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Trumps zweite Amtszeit: Please fasten your seatbelts!

von Holger Clemens Hinz
Trumps zweite Amtszeit: für Anleger wird es holprig

Am 20. Januar 2025 beginnt die zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident, begleitet von einer Mehrheit der Republikaner in Senat wie Repräsentantenhaus. Trump wird daher bei der Durchsetzung seiner Politik nur wenig Gegenwind verspüren. Für Anleger birgt dies Chancen und Risiken zugleich. Was Trumps politische Agenda für Anleger, Unternehmen mit ihren Refinanzierungsplänen und Börse selbst bedeutet – und worauf sie sich einstellen sollten.

von Holger Clemens Hinz

Mit dem Urteilsspruch von US-Richter Juan Merchan kommt der designierte US-Präsident Donald Trump aus Praktikabilitätsgründen zwar “straffrei” davon, er ist aber der erste rechtskräftig verurteilter Straftäter in der Geschichte der USA, der in das Weiße Haus einzieht. Eine Reaktion der Börse blieb jedoch aus. Nach seinem Wahlsieg Anfang November 2024 hatte es zwar einen kurzen Schreckmoment an den Weltbörsen gegeben, schnell kehrten aber Gelassenheit und Optimismus zurück. Die europäischen Aktienbörsen bewegten sich zunächst nur mit moderaten Schwankungen, US-Aktien konnten sogar im Rahmen der “Trump-Rally” spürbar zulegen. In der ersten Dezemberhälfte testeten die Börsen dies- und jenseits des Atlantiks dann sogar neue Höchststände.

Dass die Märkte unter dem Strich eher positiv auf die Wahl Donald Trumps reagierten und auch keinerlei Interesse für die offizielle Verurteilung des künftigen US-Präsidenten zeigten, lag sicherlich zum einen daran, dass das Wahlergebnis vom November so eindeutig ausfiel und nicht darum gestritten wurde. Die Märkte wollten Klarheit, und die haben sie bekommen. Zum anderen herrschte schon im November bei vielen Amerikanern Vorfreude auf Trumps Agenda. Zum Beispiel hatte er im Wahlkampf weitere Steuersenkungen angekündigt, insbesondere im Unternehmenssektor. Diese sollten zusammen mit einem Abbau der Regulierung die Firmengewinne wieder ankurbeln. Gleiches gilt für die Ölindustrie, die nach dem Motto „Drill, baby, drill!“ mehr Öl fördern soll. Trumps Energiepolitik setzt voll auf die Förderung des heimischen Öls und eine Senkung teurer Energieimporte. Subventionen für erneuerbare Energien will er reduzieren.  

Trump 2.0: Gut für die Wirtschaft, teuer für den Staat 

Trump hat inzwischen seine Regierungsmannschaft weitgehend zusammen. Hedgefonds-Manager Scott Bessent soll sich als künftiger Finanzminister für eine Steuerreform und Deregulierung einsetzen, Paul Atkins als Trumps Kandidat für die Börsenaufsicht SEC den Kryptomarkt öffnen und nicht zuletzt Tech-Milliardär Elon Musk Bürokratie und überhöhte Staatsausgaben wegfegen. Die Börse honoriert, dass Trump die Wirtschaft mit Hilfe seines neue Best-Buddies Musk von vermeintlichen Fesseln des Staates befreien will. 

Anders als 2016, als sich viele Silicon-Valley-Größen gegen Donald Trump als US-Präsident aussprachen, werden ihn diesmal viele hofieren – vor allem die Mitglieder der sogenannten Paypal-Mafia. Dazu gehört neben Elon Musk auch David Sacks, einst COO von PayPal. Er soll Trumps neuer KI- und Kryptozar im Weißen Haus werden. Des Weiteren ist der Frankfurter PayPal-Mitbegründer Peter Thiel zu nennen, der den Wahlkampf des designierten Vizepräsidenten JD Vance finanzierte, und auch der Ex-PayPal-Manager Keith Rabois, der sich schon seit Jahren für Trump stark macht. Hinzu kommen weitere Silicon Valley Größen, die Trumps Politik unterstützen, beispielsweise Netscape-Gründer Marc Andreessen, Amazon-Gründer Jeff Bezos oder Meta-Gründer Mark Zuckerberg. Trump weiß damit bei seiner zweiten Amtszeit also etliche der einflussreichsten sowie der reichsten Unternehmer der Tech-Industrie hinter sich; Tendenzen hin zu einer Tech-Oligarchie werden denkbar. 

