Viele Unternehmer haben Zukunftssorgen: Digitalisierung, Fachkräftemangel, drohende Rezession, wachsender internationaler Konkurrenzdruck. Seit einem Jahr nun ruft die jüngere Generation zudem ein weiteres drängendes Thema lautstark ins Gedächtnis: den Klimawandel. Für Mittelständler, die nicht schon jetzt auf Nachhaltigkeit setzen, kann es bald richtig teuer werden. Aber wie kann der Wandel ohne größere Verluste gelingen?
Seit nunmehr einem Jahr gehen freitags weltweit viele Jugendliche – und auch immer mehr Erwachsene – auf die Straße, um gegen die bisher eher verhaltenen Reaktionen auf den Klimawandel seitens der Politik zu protestieren. Auch wenn viele Bürger die „Fridays for Future“ belächeln, manche den Klimaschützern gar Wirtschaftsfeindlichkeit vorwerfen: Sie haben damit ein wichtiges Thema angestoßen. Unternehmer sollten ihnen dankbar sein.
Denn: Der deutsche Mittelstand muss nachhaltiger werden, um nicht in ein paar Jahren ins Hintertreffen zu geraten. Wenn die Folgen des Klimawandels immer spürbarer werden, wird der Gesetzgeber die Daumenschrauben anziehen. Das kann schmerzhaft werden – heißt für KMU vor allem: teuer. Wer dann vielleicht auch noch durch andere Baustellen wie die Digitalisierung belastet ist, hat – was die Zukunft des eigenen Unternehmens angeht – schlechte Karten.
Deshalb bedeutet ökologische Nachhaltigkeit eben nicht nur Umweltschutz, sondern auch das eigene Unternehmen zu schützen. Wer sich in vorauseilendem Gehorsam nach und nach nicht nur einen grünen Anstrich, sondern eine wirklich klimaschonende Agenda verpasst, sorgt damit klug vor
Alle Entschlossenheit und einzelne Gegenmaßnahmen bringen aber nichts, wenn der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit planlos erfolgt. Sonst bleibt viel Einsparpotenzial auf der Strecke – für den Planeten wie für das Unternehmen. Um wirklich effektiv zu wirken, braucht es ein umfassendes Konzept. Die Entstehung und Umsetzung sollten in fünf Schritten erfolgen:
Schritt 1: Wie nachhaltig sind wir eigentlich schon?
Wer sich mehr Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt, muss erstmal wissen, wie nachhaltig das Unternehmen bereits ist. Klingt trivial, darf aber keineswegs vergessen werden. Nur wer sich über seinen Ressourcenverbrauch, Umweltbelastungen und den Schadstoffausstoß im Klaren ist, kann den Verbesserungsbedarf bemessen.
Dafür müssen viele Bereiche erfasst werden, einige sind gar noch zu erheben. Sie reichen teils ins Privatleben der Angestellten: Es ist durchaus relevant für die Klimabilanz, ob die Angestellten alle einzeln mit ihren Diesel-PKW anreisen, das Fahrrad oder die S-Bahn nutzen.
Ein guter Zugang ist daher, schon frühzeitig einen oder mehrere verantwortliche Mitarbeiter zu bestimmen, die diese Daten erheben und erste Ideen sammeln. Das muss keine lästige Pflicht sein: Wer sich privat für die Umwelt engagiert, freut sich oft sogar, es nun auch bei der Arbeit tun zu können.
Die Daten sollten dann zentral zusammengetragen und ausgewertet werden – gern auch mit Unterstützung durch externe Experten. Anhand der Erkenntnisse, die sie in anderen Unternehmen bereits gewonnen haben könnten, ist es leichter, die eigenen Defizite zu erkennen.
Schritt 2: Wie machen wir Nachhaltigkeit zum Unternehmensziel?
