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Disclosure Letters: Nichts zu beanstanden im IPO-Prospekt

von Lieselotte Hasselhoff
Anwälte verfassen zum IPO Disclosure Letters

Für einen Börsengang sind eine Reihe von rechtlich relevanten Dokumenten nötig. Die Disclosure Letters bescheinigen, dass weder die Anwälte des Emittenten noch die Anwälte der Emissionsbanken am Wertpapierprospekt etwas zu beanstanden haben. Worauf zu achten ist.

Neben den von den Banken im Zusammenhang mit einer Wertpapierplatzierung verlangten Opinion Letters wird auch ein sogenannter Disclosure Letter erwartet. Wie bei den Opinion Letters geben bei einer typischen Transaktion die Anwälte sowohl des Emittenten als auch der Banken Disclosure Letters ab.

Wie der Opinion Letter der Anwälte und der Comfort Letter der Wirtschaftsprüfer ist der Disclosure Letter ein Eckpfeiler der Due-Diligence-Verteidigung der Banken. Alle drei sollen dokumentieren, dass die Banken die im Prospekt offengelegten rechtlichen, finanziellen und tatsächlichen Informationen von kompetenten Fachleuten überprüfen lassen. Sollten Investoren mit den gekauften Wertpapieren Verluste machen, können die Banken zu ihrer Verteidigung anführen, dass sie keinerlei Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Hinblick auf etwaig irreführende oder fehlende Informationen im Prospekt trifft. Zudem stehen, je nach den Umständen, gegebenenfalls Regressansprüche der Banken gegen die Anwälte und Wirtschaftsprüfer im Raum.

In seinem Aufbau ähnelt der Disclosure Letter grob dem Opinion Letter. Dennoch stellt ein Disclosure Letter keine Legal Opinion, also keine Stellungnahme zu rechtlichen Fragen dar. Vielmehr ist der Disclosure Letter eine Aussage über Tatsachen.

Disclosure Letters aus Deutschland international akzeptiert, US-Standard verbreitet

In der deutsche Marktpraxis hat sich ein Disclosure Letter-Standard entwickelt, der inzwischen auch von nichtdeutschen Banken und in grenzüberschreitenden Transaktionen akzeptiert wird. Werden im Rahmen der Transaktion Wertpapiere in den Vereinigten Staaten angeboten, geben US-Anwälte zusätzlich einen Disclosure Letter nach US-amerikanischem Standard (oft irrtümlicherweise mit Bezug auf eine amerikanische Haftungsregel „10b-5 Opinion“ genannt) ab.

Mit kleineren Variationen zeigen alle Disclosure Letters eine ähnliche Struktur. Die Rolle der Anwaltskanzlei, die den Disclosure Letter abgibt — Emittentenberater oder Bankenberater – wird festgestellt. Die Leistungen, die die Anwälte im Zusammenhang mit dem Prospekt erbracht haben, werden aufgeführt.

Kernstück der Disclosure Letters: Negative Assurance

Es folgt dann das Kernstück des Disclosure Letter: die sog. Negative Assurance. Im Gegensatz zum Opinion Letter enthält der Disclosure Letter keine positive Zusicherung, dass die Angelegenheiten, auf die er sich bezieht, richtig sind. Vielmehr beinhaltet er eine Erklärung, dass im Laufe ihrer Arbeit den Anwälten nichts aufgefallen ist, das zum Schluss geführt hätte, der Prospekt beinhalte eine falsche Aussage zu einer wesentlichen Tatsache oder verschweige eine wesentliche Tatsache. Ausgenommen von dieser Aussage sind die im Prospekt enthaltenen finanziellen Informationen, etwaig im Prospekt wiedergegebenen Expertengutachten (z.B. Immobilienbewertungen) und Markstudien.

Der Disclosure Letter endet in einer Erklärung, dass er ausschließlich an die Banken gerichtet ist. Viele Kanzleien gestatten es den Banken, den Disclosure Letter (mit wenigen Ausnahmen) nur mit vorheriger Zustimmung der Kanzlei anderen Parteien vorzuweisen. Dennoch verbinden auch Kanzleien, die die Weitergabe des Disclosure Letter grundsätzlich gestatten, diese mit der Einschränkung, dass andere Parteien sich nicht auf ihn berufen dürfen.

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Über die Autoren:

Prof. Dr. Michael Schlitt, Hogan Lovells

© Hogan Lovells

Prof. Dr. Michael Schlitt ist Partner im Frankfurter Büro von Hogan Lovells und leitet als Experte für Kapitalrecht das deutsche Securities and Public Company Team. Er verfügt über umfassende Erfahrung bei internationalen Kapitalmarkttransaktionen, insbesondere zu Börsengängen, Kapitalerhöhungen, und Platzierungen von allen Arten von Anleihen.  Schlitt berät Investmentbanken und international tätige Konzerne auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts sowie des Aktien-, Übernahme- und Umwandlungsrechts. Er gilt als einer der führenden Anwälte im Bereich Kapitalmarktrecht, ist zudem Honorarprofessor der Universität zu Köln und Autor zahlreicher Aufsätze und Buchbeiträge sowie von Kommentaren und Handbüchern zum Kapitalmarkt-, Aktien- und Übernahmerecht.

 

Dr. Susanne Ries, Hogan Lovells

© Hogan Lovells

Dr. Susanne Ries ist Of Counsel im Frankfurter Büro von Hogan Lovells. Sie kennt beide Seiten – die des Anwalts und des Mandanten. Zuerst beriet sie Emittenten und Investmentbanken im Kapitalmarktrecht, davon mehrere Jahre als Partnerin in unserem Frankfurter Büro, bevor sie als General Counsel eines Emittenten die Mandantenseite kennenlernte. Als Kapitalmarktrechtsanwältin hat Susanne Ries schon unzählige Transaktionen begleitet: Börsengänge, alle Arten von Finanzierungen bereits börsennotierter Unternehmen am Kapitalmarkt, sei es durch die Ausgabe neuer Aktie oder Fremdkapital. Neben ihrer beratenden Tätigkeit hat sie eine Vielzahl von Publikationen zum Kapitalmarktrecht (mit-) verfasst und nimmt sich Zeit für Mandantenschulungen.

 

Mark Devlin, Hogan Lovells

© Hogan Lovells

Mark Devlin ist Counsel für Kapitalmarktrecht im Frankfurter Büro von Hogan Lovells und erfügt über umfassende Erfahrung in der Beratung von deutschen und europäischen Unternehmen und staatlichen Emittenten bei grenzüberschreitenden Transaktionen, Börsengängen, Anleiheemissionen, Kapitalerhöhungen und High Yield Bonds. Vor Hogan Lovells war er für weitere internationale Kanzleien in Frankfurt und New York tätig. Er studierte Jura in Würzburg sowie Boston und schloss seine Ausbildung 1996 ab. Seit 1997 ist er als Attorney and Counsellor at Law im US-Bundestaat New York zugelassen. Herr Devlin spricht fließend Englisch und Deutsch und verfügt über Grundkenntnisse in Französisch, Italienisch und Türkisch..

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