den Technologie-Sektor ohnehin wenig interessant. Zumal Mittelständler mit vergleichsweise hohen Kosten kalkulieren müssen. Die Management-Gebühren für ein SPAC belaufen sich auf rund zwei bis fünf Prozent des Mantelwerts zuzüglich einer vorab festgelegten Summe.
Reverse-IPO und klassischer Börsengang als Alternative für KMU
Günstiger und erfolgversprechender für deutsche Mittelständler, die über einen Mantel an die Börse gehen wollen, ist die Option eines Reverse-IPOs. Auch hier ist die Aktiengesellschaft, die der Newcomer als Firmenmantel nutzen will, bereits an der Börse gelistet. Der große Vorteil gegenüber der SPAC-Variante: Beim Reverse-IPO geht die Initiative vom Unternehmer aus, der seine Firma an die Börse bringen will, während es beim SPAC die Investoren sind, die die Zielgesellschaft auswählen.
Auch ein klassisches IPO kann sich für mittelständische Firmen in mehrfacher Hinsicht auszahlen. So ermöglicht das gestiegene Eigenkapital den KMU nicht nur, günstiger und einfacher an Fremdkapital wie beispielsweise Bankkredite zu kommen. Die Börsennotierung und der damit verbundene Aktienhandel steigern darüber hinaus die Bekanntheit und die Bewertung des Unternehmens – und trägt letztlich dazu bei, das Ansehen in der Öffentlichkeit zu erhöhen.
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