Generell herrscht in der US-Wirtschaft nach Trumps Wahlsieg vor allem Optimismus. Dennoch warnen auch Stimmen aus der Wirtschaft vor den Risiken. Laut Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagestrategie und Produktentwicklung bei der Quirin Privatbank, kosten Trumps Steuerpläne so viel Geld, dass Experten mit einem deutlichen Anstieg der US-Staatsschulden rechnen. Zudem könnten die angekündigten hohen Zölle auf Waren aus China, Europa, Kanada und Mexico viele Güter in den USA verteuern und so die unter der Administration Biden gerade eingedämmte Inflation wieder anfachen. In der Folge könnten Zinserhöhungen der US-Notenbank zur Bekämpfung der Inflation nötig werden. „Zudem hemmen solche Zölle den Welthandel und sind potenziell Gift für das Wirtschaftswachstum“, hat May in seinem Kommentar zur Wiederwahl Trumps geschrieben. 

Unklare Aussichten belasten die Börsen

Was schlecht für das Wirtschaftswachstum ist, belastet direkt die Börse. Noch in den Wochen nach der Wahl wurde der Optimismus an der Börse vor allem von der Aussicht auf Zinssenkungen der US-Notenbank Fed getragen. Doch die Inflation ist noch nicht besiegt, der Arbeitsmarkt aber weiter robust. Deshalb hat Notenbankchef Jerome Powell die Erwartungen an Zinssenkungen zuletzt gebremst. Das hat den Aktienmarkt bereits nach unten korrigieren lassen. Die Möglichkeit wieder steigender Zinsen und überbordender Staatsschulden hat ihrerseits den Rentenmarkt auf Talfahrt geschickt. Zehnjährige US-Staatsanleihen wurden abgestoßen, im Gegenzug stiegen die Renditen der Anleihen auf den höchsten Stand seit Ausbruch der Finanzkrise 2007. Für die US-Regierung wird es also deutlich teurer, neue Schulden für die Trump-Agenda aufzunehmen. 

Die Unsicherheit an der Börse ist somit trotz eines klaren Wahlergebnisses, klarer Mehrheiten für Trump im Kongress und breiter Unterstützung der US-Wirtschaft für seine Präsidentschaft weiterhin groß. Welches seiner Wahlversprechen er tatsächlich umsetzt und wie diese Schritte genau aussehen und finanziert werden sollen, bleibt bislang im Bereich der Spekulation. Stefan May hält es zum Beispiel für möglich, dass Trump zunächst nur selektive, aber schlagzeilenträchtige Zölle verhängen wird – und mit Drohgebärden versucht, dass China und Europa ihm in den Verhandlungen erheblich entgegenkommen.  

Außerdem müssen Anleger wie Unternehmen mit ihren Refinanzierungsplänen am Kapitalmarkt mit vielfältigen Irritationen während der Präsidentschaft von Donald Trump rechnen. Gerade erst hat er mit seinen Einverleibungsabsichten zu Grönland, Kanada und Panamakanal die Partnerstaaten empört. Derlei überzogene politische Vorstöße können an den Börsen kurzfristig für Schwankungen sorgen, insbesondere wenn sie auch die Zins- und Wirtschaftspolitik betreffen. Vor dem Hintergrund bedeutender geopolitischer Krisen und einer schwachen Weltkonjunktur reagieren die Märkte umso nervöser. 

