Immer mehr mittelständische Unternehmen in Deutschland stehen vor einem ernsthaften Problem: Sie finden keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger, die bereit sind, den Betrieb weiterzuführen. Wirtschaftswissenschaftler Stefan Bieler von der Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover erklärt, warum der Generationenwechsel zunehmend scheitert und welche Folgen das haben kann.
Ein zentraler Grund ist der demografische Wandel. Viele Unternehmensgründer der sogenannten Babyboomer-Generation erreichen das Rentenalter, doch geeignete Nachfolger fehlen. Während es den älteren Inhabern oft schwerfällt, ihr „Lebenswerk“ loszulassen, wollen jüngere Menschen die mit Unternehmertum verbundene hohe Arbeitslast und Verantwortung häufig nicht tragen. Der klassische Mittelständler arbeitet sechs Tage die Woche, Urlaub ist selten – ein Lebensstil, der sich kaum mit den heutigen Vorstellungen von Work-Life-Balance vereinbaren lässt. Auch wirtschaftliche Faktoren verschärfen die Situation. Vor allem im stationären Handel und in der Gastronomie machen Online-Angebote und Lieferdienste den Unternehmen zu schaffen. Nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer hat sich die Lücke bei der Unternehmensnachfolge seit 2019 nahezu verdoppelt. Rund 25 bis 30 Prozent der betroffenen Betriebe könnten in den nächsten Jahren keine Nachfolger finden – mit der Folge, dass sie verkauft oder geschlossen werden müssen.
Bieler sieht dennoch Chancen: Familien könnten das Eigentum behalten, aber die Geschäftsführung an externe Fachleute übergeben. Alternativ seien Verkäufe, Familienstiftungen oder andere Nachfolgemodelle denkbar.
