Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Die Pandemie hat schmerzvoll gezeigt, in welchen Bereichen in den letzten Jahrzehnten Fortschritt verschlafen wurde. Chancen wurden besonders vertan bei Digitalisierung, Energiewende und Bekämpfung des Fachkräftemangels. Im Eiltempo muss jetzt nachgebessert werden. Ein Gastbeitrag von Benjamin Schöfer, Referent für Wirtschaft & Politik beim Deutschen Mittelstands-Bund e.V. (DMB).
Von Benjamin Schöfer
Selten zuvor war es so zutreffend, bei einer Bundestagswahl von einer Richtungswahl zu sprechen. Für eine erfolgreiche Bewältigung unserer ökonomischen, sozialen und ökologischen Aufgaben muss die Perspektive von kleinen und mittleren Unternehmen miteinbezogen werden. Denn sie stellen mit über 99 Prozent den größten Anteil der Betriebe in Deutschland dar. Sie erwirtschaften mehr als 36 Prozent aller steuerpflichtigen Umsätze und stellen rund 60 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze.
Anlässlich der Bundestagswahl am 26. September 2021 hat der DMB seine Mitglieder gefragt: Welche Themen bremsen die Arbeit ihres Unternehmens? An der Spitze stehen mit 85,3% der Stimmen bürokratische Belastungen. Rund vier Fünftel aller Befragten beklagen zudem hohe Steuerlasten. Zu den TOP 5 gehören außerdem die schlechte digitale Infrastruktur in Deutschland gefolgt vom anhaltenden Fachkräftemangel. Mehr als die Hälfte aller Befragten beklagt außerdem zu hohe Energiekosten.
Hier gibt es mehr Informationen.
Aus den TOP-Herausforderungen der DMB-Mitglieder wurden die mittelstandspolitischen Wahlprüfsteine erstellt. Wahlprüfsteine werden von Verbänden im Vorfeld von Wahlen in enger Absprache mit den eigenen Mitgliedern erarbeitet und an die verschiedenen Parteien versendet. Dabei werden die Parteien nach Lösungsansätzen für die Herausforderungen gefragt, die wiederum den eigenen Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Wahlkampf: Der DMB fragt, die Parteien antworten
Die Antworten der Parteien fallen sehr unterschiedlich aus. CDU/CSU betonen ihr Ziel, Bürokratie abzubauen, wollen Steuererhöhungen eine klare Absage erteilen und sich für die Sicherung von Fachkräften mithilfe eines gesteuerten Zuzugs gut ausgebildeter und leistungsbereiter Menschen aus den Mitgliedstaaten der EU und aus außereuropäischen Staaten einsetzen. Zudem wird in dem Zusammenhang die Förderung der Beschäftigung von Frauen und Älteren sowie Menschen mit Behinderungen genannt.
Die SPD will den Mittelstand unterstützen, indem das hohe Investitionsniveau des Bundes weiter fortgesetzt und die Innovationsförderung aufgestockt wird sowie Stromkosten durch die Abschaffung der EEG-Umlage bis 2025 gesenkt werden.
Die AfD will Unternehmen von Bürokratie und politisch induzierten Belastungen befreien. Im Bildungsbereich sollen die MINT-Fächer gestärkt und im Steuerwesen alle Substanzsteuern abgeschafft werden.
Die FDP nennt ein Entfesselungspaket zur Bürokratieentlastung, die Senkung der steuerlichen Belastung von Unternehmen auf 25 Prozent und die Stärkung des dualen Systems der beruflichen Bildung.
DIE LINKE will bei der Einkommensbesteuerung niedrige und mittlere Einkommen entlasten, hohe Einkommen dagegen belasten. Die Stromsteuer soll deutlich reduziert werden und die digitale Infrastruktur sowie die Digitalisierung der Verwaltung mit rund 10 Milliarden Euro jährlich vorangetrieben werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heben hervor, eine Offensive für private und öffentliche Investitionen zur Unterstützung der Transformation in Unternehmen, die Förderung einer Kultur der Selbstständigkeit u.a. mit einem Gründungskapital von 25.000 Euro und eine steuerliche Verlustrechnung vorantreiben zu wollen, bei der Unternehmen ihre Corona-Verluste mit den Gewinnen der letzten vier Jahre verrechnen können.
Komplette Antworten der Parteien beim DMB
Auf der DMB-Website sind alle Antworten der Parteien in Gänze nachzulesen. In weiteren themenbezogenen Wahlprüfsteinen werden die Positionen der Parteien in den Themenbereichen Bürokratieabbau, Unternehmensteuer, Vermögensteuer, Digitalisierung, Stromkosten, Fachkräftemangel und unkomplizierte Förderung abgefragt. Die Inhalte der Parteien für ihre zukünftige Mittelstandspolitik liegen somit auf dem Tisch und sollten vor einer Wahlentscheidung genau studiert werden. Nur mit einem starken Mittelstand kann Deutschland die großen Herausforderungen unserer Zeit meistern!
LINK zu allen Wahlprüfsteinen
Benjamin Schöfer ist als Referent für Wirtschaft & Politik beim Deutschen Mittelstands-Bund e.V. (DMB) für die Themenbereiche Finanzen & Nachfolge zuständig. Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) macht sich seit über 35 Jahren für kleine und mittlere Unternehmen stark. Er vertritt die Interessen seiner rund 25.000 Mitglieder – parteipolitisch neutral und unabhängig. Hierzu gehören Unternehmen, Gewerbetreibende und Freiberufler mit insgesamt über 500.000 Beschäftigten. | Autor
https://www.mittelstandsbund.de/