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Nachfolger gesucht: Corona erschwert Übernahmen im Mittelstand

von Holger Clemens Hinz

Die Klärung der Unternehmensnachfolge ist für viele Mittelständler eine der wichtigsten letzten Aufgaben im Betrieb. Doch die Suche nach geeigneten Kandidaten gestaltet sich immer schwieriger: Unternehmer haben kaum noch Nachwuchs und häufig geht der dann lieber eigene Berufswege. Zudem setzt die Corona-Krise viele KMU unter Druck: Die Rücklagen sind aufgezehrt, die Auftragsbücher leer. Dadurch sinken Wert und Attraktivität des Unternehmens stark.

Mit einem Anteil von 99,4% sind KMU das Fundament der deutschen Unternehmenswelt. Für viele Mittelständler ist ihre Firma mehr als nur ein Job, sondern eine Lebensaufgabe, in die viel Herzblut geflossen ist. Eine der wichtigsten Fragen im Leben eines Chefs ist die nach der Zukunft seiner Firma. Wenn es einmal in den Ruhe- oder Vorruhestand geht, soll das Lebenswerk in guten Händen sein. Doch die Suche nach geeigneten Nachfolgern wird zunehmend schwierig. Einerseits übernimmt immer seltener der Familiennachwuchs die Unternehmensleitung, zum anderen erschwert die derzeitige Corona-Pandemie die Nachfolgeplanung massiv. Firmeninhaber sollten sich daher schon früh Gedanken über eine etwaige Unternehmensnachfolge machen.

Kaum noch Nachfolger aus der Familie

Viele Unternehmer tun sich schwer damit, einen Nachfolger für die eigene Firma zu benennen. Das liegt vor allem daran, dass es derzeit an geeigneten Kandidaten für die Übernahme mangelt. Die Zeiten, in denen bereits bei der Geburt feststand, dass der Nachwuchs eines Tages das Unternehmen leiten wird, sind längst vorbei. Stattdessen gehen Sohn und Tochter meist ihre eigenen Berufswege. Die familieninterne Übernahmegründung nimmt stetig ab: Laut KfW-Research übernahm 2016 noch zu 41% ein Familienmitglied das Unternehmen, im Jahr 2019 waren es nur noch 34%. Dieser Rücklauf hängt vor allem mit der demographischen Entwicklung zusammen: Die scheidende Unternehmergeneration hat historisch wenig Kinder. Gleichzeitig werden die Unternehmenslenker immer älter: 51% der Mittelständler sind über 55 Jahre alt. 29 Prozent sind über 60 Jahre alt. Der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen, bei denen altersbedingt die Abwicklung der Nachfolge ansteht, nimmt immer weiter zu.

Corona-Krise belastet Unternehmen stark

Die Corona-Pandemie verschärft das Nachfolge-Problem noch weiter. Zwar planen viele Mittelständler bereits laufende Übergaben durchzuziehen. Doch bei der Mehrheit der Inhaber liegt die Zukunftsplanung derzeit auf Eis. Mehr als die Hälfte der KMU wissen aktuell nicht, wann oder ob sie überhaupt ihr Unternehmen an einen Nachfolger weitergeben wollen. Das Problem: Die Attraktivität vieler Unternehmen sinkt in der Krise. Viele Unternehmen sind durch Corona finanziell stark angeschlagen und stehen kurz vor der Insolvenz. Besonders schwer betroffen sind Gastrobetriebe und die Reisewirtschaft: Jeder neunte aus diesen Bereichen rechnet weiter mit erheblichen Umsatzrückgängen.

Die von der Bundesregierung versprochenen Hilfsgelder kommen noch immer nur schleppend bei den Firmen an. Unternehmen, die sich über Wasser halten können, greifen daher oftmals auf eigene Rücklagen zurück. Das verschlechtert die Übergabechancen: Der Wert des Unternehmens sinkt. Neue Eigentümer wollen ungerne die Altlasten des Vorgängers übernehmen, sondern mit einer gesunden Firma an den Start gehen.

Gesetzgeber muss agieren

Da das unternehmerische Risiko wegen drohender Insolvenzen durch die herrschenden Rahmenbedingungen erheblich steigt, überlegen sich Nachfolgekandidaten doppelt, ob sie einen Betrieb übernehmen wollen. Das Gelingen weiterer Betriebsübernahmen hängt daher auch vom Verlauf der Krise und dem Agieren der Bundesregierung ab. Bleiben Hilfsgelder weiter Mangelware und schmale Auftragsbücher sowie Kurzarbeit die Norm, dann könnte sich die Suche nach geeigneten Nachfolgern noch deutlich weiter hinziehen. Denn eine geordnete Übergabe außerhalb von Krisen-Zeiten bedarf schon einer mehrjährigen Planung. Der Gesetzgeber muss deshalb für mehr Planungssicherheit sorgen und Betrieben, die Übergaben planen, aber derzeit nur Krisenmanagement betreiben, stärker unter die Arme greifen.

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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