Im zweiten Schritt braucht es Aufbruchsstimmung, um ein wirkliches Umdenken zu bewirken. Für die „letzten 5 Prozent“ Optimierung streckt sich kein Mitarbeiter so sehr wie für eine „generelle Abkehr von der Überflusswirtschaft“. Dafür sollte die Nachhaltigkeit fest in die Unternehmenskultur verankert werden. Die Wichtigkeit des Unterfangens muss von der Führungsebene vorgelebt werden.
Schritt 3: Wie setzen wir diese Ziele nun um?
Nun liegen die Daten vor und die inhaltliche Neuausrichtung des Unternehmens ist geklärt. Also geht es jetzt an die ersten konkreten Maßnahmen. Zuerst sind da mögliche Top-Down-Maßnahmen, die die Mitarbeiter wenig beeinflussen. Zum Beispiel der Umstieg auf lokale Zulieferer, eine grünere Logistik, umweltschonendere Fertigungsverfahren.
Sensibler sind Maßnahmen wie die Abschaltung der Büro-Klimaanlage zu bestimmten Zeiten; eine Umstellung der Dienstwagenflotte auf klimafreundliche Modelle, von denen möglichst viele als Pool-Fahrzeuge umfassend genutzt werden; und auch der flächendeckende Einsatz von ausschaltbaren Steckerleisten in den Büros kann viel Energie sparen. Hier ist es essenziell, verständnisvoll vorzugehen und die wohlüberlegten Maßnahmen gut zu begründen.
Ergänzen lässt sich das durch eine gelebte nachhaltige Kultur. Angebote, die die Angestellten freiwillig annehmen können – wie ein bezuschusstes Firmenticket oder Fahrrad – helfen dabei. Eine Kantine mit nachhaltig produzierten Nahrungsmitteln, eine bessere technische Ausstattung zur Eindämmung der Papier-Flut und Wasserfilter für genießbares Leitungswasser an jedem Ort bieten Chancen, nachhaltige Unternehmenskultur selbstverständlich zu leben.
Auch die Eigenverantwortung und Kreativität der Angestellten sollten gefördert werden. So kann es sich durchaus bezahlt machen, dass die einzelnen Abteilungen selbst entscheiden, mit welchen Maßnahmen (weniger Plastikmüll, Druckpapier, etc.) sie den ökologischen Fußabdruck reduzieren wollen. Im Idealfall können diese Aktionen auf andere Abteilungen übertragen werden – ein riesiger Gewinn für jedes Unternehmen.
Richtig ist zwar, dass die Umstellung auf einen nachhaltigeren Betrieb ohne Investitionen nicht umsetzbar ist. Doch von den Kosten sollten sich Unternehmer mit Weitsicht nicht abschrecken lassen. Denn mittel- und langfristig dürften sich die Investitionen rechnen – nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch aus ökonomischer. Grund: Der Anteil junger und gut ausgebildeter Fachkräfte, die mit ihrer Arbeit keinen Beitrag zum Klimawandel leisten wollen, sollte künftig noch weiter zunehmen.
Schritt 4: Ball ins Rollen bringen
Nun muss die Belegschaft über die Maßnahmen informiert werden. Wichtig: Von Beginn an sollte die Wichtigkeit dieses Vorhabens kommuniziert und vorgelebt werden. Nur so werden die engagierten Angestellten, die die Schritte nachhaltig umsetzen sollen, auch ernst genommen: Sie sind nicht nur „die Umwelthansel, die die gelbe Tonne einführen wollen“. Sie sichern die Zukunft des Unternehmens. Dafür brauchen sie die Rückendeckung von oben.
Schritt 5: Laufender Nachhaltigkeitsprozess
Wie die Digitalisierung ist auch die Nachhaltigkeit kein endlicher Prozess. Die Ergebnisse der Bemühungen sollten daher fortlaufend mit den Angestellten geteilt werden. Lob, aber auch Kritik müssen hier immer möglich sein – von beiden Seiten. Das oberste Ziel muss sein, eine dauerhaft nachhaltige Unternehmenskultur zu entwickeln. Und das nicht nur in ökologischer Hinsicht.
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