Die Geschichte lehrt: Wirtschaftswachstum entsteht nicht primär im Oval Office 

Anleger wie börsennotierte Unternehmen oder solche mit angedachten oder bestehenden Kapitalmarktfinanzierungen haben also gute Gründe, eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps als Einflussfaktor für ihr individuelle Situation ernstzunehmen. Andererseits schließe ich mich grundsätzlich der Meinung von Stefan May an, dass Regierungen normalerweise keinen so großen und nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung von Wirtschaft und Börse haben, wie deren mediale Präsenz es uns vorspiegelt. Das zeigt auch die Grafik zur Börsenentwicklung unter verschiedenen Präsidenten.  

Das für die Börse so entscheidende Wirtschaftswachstum entsteht nicht primär im Oval Office, sondern wenn sich Unternehmen und Märkte entwickeln. Das passiert in den entwickelten Industrieländern aus dem Eigenantrieb freien Unternehmertums. Das gilt auch für ein Amerika unter Trump. Erst recht, wenn seine Politik in den USA als wirtschaftsfreundlich wahrgenommen wird. Wenn es der größten Volkswirtschaft der Erde gut geht, profitiert die Konjunktur weltweit. In den letzten zehn Jahren ist die US-Wirtschaft im Schnitt um 2,4 Prozent gewachsen (und damit knapp um einen Prozentpunkt stärker als die Euro-Zone (1,5 Prozent). Der Internationale Währungsfonds sieht daher Chancen für ein weiterhin robuste Wachstum der US-Wirtschaft. 

Zur Erinnerung: Schon in Trumps erster Amtszeit haben sich Wirtschaft und Börsen durchaus gut entwickelt, das durchschnittliche Wachstum lag bei 2,7 Prozent – und das trotz katastrophalen Corona-Krisen-Managements von Trump. US-Aktien entwickelten sich während Trumps Amtszeit gemessen am S&P 500 mit einem Plus von rund 60Prozent sogar überdurchschnittlich. Und der größte Aktienmarkt der Welt ist nun mal mit großem Abstand die Wall Street. Was hier geschieht, beeinflusst die Börsen weltweit. 

Volatile Märkte voraus

Wenn heute einerseits ein US-Präsident Donald Trump dank klarer Mehrheiten im Kongresse eine größere Durchsetzungskraft hat, andererseits die wirtschaftliche und geopolitische Lage seit Ausbruch des Ukraine-Krieges deutlich krisengeplagter und schwieriger ist, müssen sich Anleger auf deutliche Schwankungen an allen Märkten einstellen. Sich von Aktien zu verabschieden und auf vermeintlich sichere Anlagen wie Gold und Anleihen zu setzen, wäre genauso leichtsinnig, wie alles in die vermeintlichen Gewinnerbranchen, etwa Öl- und Rüstungsaktien, zu investieren – von Nachhaltigkeitsaspekten mal ganz abgesehen. Auch die Anleihekurse- und Renditen dürften abhängig von Staatschulden-, Inflations- und Zinsentwicklung deutlich schwanken. Und ob Gold nach einem Rekordjahr noch viel Potenzial hat oder wie in den vergangenen beiden Monaten weiter korrigiert und schwankt, vermag niemand zu sagen.  

In so einer Situation tun Anleger generell gut daran, ihre Investments breit und ausgewogen aufzustellen, um die Verlustrisiken durch Diversifikation zu senken und Schwankungen besser zu verkraften. Das bedeutet, das Vermögensportfolio möglichst nicht auf in alle wichtigen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe aufzuteilen, sondern innerhalb der Anlageklassen auch über verschiedene Branchen, Länder und Regionen zu streuen. Es besteht hier daher auch eine große Chance in volatilem Umfeld auch für den seit Jahren nicht gut performenden Small und Mid Cap Sektor und die Möglichkeit für Börsengänge und Anleiheneuemittenten in Europa – ganz gleich, was ein Präsident Donald Trump sich alles einfallen lässt, um der fünfte Kopf am Mount Rushmore zu werden.

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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