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Ist Ihr Unternehmen bereit für die Übergabe?

von Lieselotte Hasselhoff
Unternehmen verkaufen? Mittelständler suchen den Exit, doch Unternehmensnachfolger sind schwer zu finden

Das eigene Unternehmen verkaufen oder übergeben: Die Nachfolge in Familienunternehmen – eine Aufgabe mit emotionaler und finanzieller Tragweite. Warum Exit Readiness für Familienunternehmen über Erfolg oder Misserfolg der Nachfolge entscheidet.

Ein Gastbeitrag von Marcel Brix, BLOK Management

In Deutschland sind rund 90 Prozent aller Unternehmen familiengeführt. Sie bilden das Rückgrat der Wirtschaft – lokal verwurzelt, langfristig orientiert, oft über Generationen hinweg aufgebaut. Doch genau diese Struktur bringt eine besondere Herausforderung mit sich: die Unternehmensnachfolge. In den kommenden fünf Jahren steht bei mehr als 190.000 Unternehmen ein Generationswechsel an. Die zentrale Frage dabei lautet: Ist mein Unternehmen überhaupt bereit für einen Verkauf oder eine Übergabe?

Erstaunlich viele Unternehmer unterschätzen diese Fragestellung. Statt Exit Readiness gezielt vorzubereiten, wird oft zu spät reagiert oder gar nicht. Dabei gilt: Wer frühzeitig strategisch plant, steigert nicht nur den Wert des Unternehmens, sondern sorgt auch dafür, dass es erfolgreich in die nächste Generation oder an neue Eigentümer übergeht.

1. Exit Readiness – Was bedeutet das überhaupt?

Exit Readiness beschreibt die strukturelle, finanzielle und emotionale Vorbereitung eines Unternehmens auf einen Eigentümerwechsel – sei es durch Verkauf, Übergabe an die nächste Generation oder durch einen Management-Buy-Out. Ziel ist es, das Unternehmen so aufzustellen, dass es für externe Investoren oder interne Nachfolger attraktiv, nachvollziehbar und risikoarm erscheint.

Kernbereiche, die in der Exit Readiness geprüft werden:

  • Unternehmensstruktur: Ist das Geschäftsmodell zukunftsfähig? Gibt es klare Verantwortlichkeiten und transparente Prozesse?
  • Finanzkennzahlen & Reporting: Sind die Zahlen belastbar, aktuell und nachvollziehbar? Gibt es ein regelmäßiges, professionelles Controlling?
  • Rechtliche Struktur: Gibt es Altlasten, ungeklärte Gesellschafterverhältnisse oder rechtliche Risiken?
  • Managementteam: Ist das Unternehmen vom Gründer abhängig oder besteht ein autarkes Führungsteam?
  • Strategische Ausrichtung: Gibt es eine klare Wachstumsstrategie, Innovationskraft und einen Wettbewerbsvorteil?

Ohne klare Antworten auf diese Fragen wird der Verkaufsprozess holprig – oder scheitert.

2. Typische Stolpersteine in der Nachfolgeplanung

Familienunternehmen stehen bei der Nachfolge vor besonderen Fallstricken, die über die rein wirtschaftlichen Aspekte hinausgehen:

Emotionalität & Intransparenz
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben ihr Lebenswerk aufgebaut – mit Leidenschaft, Herzblut und persönlichen Entbehrungen. Der Gedanke an einen Verkauf oder die Übergabe fällt schwer. Entscheidungen werden emotional getroffen, nicht strategisch. Gleichzeitig ist der Zugang zu Zahlen, Verträgen und Entscheidungsprozessen oft nicht standardisiert. Das schreckt potenzielle Käufer ab.

Fehlende Trennung von Familien- und Unternehmensinteressen
In Familienunternehmen sind häufig mehrere Generationen beteiligt. Es fehlt ein klares Governance-Modell. Konflikte unter Geschwistern oder zwischen aktiven und passiven Gesellschaftern sind programmiert, wenn Rollen und Erwartungen nicht frühzeitig geklärt werden.

