Home FinanzierungAngleichung der Interessen bei Start-ups: Fünf Tipps zur Einführung von Beteiligungsprogrammen

Angleichung der Interessen bei Start-ups: Fünf Tipps zur Einführung von Beteiligungsprogrammen

von Lieselotte Hasselhoff

Insbesondere bei Start-ups sind Beteiligungsangebote als zusätzliches Vergütungselement besonders beliebt, um attraktive Talente anziehen und binden zu können. Fünf praxisnahe Tipps zeigen, wie sich Beteiligungsprogramme erfolgreich einführen lassen.

Ein Gastbeitrag von Dr. Axel May und Johanna Czech

Variable Vergütung in Aktien für Start-ups

Variable Vergütung in Aktien stellt für viele Unternehmen ein interessantes Instrument für die Interessenangleichung von Unternehmen und Mitarbeitenden dar. Insbesondere bei Start-ups sind Aktien als zusätzliches Vergütungselement besonders beliebt, um attraktive Talente anziehen und binden zu können.

Typische Eigenschaften von Start-ups, die bei der Gestaltung eines Beteiligungsprogramms1 von Bedeutung sind, lassen sich in folgender Taxonomie zusammenfassen:

Knappheit von Cash

Cash ist bei Start-ups vor allem zu Beginn eine knappe Ressource, die für Sachinvestitionen genutzt werden sollte. Daher ziehen viele Unternehmen die Verwendung von Aktien in der Vergütung als „Cash-schonende“ Variante in Erwägung. Das Jahresgehalt eines Mitarbeitenden ist ein Cash-bindender Kostenfaktor, der für ein junges Unternehmen schnell zur Herausforderung werden kann. Vergütet man in Aktien, nimmt man statt einem Abgang an Cash eine Verwässerung der Unternehmensanteil, in Kauf, und bezahlt mit zukünftiger Wertentwicklung.

Unsicherheit und Schnelllebigkeit

Start-Ups sind oft in einem sich schnell verändernden Umfeld tätig und müssen sich flexibel anpassen können. Teilweise befinden sie sich selbst noch in der Entwicklungsphase und ihr Geschäftsmodell ist noch nicht vollständig ausgereift. Deshalb sind sie oft mit Unsicherheiten konfrontiert, wie z.B. Marktveränderungen, finanziellen Engpässen oder dem Fehlen von Ressourcen wie Mitarbeitenden.

Unter diesen Umständen kann es problematisch sein, konkrete langfristige Ziele zu setzen, an welche die variable Vergütung innerhalb der klassischen Ziel-Anreiz- Logik gekoppelt wird. Vergütung in Aktien kann weitgehend das schwierige Setzen von Zielen vermeiden. Sie folgt der Philosophie, dass Vergütung das Teilen einer gemeinsam erreichten, nachhaltigen Wertentwicklung darstellt. Das bedeutet, dass die Eigentümer gemeinsam mit den Mitarbeitenden eine Abmachung über die langfristige Wertschaffung treffen.

Wettbewerb um Talente

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich immer mehr zum Arbeitnehmermarkt, in dem weniger Arbeitssuchende einem steigenden Angebot von potenziellen Arbeitsplätzen gegenüberstehen – und dies gilt insbesondere für sehr gut ausgebildete Personen. Dabei können etablierte Unternehmen oftmals auf den ersten Blick attraktivere Pakete anbieten: höhere Saläre, attraktive Benefits oder einen geregelten Bonusplan. Was Start-ups dem aber entgegensetzen können: Purpose, ein „cooleres Arbeitsumfeld“, sowie attraktive Aktienpakete, die an hohes Wachstumspotential geknüpft sind (siehe unten) und durch ein Exitszenario belohnt werden können. Dafür sind Mitarbeitende, besonders der jüngeren Generationen, häufig auch bereit ein höheres Risiko einzugehen.

