Seit Jahren befinden wir uns auf einem extrem hohen Niveau an Beschäftigung. Grund dafür ist vor allem die gute Wirtschaftslage. Viele sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer bedeuten, dass entsprechend hohe Einnahmen in die öffentlichen Kassen fließen. Zusammengerechnet haben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen im ersten Halbjahr aufgrund von Rekordsteuereinnahmen einen Überschuss von 45,3 Milliarden Euro erzielt.
Von Dr. Volker Müller
Leider gibt es keine Garantie, dass es so weitergeht. Im Gegenteil, dunkle Wolken ziehen am Horizont auf: Die Industrieaufträge gehen zurück. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie das nicht enden wollende Gezerre um den Brexit sorgen für Verunsicherung. Unternehmen brauchen berechenbare Rahmenbedingungen und Planbarkeit. Stattdessen weiß niemand, welche Veränderungen ab wann denn nun gelten. In der Folge beginnt der Konjunkturmotor zu stottern.
Vermögensteuer ist überflüssig…
Erstaunlicherweise hören die Begehrlichkeiten nicht auf. Trotz immenser Überschüsse fällt so manchem immer wieder eine neue Steuer ein, zum Beispiel eine Vermögensteuer. Dabei ist sie doch völlig überflüssig. Schon jetzt erreicht das deutsche Einkommensteuerrecht genau das, was es soll: Höhere Einkommen werden höher besteuert und haben daher einen größeren Anteil am Gesamtaufkommen. Bezieher niedrigerer Einkommen – das sind rund 30 Prozent der Erwachsenen – zahlen überhaupt keine Einkommensteuer: vor allem Rentner, aber auch Auszubildende, Studenten, geringfügig Beschäftigte und Arbeitslose. Top-Verdiener hingegen zahlen den Großteil der wichtigsten Steuer des deutschen Staats an den Fiskus: Die zehn Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen zahlen 50 Prozent der Einkommensteuer.
…und würde vor allem den Mittelstand belasten
Der Mittelstand bildet bekanntermaßen das Rückgrat unserer Wirtschaft – etwas, um das uns viele andere Länder beneiden. Dazu gehören viele Familienunternehmen, die von Inhabern geführt werden. Gerade sie würden durch eine geplante Vermögensteuer zusätzlich belastet werden. Das Geld, das dann als Steuer an den Staat geht, fehlt den Unternehmen für wichtige und dringend notwendige Investitionen in die Zukunft und in die Wettbewerbsfähigkeit. Die Herausforderungen sind so vielfältig wie zahlreich: Infrastruktur, Digitalisierung, Energiewandel, neue Formen der Mobilität und nicht zuletzt Weiterbildung der Mitarbeiter.
Dabei haben die Unternehmen sich schon beim Solidaritätszuschlag nicht freuen können, denn er wurde nicht komplett abgeschafft. Der Plan der Bundesregierung zur teilweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlags befreit zwar 90 Prozent der Einkommensteuerzahler von der Ergänzungsabgabe – für Unternehmen bleibt es zum großen Teil so, wie es war.
Die Wirtschaft in Niedersachsen und in Deutschland braucht vernünftige Rahmenbedingungen, denn sie steht in vielen Bereichen im internationalen Wettbewerb. Daher braucht die Wirtschaft für ein besseres Investitionsklima statt zusätzlicher Steuern und Abgaben eine Senkung der Unternehmensteuer. Nur der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit kann Wohlstand und Arbeitsplätze bei uns sichern. Nur so können wir den Wettbewerb mit Ländern wie China und ihrer Geschwindigkeit erfolgreich bestehen. Es ist höchste Zeit zu handeln!
Über den Kapitalmarktblog:
Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.
Dr. Volker Müller | Autor
Dr. Volker Müller (Jahrgang 1955) ist seit dem Jahr 2000 Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V. (UVN), und Geschäftsführer des Instituts der Norddeutschen Wirtschaft e.V. (INW). Der Jurist und promovierte Soziologe ist Mitglied in zahlreichen Gremien und seit 2006 Honorarkonsul des Königreichs der Niederlande in Hannover.