Keine Nachfolgeregelung oder unrealistische Vorstellungen
Viele Unternehmer haben „eigentlich noch Zeit“. Gleichzeitig werden überzogene Kaufpreisvorstellungen gepflegt, ohne dass diese durch Ertragskraft oder Marktvergleiche untermauert sind. Auch mögliche Nachfolger – sei es aus der Familie oder extern – werden nicht systematisch aufgebaut.

Steuerliche und rechtliche Fallstricke
Fehlende Holdingstrukturen, unklare Pensionszusagen, Altverträge oder nicht dokumentierte Vereinbarungen mit Familienmitgliedern können erhebliche steuerliche und rechtliche Risiken verursachen. Diese können in Due-Diligence-Prüfungen zum Dealbreaker werden.

3. Unternehmen verkaufen: Worauf es vor und während einer Transaktion ankommt

Wer sein Unternehmen verkaufen oder übergeben möchte, sollte sich frühzeitig mit den zentralen Erfolgsfaktoren beschäftigen. Aus der Praxis lassen sich folgende Handlungsfelder ableiten:

a) Frühzeitige Planung (mindestens zwei bis drei Jahre vor der Transaktion)
Ein guter Verkaufsprozess beginnt nicht mit dem ersten Käufergespräch, sondern mit der internen Vorbereitung. Das umfasst:

  • Aufbau einer belastbaren Finanzberichterstattung
  • Professionalisierung der Unternehmensführung
  • Reduktion der Abhängigkeit vom Inhaber
  • Einführung von standardisierten Prozessen und KPIs

b) Externe Beratung einbinden
Der Verkauf eines Unternehmens ist kein Alltagsgeschäft. Wer hier ohne erfahrene M&A-Berater, Steuerexperten und Rechtsanwälte agiert, geht erhebliche Risiken ein. Professionelle Begleitung sorgt nicht nur für strukturelle Sicherheit, sondern erhöht auch die Chancen auf einen optimalen Kaufpreis.

c) Klare Kommunikation und transparente Unterlagen
Käufer – ob strategisch oder finanziell – erwarten ein professionelles Informationspaket: ein belastbares Exposé (Information Memorandum), aussagekräftige Finanzplanung, einen sauberen Datenraum und vollständige Vertragsdokumentation. Wer hier gut vorbereitet ist, signalisiert Professionalität – und vermeidet unnötige Nachverhandlungen.

d) Realistische Wertvorstellungen entwickeln
Der Unternehmenswert ist keine emotionale Größe. Er basiert auf dem nachhaltig erzielbaren Ertrag, der Wettbewerbsposition, dem Wachstumspotenzial und der Risikostruktur. Ein erfahrener M&A-Berater hilft dabei, eine realistische Bewertung zu erstellen und die richtigen Käufergruppen anzusprechen.

e) Zeit und Geduld mitbringen
Ein erfolgreicher Unternehmensverkauf dauert im Schnitt zwischen 9 und 18 Monaten – manchmal auch länger. Unerwartete Verzögerungen durch Due Diligence, rechtliche Themen oder Verhandlungsrunden sind nicht ungewöhnlich. Wer hier mit der nötigen Geduld agiert und gleichzeitig eine klare Prozessstruktur einhält, erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit erheblich.

Fazit: Der erfolgreiche Exit beginnt lange vor dem eigentlichen Verkauf

Die Unternehmensnachfolge ist kein einmaliger Akt, sondern ein strukturierter Prozess. Die zentrale Erkenntnis: Nur wer frühzeitig mit der Vorbereitung beginnt, kann Stolpersteine vermeiden, den Unternehmenswert optimieren und sein Lebenswerk erfolgreich übergeben.

Über den Autor:

Marcel Brix, BLOK ManagementMarcel Brix ist Geschäftsführender Gesellschafter  von BLOK Management, einer Unternehmensberatung mit Schwerpunkt auf Übergabe- und Verkaufsprozesse von Unternehmen. Der studierte Betriebswirt und Certified Mergers & Acquisitions Professional übernahm nach mehreren Stationen bei Finanzdienstleistern mit Fokus auf M&A-Prozesse im September 2022 die Geschäftsführung bei der Mittelstandsberatung BLOK Management. Sein besonderes Augenmerk liegt auf Unternehmensnachfolge und M&A, Exit Readiness, Investorenansprache und Transaktionsmanagement.

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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