Wachstumspotential

Start-Ups werden oft wegen ihres hohen Wachstumspotenzials geschätzt. Da es sich in der Regel um Unternehmen mit innovativen Geschäftsideen handelt, haben sie oft die Möglichkeit, in neue oder bestehende Märkte zu expandieren und dadurch schnell zu wachsen. Eine höhere Wachstumsrate und ein größeres Potenzial für zukünftiges Wachstum können das Interesse von Investoren wecken und dazu führen, dass diese bereit sind, mehr für Aktien des Unternehmens zu bezahlen. Dies macht Aktien eines Start-Ups zu einem begehrten Gut. In anderen Worten: Mitarbeitende finden Aktien von Start-Ups oft sehr attraktiv, weil sie aufgrund des hohen Wachstumspotenzials des Unternehmens große Chancen auf hohe Gewinne haben können.

Exit-Fokus

Viele Start-Ups arbeiten von Anfang an auf einen möglichen Exit hin – denn für Investoren ist der Exit im Grunde die einzige Möglichkeit, ihr investiertes Kapital zurückzuerhalten. Die Verwendung von Aktien als Währung zur Ausrichtung variabler Vergütung sorgt für eine unmittelbare Angleichung der Interessen der Gründer, Investoren und der Mitarbeitenden. Wird der Unternehmenswert gesteigert und das Unternehmen erfolgreich verkauft oder ein IPO vollzogen, profitieren alle Parteien davon. Beteiligungsprogramme tragen somit zu einer Verankerung einer auf den Aktienpreis fokussierten Strategie bei – insbesondere bei Start-Ups, die früher oder später einen Exit anstreben, ist eine klare Fokussierung des Teams auf diese Stellschraube erfolgsversprechend.

5 Tipps für die Erarbeitung von Beteiligungsprogrammen

Passendes Programm wählen: An der Ein- und Durchführung eines Beteiligungsprogrammes hängt viel, auch weil das Aktienkapital eine der wertvollsten Ressourcen eines Start-ups ist. Unprofessionell designte Beteiligungsprogramme können daher enormen Schäden für das Unternehmen verursachen – gerade dann, wenn sie nicht für mehrere potenziell eintretende Ereignisse durchdacht wurden. Beispielweise kann ein Beteiligungsprogramm, welches auf Optionen basiert und damit stark auf die Vorteile der Eigentümer im Fall eines Exits ausgerichtet ist, auf potenzielle Käufer auch abschreckend wirken. Am Verkaufszeitpunkt des Unternehmens werden die ausgegebenen Optionen ausgelöst, und der Käufer sieht sich einer starken Verwässerung gegenüber, was den Kauf eher unattraktiv macht. Auch die steuerlichen Konsequenzen für die Mitarbeitenden müssen gut durchdacht werden. Bei einer starken Wertentwicklung können bspw. Equity Stock Ownership Plans (ESOPs) zu einer extremen Belastung für die persönliche finanzielle Situation von Mitarbeitenden werden.

Kommunikation priorisieren: Ein Beteiligungsprogramm kann vor allem dann seine Wirkung entfalten, wenn es gut kommuniziert und verstanden wird. Dies aus zwei Gründen. : Erstens können positive Kultureffekte gar nicht eintreten, wenn Mitarbeitende nicht sofort verstehen, welche Ziele mit dem System verfolgt werden, und wie das System funktioniert. Hierbei ist vor allem ist wichtig, Transparenz über Verkaufsmöglichkeiten und steuerliche Konsequenzen zu schaffen. Zweitens neigen Mitarbeitende dazu, misstrauisch zu werden, wenn Beteiligungsprogramme nicht verstanden werden. Damit nimmt die Beteiligungsquote ab, was nicht im Sinne des Unternehmens wäre. Beides muss aus unternehmerischer Sicht durch gute Kommunikation und Einbeziehung der Mitarbeitenden vermieden werden, um den Erfolg des Programms gewährleisten zu können.

