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Familienunternehmen kommen besser durch die Krise

von Holger Clemens Hinz

Studien belegen: Familienunternehmen performen in Krisenzeiten besser als nicht inhabergeführte Betriebe. Das gilt für die Zeit der Corona-Pandemie ebenso wie für die aktuelle Wirtschaftskrise. Eine wesentliche Rolle spielen dabei firmenspezifische Werte und die Inhaberpersönlichkeit.

 
 

Deutschlands Mittelstand schlägt sich im internationalen Vergleich gut in der Krise. Kein Wunder, denn 94 Prozent aller mittelständischen Betriebe sind Familienunternehmen. Und diese kommen deutlich besser durch die Krise als große Konzerne. Zu diesem Ergebnis kommen unter anderem Studien des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) und des Wittener Instituts für Familienunternehmen (WIFU). Auch die Performance gelisteter Familienunternehmen an der Börse zeigt: Die großen Konzerne könnten sich in Puncto Management noch einiges bei den inhabergeführten Betrieben abschauen. Laut den Studien ist die Krisenfestigkeit insbesondere zurückzuführen auf besondere Unternehmenswerte, kurze Entscheidungswege und auch auf die individuelle Mentalität der Inhaber. Doch was heißt das konkret?

Werte spielen in den Familienunternehmen eine zentrale Rolle und verleihen Stabilität

Integrität, wirtschaftliche Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit zählen laut WIFU zu den wesentlichen Werten deutscher Familienunternehmen. So ist Gewinn zwar Voraussetzung, aber nicht Ziel langlebiger Unternehmen. Wichtiger seien weiche Faktoren, wie zum Beispiel der Gemeinsinn. Familienunternehmen legen zudem traditionell Wert auf eine hohe Eigenkapitalquote. Dadurch bleiben sie unabhängig und auch in Zeiten höherer Kreditkosten liquide. Darüber hinaus greifen auch mittelständische Unternehmen immer häufiger auf die Möglichkeit eines IPO oder IBO – also der Ausgabe von Aktien oder Anleihen an der Börse – zurück. Auf diese Weise verteilen sie ihre Finanzierung auf mehrere Standbeine und bringen sich in eine bessere Verhandlungsposition für das Aushandeln guter Kreditkonditionen mit ihrer Hausbank.

Kurze Entscheidungswege ermöglichen schnelles Handeln in kritischen Situationen

Familienbetriebe sind oft zentral organisiert. Das sorgt für kurze Entscheidungswege: Oft sind die Entscheider selbst vor Ort, pflegen den persönlichen Kontakt zu Mitarbeitenden und Geschäftspartnern. Sie können aktuelle Lagen dadurch früher einschätzen als Konzernvorstände, die aus der Ferne arbeiten und viele Aufgaben delegieren. So erkennen sie Probleme in den eigenen Arbeitsabläufen und bei ihren Zulieferern früher als andere. Sie können zudem ohne langwierige Rücksprachen gerade in Krisenzeiten wichtige Entscheidungen zügig fällen und so kurzfristig den laufenden Betrieb an die aktuellen Herausforderungen anpassen.

Mentalität: Firmenentscheider haben eine emotionale Bindung zu ihrem Betrieb

In Familienbetrieben ist das Wohlergehen der Firma naturgemäß eng mit dem persönlichen Wohlergehen der Inhaber verknüpft. Der Betrieb ist nicht selten Einkommensquelle, privates Investment und Lebensinhalt in einem. Inhaber haben somit ein intrinsisches Interesse daran, dass die Firma in der Krise besteht. Das hat unter anderem einen positiven Effekt auf das Vertrauen von Investoren und Geschäftspartnern in den Betrieb. Das kann in Krisenzeiten wichtige Stabilität bieten. Ob ein Unternehmen letztlich tatsächlich gut durch die Krise kommt, hängt – aufgrund der auf die Inhaberperson zentralisierten Firmenorganisation – wiederum stark von der Inhaberpersönlichkeit ab. Laut IfM spielt es eine wesentliche Rolle, wie flexibel Unternehmerinnen und Unternehmer in ihrer Arbeitsweise und in ihren Bewältigungsstrategien, und wie stark ihre individuelle Lösungs-, Ziel- und Chancenorientierung ausgebildet sind.

Auch die Familienunternehmen bekommen die Krise zu spüren

Die große Stärke des deutschen Mittelstands liegt also in seinem in vielerlei Hinsicht nachhaltigen Führungsstil. Das kann selbstverständlich nicht über die Herausforderungen hinwegtäuschen, mit denen auch deutsche Familienunternehmen zu kämpfen haben. Vor allem der allgemeine Fachkräftemangel gepaart mit der akuten – oft noch ungeklärten – Frage der Unternehmensnachfolge macht vielen Firmen zurzeit zu schaffen. Auch die gestiegenen Energiepreise und die schlechte gesamtwirtschaftliche Lage bereiten den Betrieben Sorgen.

Dennoch: Dass sich die Form der Unternehmensführung in deutschen Familienbetrieben unter dem Strich auszahlt, zeigt nicht zuletzt auch die Performance gelisteter Firmen an der Börse: Während der Corona-Pandemie haben Familienunternehmen dort deutlich besser abgeschnitten als manch großer Konzern. So lag die Eigenkapitalrendite von Familienunternehmen in 2020 im Schnitt bei sieben Prozent, die Gesamtkapitalrendite bei vier Prozent. Bei Firmen ohne Familienaktionär hingegen betrug die Eigenkapitalrendite im Schnitt nur minus elf Prozent und die Gesamtkapitalrendite minus acht Prozent. In dieser Hinsicht könnten sich die Großen also durchaus eine Scheibe von ihren kleineren Wettbewerbern abschneiden.

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

 

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