Home Finanzierung Was die savedroid-Posse für den Finanzierungsmarkt bedeutet

Was die savedroid-Posse für den Finanzierungsmarkt bedeutet

von Holger Clemens Hinz

Ist der mittlere zweistellige Millionenbetrag des savedroid-ICOs verschwunden? Nein! Während betroffene Investoren erleichtert sind, bleibt der Image-Schaden.

Die Geschehnisse rund um das Frankfurter Startup savedroid schlagen hohe Wellen. Was ist geschehen? Das Team rund um die Spar-App, das vor einigen Monaten ein Initial Coin Offering (ICO) angekündigt hatte, um rund 40 Millionen Euro Investorengelder einzusammeln, war für rund 24 Stunden verschwunden. Die Webseite war bis auf ein Meme aus der Serie Southpark („Aannnd it’s gone“) nicht mehr erreichbar. savedroid-Gründer Yassin Hankir verabschiedete sich zudem auf Twitter mit den Worten „Thanks guys. Over an out…“. Wurde savedroid gehackt? Erlaubt sich das Fintech einen irren PR-Stunt? Oder hat sich das Team gar mit dem im ICO eingesammelten Kapital aus dem Staub gemacht?

Diese Fragen stellte sich die Öffentlichkeit für rund 24 Stunden. Doch dann die Video-Botschaft von Hankir selbst: Alle Gelder seien sicher, man habe mit der Aktion lediglich auf die Risiken von ICOs aufmerksam machen wollen.

ICOs: Für Mittelständler keine Alternative

Kryptowährungen und ICOs gelten schon lange als riskante Investments. Neben sinnvollen Projekten, finden sich auf einschlägigen Plattformen immer auch zwielichtige Angebote. Investoren haben diesen Umstand lange ignoriert – als könnte man jede Betrugsmasche im Voraus leicht erkennen. Die Aktion von savedroid hat gezeigt: Selbst ein relativ großes ICOs wie das von savedroid hätte in betrügerischer Absicht lanciert werden können. savedroid-Gründer Hankir gibt selbst zu, dass es dem Team möglich gewesen wäre, mit dem Investorenkapital abzuhauen.

Wenn einer der Lieblinge der Fintech-Szene die Öffentlichkeit für mehrere Tage im Unklaren lassen kann, wenn Investoren um ihr Geld bangen müssen und eine sinnvolle Technologie derart diskreditiert wird, dann ist bereits großer Schaden entstanden. Viele Anleger und auch professionelle Investoren werden sich künftig ganz genau überlegen, ob Investments in ICOs so viel Sinn machen.

Aber auch Fintechs werden es ab sofort schwerer haben. Nach der Hängepartie rund um savedroid müssen junge Unternehmen mit ICO-Plänen künftig noch viel mehr Überzeugungsarbeit leisten. In diesen Stunden werden einige junge Gründer mit Sicherheit grübelnd an ihren Schreibtischen sitzen. Während der vergangenen Monate wurden ICOs selbst für kleinere Unternehmen aus der Industrie als mögliche Lösung in Finanzierungsfragen gepriesen. Ein schnelles Verfahren und geringe Kosten nannten Befürworter als Argumente. Doch seit der savedroid-Hängepartie ist das sehr unwahrscheinlich geworden; zumal viele Anleger, die ein Investment in den Mittelstand suchen, eher konservativ und weniger technologieaffin sind als typische Krypto-Nerds. Hinzu kommt, dass es für Unternehmen vielfältige Möglichkeiten der Mittelstandsfinanzierung gibt: Vom klassischen Börsengang bis hin zu Debt Fonds oder Schuldscheinen – Unternehmen haben schon heute eine große Auswahl.

ICOs brauchen mehr Regulierung

Und wie wird sich der ICO-Markt in Deutschland entwickeln? savedroid hat mit seiner drastischen Aktion den Finger in die richtige Wunde gelegt. ICOs in ihrer heutigen Form geben Betrügern nahezu alle Möglichkeiten. Wie savedroid-Gründer Hankir selbst fordert, kommt es entschieden darauf an, das Verfahren strenger zu regulieren. Erst wenn sich eine Hängepartie wie zuletzt nicht wiederholen kann, werden sich mehr und mehr Unternehmen und Investoren ICOs gegenüber öffnen. Bis dahin fehlt vor allem eines: Vertrauen.

 

 

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Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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