Lebenszyklus beachten: Zwar ist der Exit für viele Start-up Unternehmenden ein großes Ziel, jedoch sollte der Fokus auf das operative Geschäft auf dem Weg dorthin nicht verloren gehen. Werden in der ersten Expansionsphase kurz nach der Gründung weitere Schlüsselmitarbeitende und allenfalls Mitglieder der Geschäftsleitung angestellt, kann man diese beispielsweise noch gut mit (gesperrten) Aktien beteiligen. Sobald der Teilnehmerkreis weiterwächst, muss unterschieden werden, wen man noch unmittelbar über Aktien beteiligen möchte und für wen allenfalls eher ESOPs in Frage kommen. Wenn schließlich ein Exit näher rückt, muss auch dieser in der Ausgestaltung eines Beteiligungsprogramms berücksichtigt werden.

Steuern einbeziehen: Unterschiedliche Programme haben unterschiedliche Steuerkonsequenzen, und dies wiederum hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Attraktivität des Plans aus Teilnehmersicht. Bei stark wachsenden Unternehmen gilt grundsätzlich: Je früher die Beteiligungen als Einkommen versteuert werden können und je höher damit der Anteil des Wachstums, der nicht mehr der Einkommens-, sondern der Kapitalertragssteuer unterliegt, desto besser! Damit rutschen zumindest aus steuerlicher Sicht ESOPs und Restricted Share Units (RSUs) ganz ans Ende der Attraktivitäts-Skala, während die sofortige Übertragung von (gesperrten) Aktien deutlich attraktiver ist. Im Umkehrschluss gilt aber: Ist das Eigentum am Anteil einmal übertragen und die Anteile damit von den Teilnehmenden versteuert, wird eine Rückforderung (bspw., wenn Teilnehmende das Unternehmen verlässt) schwieriger.

Bewertungsansatz durchdenken: Die Festlegung des Bewertungsansatzes für das Beteiligungsprogramm ist maßgeblich relevant für die Attraktivität und Positionierung des Programms: Soll es hauptsächlich dazu dienen, zu niedrige fixe Vergütung oder andere Vergütungsbestandteile auszugleichen? Dann muss die gewählte Bewertung möglichst niedrig sein. Soll der Hauptzweck hingegen vor allem die Tatsache der Beteiligung an sich sowie die Interessenangleichung mit anderen Investoren sein, sollte eine realistische Bewertung gewählt werden.

Fazit

Start-ups verfügen über eine Reihe besonderer Eigenschaften, die die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms besonders sinnvoll erscheinen lassen. Bei der Erarbeitung der konkreten Ausgestaltung sind zahlreiche Aspekte zu beachten, um das Potenzial solcher Programme zu maximieren.

 

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Über die Autoren:

Dr. Axel May ist Senior Partner und Mitgründer von HCM International sowie ausgewiesener Experte für Risiko- und Finanzmanagement. Nach über 17 Jahren in leitenden Positionen als Chief Financial Officer und Chief Risk Officer bei Banken und Versicherungen konzentriert er sich heute auf die Themen Executive Compensation, Corporate Governance und Finanzmanagement. Er promovierte im Bereich Finanzen an der Universität Kiel und absolvierte ein Executive Program an der Harvard Business School. Zudem verfügt er über einen MBA mit Schwerpunkt Finance and General Management sowie einen Bachelorabschluss der Universität Münster.

 

 

Johanna Czech ist Senior Consultant bei HCM und spezialisiert auf die Konzeption, Implementierung und Weiterentwicklung maßgeschneiderter Anreizsysteme. Ihr Schwerpunkt liegt im Banken- sowie dem Gesundheitswesen, sie betreut jedoch auch eine Vielzahl börsennotierter und nicht börsennotierter Unternehmen unterschiedlichster Größen und Branchen. Sie hält einen Master of Arts in Unternehmensführung von der Universität St. Gallen sowie einen Bachelor of Arts in Betriebs- und Volkswirtschaftslehre von der Universität Basel. 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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